Sie wird so manchem fehlen: Ute Elisabeth Gabelmann, von 2014 bis 2019 Stadträtin der Piraten. Vor allem ihre Fragen werden fehlen. Noch zur letzten Sitzung des alten Stadtrats am 4. September schoss sie ein ganzes Bündel Fragen ab. Darunter auch eine nach den eingemauerten Vögeln in der Stadt.

„Immer wieder liest man in den Frühlings- und Sommermonaten, dass Brut- und Nisthöhlen sowohl von Vögeln als auch von Fledermäusen mutwillig durch Hausverwaltungen oder Hauseigentümer verschlossen werden. Dies stellt ganz klar eine Straftat dar“, stellte sie fest.

Thematisiert hatte den rücksichtslosen Umgang mit Jungvögeln der Leipziger NABU, der sich ziemlich sicher ist, dass man es da nicht mit Einzelfällen zu tun hat. Aber aus Sicht der Umweltbehörde scheinen es nur Einzelfälle zu sein. Jedenfalls klingt die Antwort auf Ute Elisabeth Gabelmanns Frage so: „Wie viele solcher Fälle sind der Stadt Leipzig in den vergangenen Jahren (seit 2016) bekannt geworden? Wie viele der ihr bekannt gewordenen Fälle hat sie zur Anzeige gebracht?“

Aber das Amt für Umweltschutz bekommt eben nur die Fälle mit, die auch zur Anzeige gebracht werden: „Der Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig sind drei derartig gelagerte Fälle bekannt. Davon liegt ein Fall bei der Staatsanwaltschaft, einer ist noch in der Prüfung. Weiterhin ist ein Fall von Anfang April 2019 bekannt, bei dem Fassadenlöcher verschlossen wurden in welchem Vögel mit dem Nestbau begonnen hatten. Die Eiablage war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt. Die Behörde hat den sofortigen Stopp der Arbeiten und die Schaffung von Ersatz angeordnet. Dem wurde Folge geleistet.“

„Sind bei den bekannt gewordenen Fällen bestimmte Verursacher (Hauseigentümer, Hausverwaltungen) gehäuft aufgefallen?“, hatte Ute Elisabeth Gabelmann nachgefragt.

Die Antwort fällt denkbar knapp aus: „Bei den der Naturschutzbehörde bekannt gewordenen Fällen sind keine Verursacher gehäuft aufgefallen.“

Was seine Ursache eben auch darin hat, dass die Umweltbehörde gar nicht das Personal hat, in der Stadt präventiv auf solche Vorfälle zu kontrollieren. Man ist auf die Anzeigen von Nachbarn angewiesen. Aber die sind nicht überall aufmerksam.

„Welche Folgen hat ein solches Verhalten für den Verursacher im Regelfall seitens der Stadt?“, hatte Gabelmann noch gefragt.

Die Antwort: „Folgen wären ein Baustopp unter Hinzuziehung einer ökologischen Baubegleitung sowie die Prüfung der Maßnahmen als möglichen Straftatbestand mit Meldung an die Staatsanwaltschaft oder die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens gegen den Verursacher.“

Die Antwort aber zeigt auch, dass es keine umfassende ökologische Baubegleitung an allen Baustellen gibt. Das Umweltschutzamt verlässt sich darauf, dass die Hausbesitzer sich ans Gesetzbuch halten. Was zumindest einige aber nicht tun.

Logische Folgefrage von Ute Elisabeth Gabelmann: „Welche vorbeugenden Maßnahmen kann die Stadtverwaltung ergreifen, um es gar nicht erst zu solchen Vorfällen kommen zu lassen? Besteht die Möglichkeit, die Polizeibehörde (Stadtordnungsdienst) hier mit der Kontrolle und Einhaltung zu beauftragen?“

Aber da hat sie ganz und gar ein Feld betreten, das Leipzigs Umweltbehörde so gar nicht beackert.

„Es gibt keine Vorschläge zu vorbeugenden Maßnahmen, da es sich ja bei den Vorfällen, auf die sich die Anfrage bezieht, wohl um ,mutwillige‘ Taten handeln soll“, lautet die Antwort. „Aufklärung oder ähnliches hätte in solchen Fällen voraussichtlich keine Wirkung.“

Genau darauf aber setzt der NABU und bietet Hausbesitzern auch entsprechende Beratung an.

Nur kontrollieren kann man nicht wirklich, ob jemand in der Stadt derart mutwillig handelt, betont das Umweltdezernat: „Die Zuständigkeiten des Gemeindlichen Vollzugsdienstes sind im Sächsischen Polizeigesetz und der dazu erlassenen Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Inneren über die Wahrnehmung polizeilicher Vollzugsaufgaben durch gemeindliche Vollzugsbedienstete abschließend geregelt. Der Vollzug tierschutz- und naturschutzrechtlicher Vorschriften ist darin nicht geregelt. Etwaige Feststellungen können daher nur als ,Zufallstreffer‘ im Rahmen der Streifentätigkeit getroffen werden. Diese Feststellungen werden dann an die zuständigen Fachbehörden weitergeleitet.“

Da hilft es schon mehr, wenn Hausbesitzer und Hausverwaltungen die Beratungsangebote des NABU Leipzig annehmen, der auch zum Bau von Nisthilfen berät, wenn die Nisthöhlen am Haus nicht (mehr) gewollt sind.

Gesetze werden missachtet, Behörden bleiben tatenlos: Die Stadt der toten Tiere

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