So ist das mit einer wachsenden Stadt: Sie richtet sich nicht nach dem Tempo, den Planungskapazitäten und dem verfügbaren Budget der Verwaltung. Sie wächst einfach drauflos und zwingt zum Bauen. In einer Weise, die Leipzigs Verwaltung außer Atem bringt. Seit zehn Jahren beschäftigt das Thema der fehlenden Kindertagesstätten die Stadt. Vor fünf Jahren kamen die Schulen dazu, vor einem Jahr der Wohnungsbau. „Wir kümmern uns um die Kitas“, meldet jetzt die SPD-Fraktion.

Denn 2015 war das Kita-Thema ja beinah endlich geschafft. Die Stadt war knapp davor, den Bedarf einzuholen, durfte man hören. Ganz, ganz knapp. Bis die neuen Zahlen aus dem Einwohnermelderegister auch den Sozialbürgermeister eines Besseren belehrten: Die Zahl der Kinder wächst noch schneller als die Stadt selbst. Denn nun ziehen auch ganze Familien mit Sack und Pack und Kind und Kegel in die großen Städte.

Gefühlt war Leipzig beim Kita-Thema also binnen weniger Wochen wieder auf den Stand von 2010 gerutscht. Ein Jahr später flog ihr der Schulentwicklungsplan um die Ohren – die neue Bevölkerungsprognose verhieß schlicht und einfach, dass man bei aller Baufreude trotzdem 20 bis 30 Schulen zu wenig geplant hatte.

Und der Stadtrat diskutierte endlich darüber, warum das Planungsdezernat für so einen anschwellenden Berg von Planungsaufgaben eigentlich personell nicht ausgerüstet war.

Wer mehr bauen muss, braucht mehr Planer. Das Thema qualmt bis heute.

Und so überrascht es nicht, dass es zum Doppelhaushalt 2017/2018 Berge von Anträgen gab zu allen Wachstumsthemen.

Die SPD-Fraktion hatte sich das Thema Kindertagesstätten besonders auf die Fahne geschrieben.

Und zur Ratsversammlung am 21. Juni hatte sie dann mal nachgefragt, welche Maßnahmen die Stadt Leipzig ergriffen hat, um möglichst schnell viele zusätzliche Betreuungsplätze zu schaffen. Auch, ob geprüft wurde, Kita-Bauvorhaben im Paket auszuschreiben, und dabei vermehrt auf Systembau zu setzen.

„Die Antwort, die wir von der Stadtverwaltung bekamen, zeigt, dass sich unser Einsatz gelohnt hat, denn schon seit Längerem fordern wir, dass die Stadt mehrere Grundstücke für die Bebauung mit Kindertagesstätten zur Verfügung stellen soll“, erklärt SPD-Fraktionschef Christopher Zenker, der für seine Fraktion auch im Sozialausschuss aktiv ist. „Wir haben schon mehrmals betont, dass wir es für einen großen Wurf in Sachen Kinderbetreuung halten würden, wenn die Stadt zehn Grundstücke für zehn Kindertagesstätten am Stück oder sogar im Paket ausschreiben würde. Dass nun zwölf zusätzliche Kindertagesstätten auf kommunalen Grundstücken angepeilt werden, ist ein sehr gutes Signal.“

Nur das mit der Systembauweise (für die sich auch andere Fraktionen erwärmen konnten) wird es in dieser Form nicht geben.

Aber was bei Kindertagesstätten noch nicht möglich ist, sollte bei Schulen und (sozialem) Wohnungsbau zwingend die Norm werden, sonst schafft es Leipzig nie und nimmer, die wachsenden Bedarfe abzudecken und vor allem schneller und preiswerter zu bauen.

So übergreifend sieht man es auch in der SPD-Fraktion.

„Wir hatten, wie auch bei unserem Antrag zur Beschleunigung von Schulbauten, Kitas in Systembauweise angeregt“, sagt Zenker. „Die Verwaltung steht diesem Vorschlag offen gegenüber, ohne Systembauweise bei den Ausschreibungen explizit zu fordern. In welcher Bauweise die Kitas errichtet werden, ist letztendlich auch zweitrangig. Hauptsache ist, es geht schnell und die zwölf Kitas sind vor Ende 2018 bezugsfertig.“

Aber Neubau allein wird nicht genügen. Die Verwaltung sei auch dabei, einen Antrag der SPD-Fraktion zum Doppelhaushalt 2017/18 umzusetzen, was die Erweiterung und Reaktivierung bereits bestehender Kindertagesstätten betrifft, betont Zenker.

„Wir waren die einzige Fraktion, die sich im Zuge der Aufstellung des aktuellen Haushalts dafür eingesetzt hat, dass die Investitions- bzw. Planungsmittel für kommunale Kitas erhöht werden. Da wir uns mit unserer Forderung zumindest teilweise durchsetzen konnten, stehen der Verwaltung in diesem und im nächsten Jahr zusätzlich 500.000 Euro für die Erweiterung, Reaktivierung von Räumen oder ganzen Gebäudesträngen bei kommunalen Kindertagesstätten zur Verfügung“, freut sich der SPD-Stadtrat über diesen – wenn auch überschaubaren – Spielraum für zusätzliche Kapazitäten. „Mit der Erweiterung der Kitas in der Tarostraße und der Kändlerstraße wurden dabei auch explizit unsere Vorschläge aufgegriffen.“

Natürlich hat das seine Grenzen, betont Zenker: „Durch die Erweiterungen und Reaktivierungen entstehen zwar verhältnismäßig wenige zusätzliche Betreuungsplätze, aber auch jeder dieser 195 Plätze mehr ist ein Gewinn. Wenn es neben diesen und anderen Maßnahmen gelingt, die vorgesehenen zwölf kommunalen Grundstücke mit größeren Kitas zu bebauen, sind wir der Bedarfsdeckung ein ganzes Stück näher gekommen und ersparen Eltern jede Menge Stress.“

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