Der Wähler stellt sich das immer so schön vor: Da bleibt nur noch die SPD als einzig möglicher Koalitionspartner für eine behäbig gewordene Union. Da könnte die doch einfach sagen, was sie umgesetzt haben will. Und dann passiert's auch. Irgendwie so haben es wohl viele Wähler erwartet. Und sind nun enttäuscht. Da werden selbst Dinge, die wirklich wichtig sind, für zu leicht befunden. 2 Milliarden Euro zum Beispiel für sozialen Wohnungsbau. Die brauchen Städte wie Leipzig dringend, sagt Henrik Fischer.

Er ist Sprecher des Arbeitskreises Stadtentwicklung und Umwelt der SPD Leipzig und findet es wichtig, wenigstens mal anzusprechen, dass sich SPD, CDU und CSU am Sonntagabend in den Koalitionsverhandlungen auf gemeinsame Positionen im Bereich der Wohnungspolitik geeinigt haben.

“Die SPD konnte durchsetzen, dass bezahlbares Wohnen ein zentrales Thema einer möglichen neuen Großen Koalition ist. Viele Leipzigerinnen und Leipziger fragen sich, wie lange sie sich steigende Mieten noch leisten können. Wir wollen verhindern, dass Wohnen zum Luxus wird”, sagt Henrik Fischer. ” Die Ergebnisse zeigen aber, dass die Union bei vielen wichtigen Maßnahmen auf der Bremse steht und dem Glauben an den Wohnungsmarkt und dem Traum vom Eigenheim nachhängt. In der Wohnungspolitik steht Leipzig vor zwei wesentlichen Herausforderungen: wir brauchen bis 2030 mindestens 45.000 neue, bezahlbare Wohnungen und wir müssen Mieterhöhungen in den Wohnungen verhindern, die es schon gibt. Dafür braucht Leipzig mehr sozialdemokratische Wohnungspolitik.”

Steigende Mieten im Bestand sollen durch eine Schärfung der Mietpreisbremse weiter eingedämmt werden.

„Dass die Union sich bei der Mietpreisbremse bewegt hat, freut mich. Jetzt muss die sächsische CDU nachziehen. Die Mietpreisbremse ist ein gutes Instrument, greift in Sachsen aber gar nicht, weil das CDU-geführte Innenministerium sich weigert, die Realität der angespannten Wohnungsmärkte in Leipzig auch rechtlich anzuerkennen”, erklärt Fischer und fordert: „Wir brauchen die Mietpreisbremse in Leipzig so schnell wie möglich.”

Fischer begrüßt zudem den Plan, dass Mieten bei Sanierungen nicht mehr so stark erhöht werden können, wie bisher.

„Die Leipziger Gründerzeit wurde überwiegend in den 90er Jahren saniert, viele Wohnungen müssen nun wieder erneuert werden. Mit der zweiten Sanierungswelle darf keine Welle der Mietsteigerungen kommen. Dabei helfen uns die Vereinbarungen nur teilweise, weil sie das Problem der Spekulation mit Wohnungen nicht wie von der SPD gefordert angehen, sondern es auf eine Kommission verschieben”, sagt er. Und geht dann auf den wachsenden Leipziger Bedarf an preiswertem Wohnraum ein.

Beim Bau von 45.000 neuen, bezahlbaren Wohnungen, die Leipzig bis 2030 braucht, sollen bundesweit 2 Milliarden Euro für sozialen Wohnungsbau helfen. Neubau ist derzeit sehr teuer und unter 9 Euro / m² Kaltmiete kaum zu realisieren. Mit den Mitteln für sozialen Wohnungsbau können diese Mieten reduziert werden, bleiben aber über den aktuellen Durchschnittsmieten von rund 5,30 Euro je Quadratmeter in Leipzig.

„Sozialer Wohnungsbau hilft in Leipzig vor allem der ordentlich verdienenden Mittelschicht, wer hingegen ein geringes Einkommen hat, wird sich häufig auch keine Sozialwohnungen leisten können. Das zeigt, dass die Einkommen in Leipzig unbedingt und deutlich steigen müssen”, sagt Fischer. “Sozialer Wohnungsbau kann in vielen einkommensstärkeren Städten helfen, bei uns ist es nur ein Schritt in die richtige Richtung. Langfristig wäre es sinnvoller, das Geld ausschließlich in die Arbeit von kommunalen Wohnungsunternehmen wie der LWB oder der vielen Genossenschaften in Leipzig zu investieren, statt auch das Gewinnstreben privater Investoren zu subventionieren. In diesem Aspekt fallen die Ergebnisse der Verhandlungen hinter das Wahlprogramm der SPD zurück.”

2 Milliarden Euro hören sich zwar viel an – anteilig wären es für Sachsen aber nur 100 Millionen Euro zusätzlich im Jahr. Derzeit reicht Sachsen von den Bundesgeldern nur 40 Millionen Euro jährlich für Sozialen Wohnungsbau aus – und das auch nur für die beiden Großstädte Dresden und Leipzig. In Leipzig können von dem Geld zwischen 500 bis 700 geförderte Wohnungen gebaut werden, die dann trotzdem noch über 6 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter kosten.

Was dann auch Henrik Fischer erst einmal ernüchtert feststellen lässt: “Die Ergebnisse zeigen, was mit der Union möglich ist und was nicht. Für Leipzig gilt: die Ergebnisse sind besser als nichts, aber reichen zur Bewältigung der Herausforderungen für Leipzig allein noch nicht aus. Unsere Stadt braucht deshalb mehr sozialdemokratische Wohnungspolitik – auf allen Ebenen.”

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