Es ist sein Lieblingsprojekt. Als via LVZ die Diskussion um die Maßnahmen der Leipziger Verkehrsplaner aufflammte, die die Kfz-Ströme Richtung Innenstadtring jetzt mit Ampelschaltungen drosseln wollen, meldete sich FDP-Stadtrat Sven Morlok zu Wort und erinnerte daran, dass der Stadtrat ja vor einiger Zeit einen Prüfauftrag zum Mittleren Ring beschlossen habe. „Die Schadstoffe nur gleichmäßig zu verteilen, ist eine Bankrotterklärung“, sage Morlok.

„Neue Verkehrsprojekte wie der Mittlere Ring Ost könnten stattdessen die Innenstadt entlasten. Durch die Reduzierung von Staus würde die Schadstoffbelastung insgesamt sinken“, so der liberale Stadtrat, der seine Fraktion im Ausschuss für Verkehr und Mobilität vertritt. Die Reduzierung von Fahrspuren zur Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte in der Innenstadt bezeichnete Sven Morlok als Akt der Hilflosigkeit und als Beispiel für die Versäumnisse in der Verkehrspolitik von Oberbürgermeister Jung. Und er erinnerte in diesem Zusammenhang an den Prüfauftrag zum Mittleren Ring Ost, den der Stadtrat auf Antrag der Fraktion Freibeuter beschlossen hat: „Es wird Zeit, dass endlich Ergebnisse auf den Tisch kommen. Die Politik der Hilflosigkeit muss ein Ende haben.“

Dabei hatte die Ratsversammlung ebenfalls sämtliche Planungen zum Mittleren Ring bis 2023 erst einmal auf Eis gelegt, weil dabei neben mehreren Wohngebieten, die neu verlärmt worden wären, auch ganze Park- und Kleingartenanlagen zerstört werden würden, ohne dass der Mittlere Ring in irgendeiner Weise wirklich eine Verkehrsentlastung in Stötteritz und Umgebung gebracht hätte, um die es ja ursprünglich ging.

Dass jetzt wieder eine Autofahrer-Diskussion um die Zahl der Fahrspuren aufgemacht wurde, findet Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat, zumindest seltsam.

„Es ist notwendig und umweltpolitisch sinnvoll, Fahrspuren zu reduzieren und Verkehrsströme zu drosseln. Gerade im Bereich der Harkortstraße kann damit auch eine zentrale Gefahrenstelle für Fahrradfahrer behoben werden. Die Kritiker verkennen, dass Leipzig schon aus Gründen des Gesundheitsschutzes verpflichtet ist, Maßnahmen zu ergreifen, um das Autoaufkommen deutlich zu reduzieren. Wir wünschen uns, dass hier vor allen Dingen an die Schwächsten der Gesellschaft gedacht wird, für die Stickoxide und Feinstäube gravierende gesundheitliche Folgen haben“, erklärte Kasek am Dienstag, 29. Oktober.

Und auch der Forderung nach dem Mittleren Ring erteilte er für die Grünen-Fraktion eine deutliche Abfuhr.

„Es ist umwelt- und verkehrspolitisch eine Geisterfahrt, zu glauben, dass mehr und breitere Straßen das Verkehrsaufkommen an anderen Stellen reduzieren”, stellte Kasek fest. „Wissenschaftlich betrachtet führt dies eher zum Gegenteil: einer Zunahme des Verkehrs. Dafür dann auch noch Park- und Grünanlagen zu zerschneiden, ist der verkehrspolitische Ansatz aus dem letzten Jahrtausend und gerade unter umweltpolitischen Gesichtspunkten durch nichts zu rechtfertigen. Eine verstärkte ÖPNV- und SPNV- Anbindung von Mölkau und Anger-Crottendorf ist die umweltschonendere, kostengünstigere und letztlich sinnvollere Alternative.“

Aber Morlok hatte ja auch noch etwas anderes kritisiert: Die Diskussion über die Mobilitätsszenarien habe offenbart, so Morlok, dass die Stadtverwaltung über keine Planung für zukunftsweisende Verkehrsprojekte verfügt. Das gelte nicht nur für die Straße, sondern ebenso für den Schienen- und Radverkehr. Es sei erst der Stadtrat gewesen, welcher im Rahmen der Beschlussfassung zum Nachhaltigkeitsszenario dem Oberbürgermeister vorgegeben hat, einen Zeit- und Maßnahmenplan bis Ende 2019 vorzulegen. Beschlossen wurde das Nachhaltigkeitsszenario vor einem Jahr.

Die jetzt vorgelegte Fortschreibung zum Nahverkehrsplan genügt diesem Szenario nicht wirklich. Die Änderungsanträge aus Stadtratsfraktionen und Ortschaftsräten stapeln sich.

Und genau dieser Ausbau des Umweltverbundes fehle, um die Luft in Leipzig endlich sauberer zu machen, kritisieren ihrerseits die Grünen. Ihre Fraktion mache sich für eine Intensivierung des Ausbaus der Verkehrsarten des Umweltverbundes stark. Konkret müssten der Ausbau eines leistungsfähigen Radverkehrsnetzes sowie des ÖPNV Vorrang haben.

„Wir wollen den Verkehr stadtgerecht gestalten und dafür sorgen, dass diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind, dieses auch nutzen können”, sagt Kristina Weyh, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Gleichzeitig muss es das vordringliche Ziel sein, die Anzahl an Autos im Verkehr zu reduzieren. Das geht nur, wenn attraktive und sichere Alternativen zur Verfügung stehen. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass schnellstmöglich eine sichere Fahrradstraße etwa in den Süden der Stadt festgelegt wird und der ÖPNV für Anger-Crottendorf ausgebaut wird.“

 

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