Lange hat auch Leipzigs Verwaltung das Problem nicht wahrgenommen, das mit den scheinbar so „allgemein nützlichen“ Vermietungsplattformen Airbnb, Windu oder 9flats auf beliebte Reiseziele wie Leipzig zukommt. Denn diese Plattformen verführen ja geradezu dazu, eigentlich als Wohnraum geschaffene Räume deutlich gewinnträchtiger als Feriendomizile anzupreisen. Ein SPD-Antrag bekam jetzt positives Echo aus der Verwaltung.

Denn auf kommerziellen Übernachtungsplattformen wie Airbnb, Windu oder 9flats werden längst auch viele Wohnungen in Leipzig für Touristen als Feriendomizil angeboten. Darunter sind häufiger auch Wohnungen, die eigens dafür angemietet wurden, um sie als Ferienwohnungen an Touristen unterzuvermieten. Dadurch wird dem mittlerweile höchst angespannten Mietmarkt dauerhaft Wohnraum entzogen.

Und das ist bei einer Leerstandsquote von unter 2 Prozent nicht hinnehmbar, formuliert die SPD-Fraktion ihr Unbehagen an dieser geradezu schizophrenen Entwicklung. Die SPD-Fraktion hat deshalb im Februar dieses Jahres einen Antrag eingebracht, in dem die Stadtverwaltung aufgefordert wird, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um dies zu verhindern.

„Die Stadt kann ein Zweckentfremdungsverbot leider nicht alleine einführen, sie ist auf Schützenhilfe von der Staatsregierung angewiesen. Schließlich fehlt bislang die rechtliche Grundlage für Kommunen, Zweckentfremdungsverbote zu erlassen“, erklärt SPD-Fraktionschef Christopher Zenker. „Wir haben deshalb auch den Oberbürgermeister in unserem Antrag aufgefordert, sich beim Land dafür einzusetzen, dass eine entsprechende Verordnung erlassen wird, um den Kommunen die Möglichkeit zu geben, gegen solche Arten der Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen.“

Das kann dauern. Die sächsische Landesregierung tut sich nach wie vor schwer, wichtige Gesetzte und Richtlinien zu modernisieren. Man redet zwar gern über den tollen Breitbandausbau – ignoriert aber die fatalen Folgen dessen, was Internetplattformen anrichten können, wenn sie auf ungeklärte Verhältnisse vor Ort stoßen. Andere Bundesländer haben das Thema schon vor Jahren angepackt. In Sachsen sah man zumindest 2017 noch keinen Bedarf. Da kochte das Thema in Leipzig gerade hoch und der Grüne-Landtagsabgeordnete Wolfram Günther nutzte die Gelegenheit für eine Landtagsanfrage.

Die Antwort des damaligen Innenministers Markus Ulbig (CDU) bestätigte das Problem. Doch damals wurde es noch nicht auf der Ebene des Wohnungsmangels diskutiert.

„Zweckentfremdungen von Wohnungen werden im Freistaat Sachsen nicht statistisch erfasst. Aufgrund der hohen Leerstandsquote im Freistaat Sachsen war die Zweckentfremdung von Wohnraum bisher kein Problem“, stellte Markus Ulbig fest. „Nach Kenntnis der Staatsregierung ist die Zweckentfremdung aktuell nur in den zwei größten Städten Sachsens, Dresden und Leipzig, ein Thema, welches von den Tourismusverbänden und Hotellerie- und Beherbergungsverbänden derzeit aus Sorge vor der privaten Konkurrenz diskutiert wird.“

Es gab sogar eine Stadt, wo man sich über die Zweckentfremdung freuen konnte. Ulbig: „In der touristisch relevanten Stadt Görlitz, wo es Leerstände von Wohnraum gibt, wird die Zweckentfremdung als Chance für den Erhalt des Wohnraumes gesehen.“

Aber längst hat sich die Wohnungsmarktlage in Leipzig so verschärft, dass die Verwaltung die Brisanz des Problems ernst nimmt. Sie hat sich jetzt auch zum Antrag der SPD-Fraktion positioniert und stimmt diesem zu und präzisiert einzelne Punkte sogar noch.

„Uns freut es natürlich, dass unsere Initiative hier auf fruchtbaren Boden gefallen ist, denn das Thema ist wichtig in einer wachsenden Stadt, wo auch für den Durchschnittsverdiener bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird“, erklärt Christopher Zenker. „Ein wichtiges Signal aus dem Verwaltungsstandpunkt ist, dass für dieses Jahr noch 30.000 Euro bereitgestellt werden sollen, um die notwendige Datengrundlage zu erarbeiten, die die Stadt vorlegen muss, um begründen zu können, weshalb ein Zweckentfremdungsverbot in Leipzig sinnvoll und notwendig ist.“

Auch das wohnungspolitische Konzept muss in Teilbereichen präzisiert werden, gerade da, wo es um Maßnahmen bei einem angespannten Wohnungsmarkt geht. Die Verwaltung hatte bereits Zweckentfremdungsverbote als mögliche Instrumente benannt und muss das nun schnellstmöglich inhaltlich untersetzen, so Zenker.

„Die Fortschreibung der Instrumente und Maßnahmen des wohnungspolitischen Konzepts sollen dem Stadtrat noch im 2. Quartal 2018 vorgelegt werden. Ich bin gespannt, ob das klappt, denn das 2. Quartal endet am 30. Juni und auch vom Mai ist nicht mehr allzu viel übrig“, geht Zenker auf das nächste Beschlusspaket ein, mit dem die Verwaltung sichtlich in Verzögerung geraten ist.

„Wichtig ist es jedoch, dass wir zügig vorankommen, denn es geht um mehr als nur Zweckentfremdungsverbote. Ein weiterer wichtiger Baustein gegen zu starke Mietpreissteigerungen sind zum Beispiel Milieuschutzsatzungen und auch diese werden wir aktiv einfordern.“

Die Stellungnahme der Stadt zum SPD-Antrag.

Airbnb und Co. sind längst auch ein Problem für den Leipziger Mietwohnungsmarkt

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