Es ist ein Riesenpaket, das Leipzig da stemmen muss. Und es ist der Hautgrund, warum Leipzig in den nächsten zwei Jahren so viele Kredite aufnehmen will, dass die Landesdirektion regelrecht erschrocken war. Leipzig habe doch gar nicht genug Eigenmittel erwirtschaftet? Aber Schulenbauen ist nun einmal Pflichtaufgabe, wenn in einer Stadt wie Leipzig die Schülerzahlen so deutlich steigen. Am Freitag, 17. Mai, informierte das Amt für Jugend, Familie und Bildung über den neuen Schulentwicklungsplan.

Basierend auf der im vergangenen Jahr angepassten Bevölkerungsvorausschätzung von 2016 wird der Schulentwicklungsplan Leipzig im Jahr 2019 fortgeschrieben und soll nach Beratung in den Gremien des Stadtrates, den Stadtbezirksbeiräten und Ortschaftsräten voraussichtlich im Juni vom Stadtrat beschlossen werden, teilte das Amt mit. Man wollte wohl nicht warten, bis im Herbst eine neue Bevölkerungsprognose vorgelegt wird.

Die neue Prognose wird niedriger ausfallen als die alte. Aber gerade beim Schulbedarf wird sie nicht allzu sehr von den jetzigen Erwartungen abweichen.

Und so zeigt auch der Schulnetzplan die gegenwärtig angespannte Situation im Leipziger Schulnetz deutlich auf.

Zwar ist die Geburtenzahl 2018 gegenüber den Vorjahren etwas zurückgegangen (ca. 3 Prozent zu 2017), dennoch steigen in den nächsten Jahren die Schülerzahlen weiterhin an. Die aktuell prognostizierte Entwicklung der Schülerzahlen hat sich im Vergleich zum Schulnetzplan 2017 nicht verändert. Damals wie auch heute gehen die Leipziger Planer davon aus, dass bis zum Schuljahr 2030/31 die Anzahl der Lernenden in den Grundschulen, Oberschulen und Gymnasien sukzessive um etwa 21.000 ansteigt.

Die Zahl der erwarteten Kinder unter 6 Jahren. Grafik: Stadt Leipzig
Die Zahl der erwarteten Kinder unter 6 Jahren. Grafik: Stadt Leipzig

Maßgeblich für die zu bewältigenden Herausforderungen seit dem Schulnetzplan 2017 sind in erster Linie die Neuregelungen im Sächsischen Schulgesetz. Darin enthalten sind die Neufassung der Schulnetzplanungsverordnung, eine neue Klassenbildungsverordnung sowie veränderte Zugangsbedingungen zum Gymnasium. Der Schulentwicklungsplan 2019 wurde formal und in seiner Methodik auf diese gesetzlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen hin angepasst, betont das zuständige Amt.

Die neue Verordnung zur Klassenbildung für die Eingangsklasse berücksichtigt Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Grundschulen, Oberschulen und Gymnasien. Eingangsklassen werden kleiner, es besteht jährlich ein höherer Bedarf von 6 bis 8 Eingangsklassen (5. Klassen) allein an Oberschulen.

Durch die neue Wahlfreiheit der weiterführenden Schule, auch ohne entsprechende Bildungsempfehlung, hat sich die Übergangsquote auf das Gymnasium von 49,4 Prozent im Schuljahr 2016/17 auf über 55 Prozent im Schuljahr 2018/19 erhöht. Dadurch werden jährlich zusätzlich 10 Eingangsklassen im gymnasialen Bereich benötigt.

Die Anzahl der DAZ-Klassen hat sich im Vergleich zur SEP 2017 nicht verändert. Entsprechend der konkreten Bedarfsentwicklung werden auch zukünftig weitere DAZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) gebildet. Ein zunächst prognostizierter, sinkender Bedarf und damit eine Reduktion der DAZ-Klassen ist in Leipzig gegenwärtig nicht zu erwarten.

„Der Bau neuer Schulen, der Ausbau des Schulnetzes ist und bleibt in den kommenden Jahren eine große Aufgabe“, betont Bürgermeister Thomas Fabian. „Weiterhin wachsende Schülerzahlen, verkleinerte Eingangsklassen bei Förderbedarfen und veränderte Aufnahmezahlen bei den Gymnasien sind Grundlage für unsere Planungen.“

Was fehlt zum Beispiel an Oberschulen? In der Vorlage heißt es dazu: „Die Prognose der Schülerzahlen zeigt deutlich eine kontinuierliche Zunahme der Eingangsklassen auf. Von 79 Eingangsklassen im Schuljahr 2018/19 ist eine Steigerung auf 112 Eingangsklassen bis zum Ende des Planungszeitraumes erkennbar. Die für die Bedarfssicherung notwendigen Oberschulkapazitäten können nur mit Schulneubauten, Modulbauten, Schulerweiterungen und Reaktivierung der noch vorhandenen Schulgebäude bereitgestellt werden.“

Rein rechnerisch wären das sieben neue Oberschulen.

Bei den Gymnasien geht die Prognose so: „Im Vergleich der zum heutigen Tag zur Verfügung stehenden Kapazitäten in Zügen mit dem Bedarf zum Ende des Prognosezeitraums 2030/31 besteht ein Mehrbedarf von 57 Zügen. Das entspricht in etwa dem Bedarf an 12 weiteren fünfzügigen Gymnasien. Für einen Teil dieser neu zu schaffenden Schulstandorte liegen bereits Standortentscheidungen vor (Karl-Heine-Straße, Ihmelsstraße, Dösner Weg).“

Dazu noch dutzende Grundschulen im ganzen Stadtgebiet, wozu auch extra vier neue Grundschulbezirke eingerichtet werden sollen. Und da die Kinder der nächsten sechs Jahrgänge ja schon geboren sind, muss gerade hier mit Hochdruck gebaut werden.

Leipzig kommt ohne die Kreditaufnahme für das Hochdruck-Programm im Schulbau gar nicht zurande. Selbst mit diesem Programm müssen an vielen Schulen sämtliche Kapazitäten ausgereizt werden, um die Schüler aufnehmen zu können.

Mit dem Sofortbauprogramm Schulen vom Juni 2018 (Finanzierungsvolumen rund 150 Millionen Euro in den Jahren 2019 bis 2022) wurde bereits auf kurzfristige Bedarfe reagiert, betont das zuständige Amt und verweist z. B. auf die Oberschule Barnet-Licht-Platz und die Gymnasien Schraderhaus und Mannheimer Straße. Zusätzlich werden Baumaßnahmen vorgezogen (Gymnasium Wiederitzsch, Oberschule Wiederitzsch). Dies sei in der Fortschreibung des Schulnetzplanes 2019 berücksichtigt, betont das Schulamt. Dennoch werde es auch in den nächsten Jahren erforderlich sein, an einzelnen Schulstandorten alle verfügbaren Kapazitätspotentiale zu nutzen, bis die einzelnen Schulbaumaßnahmen greifen.

Im Juni soll der Stadtrat über den neuen Schulentwicklungsplan beschließen.

Bis 2030 kommt Leipzig aus dem Kita- und Schulenbauen nicht mehr heraus

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