Die Grünen haben zwar schon angekündigt, gegen den Forstwirtschaftsplan stimmen zu wollen. Aber die Linksfraktion macht jetzt deutlich, dass sie hinter ihrem Umweltbürgermeister stehen wird und wohl zustimmen wird, wenn der Forstwirtschaftsplan vorliegt. Der Forstwirtschaftsplan 2018 wurde ja aufgrund der Klage der Grünen Liga nicht umgesetzt. Das Verwaltungsgericht Leipzig hat die Klage zwar abgewiesen, aber derzeit liegt eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht vor.

Die Nicht-Umsetzung des Forstwirtschaftsplans 2018 war also keine freiwillige Entscheidung der Stadt. Und wirklich geklärt, ob die geplanten Holzeinschläge durch die Stadt den Erhaltungszielen des Fauna-Flora-Habitat-Gebietes (FFH) entsprechen, ist es auch nicht. Das Gericht hat ja eine Verhandlung darüber abgelehnt. Ein Vorgang, der übrigens an die Vorgänge rund um die Waldschlösschenbrücke in Dresden erinnert.

Aber was kann ein Stadtparlament machen, wenn die Gerichte sich mit einem durchaus nicht einfachen Fall nicht beschäftigen wollen?

„An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass es sich bei FFH-Gebieten nicht um klassische Naturschutzgebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes handelt“, versucht die Linksfraktion ihre Position zum Forstwirtschaftsplan zu begründen.

„Sie basieren auf der gleichnamigen Naturschutzrichtlinie der europäischen Union, die der Umsetzung der Konvention über biologische Vielfalt dient. Das Ziel von FFH-Gebieten ist somit der Schutz der Biodiversität. Da viele besonders artenreiche Habitate unserer Kulturlandschaft, wie eben auch der Leipziger Auwald eines ist, keine natürlichen Habitate sind und ohne menschliches Zutun verschwinden würden, sind Managementpläne in den FFH-Richtlinien vorgesehen insofern sie dem Schutz- und Erhaltungsziel dienen.“

Aber genau um diese Interpretation der Schutz- und Erhaltungsziele geht es.

Und die Linksfraktion bevorzugt die Interpretation des Leipziger Umweltdezernats, die die Abteilung Stadtforsten auch zur Schablone nimmt, um damit einen über 300 Jahre kalkulierten systematischen Waldumbau zu rechtfertigen:

„Der Leipziger Auwald als Hartholzaue ist durch einen hohen Eichenanteil charakterisiert und auf diese einzigartige Biotopbaumart für die Umsetzung der Schutzziele angewiesen. Die Stiel-Eiche ist Lebensraum und Nahrung für zahlreiche Arten im Auwald. Historische Entwicklungen und wissenschaftliche Studien zeigen jedoch, dass ohne forstwirtschaftliche Maßnahmen der Anteil der Eiche rapide abnimmt. Auch eine Veränderung der hydrologischen Gegebenheiten würde dies, anerkannten Wissenschaftler/-innen zufolge, nicht grundlegend ändern. Diesen Trend zu verhindern und umzukehren, ist das Ziel des vorliegenden Forstwirtschaftsplans. Dafür werden kleine Holzeinschläge, sogenannte Femelschläge, vorgenommen und mit jungen Eichen aufgeforstet oder Eichen gesät. Nur so ist der Eichenanteil im Auwald für die Zukunft zu erhalten und zu erhöhen!“

Von einer Erhöhung des Eichenanteils ist in den FFH-Schutzzielen keine Rede. Das ist die Interpretation der Stadt, die sich dabei auf den Passus der „charakteristischen Artenausstattung“ in den „Erhaltungszielen des FFH-Gebietes ,Leipziger Auensystem‘“ bezieht: „Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse gemäß Anhang I der FFH-RL, einschließlich der für einen günstigen Erhaltungszustand charakteristischen Artenausstattung sowie der mit ihnen räumlich und funktional verknüpften, regionaltypischen Lebensräume, die für die Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Lebensräume des Anhanges I der FFH-RL von Bedeutung sind.“

Darüber kann und sollte man auch diskutieren. Doch diese Diskussion findet nicht wirklich statt.

Aber wie geht man damit um?

„Wer behauptet, dass die Stadt ohne naturschutzfachliche Notwendigkeit große Flächen des Leipziger Auwaldes rodet, muss erklären warum sie das tun sollte. Der finanzielle und personelle Aufwand ist enorm und übersteigt die immer wieder ins Feld geführten ,Einnahmen durch den Holzverkauf bei weitem‘“, meint Michael Neuhaus, Sprecher für Umwelt der Linksfraktion.

„Eine Debatte über den Forstwirtschaftsplan kann und sollte dennoch geführt werden. Auch weitere Aspekte wie die Schönheit eines gänzlich naturbelassenen, unbewirtschafteten Auwaldes können dabei relevant sein, stehen aber nicht zwangsläufig mit dem Arten- und Biotopschutz im Einklang.“

Sie stehen übrigens genauso wenig zwangsläufig wie die geplanten Forstmaßnahmen im Einklang mit den Erhaltungszielen.

Der jetzt neu vorgelegte Forstwirtschaftsplan geht jetzt zur Diskussion in den Umweltausschuss.

Aber auch Michael Neuhaus wünscht sich eigentlich noch eine öffentliche Diskussion: „Die Debatte, was für einen Auwald die Leipziger sich wünschen, muss dringend geführt und mit Naturschutzinteressen abgewogen werden. Hierfür wünschen wir uns eine öffentliche Bürger/-innenbeteiligung und eine auf wissenschaftlichen Fakten basierende Debatte.“

Aber wie soll das gehen, wenn die Baumfällungen bis zum 31. Januar erledigt sein sollen? Wenn die Linksfraktion ihr Ansinnen ernst nimmt, stimmt sie dem Forstwirtschaftsplan nicht zu, sondern beantragt genau das, was Michael Neuhaus hier vorgeschlagen hat: eine öffentliche Bürger/-innenbeteiligung.

Die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes „Leipziger Auensystem“.

Leipzigs Grüne fordern die Aussetzung des Forstwirtschaftsplans

Leipzigs Grüne fordern die Aussetzung des Forstwirtschaftsplans

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Es gibt 7 Kommentare

Hallo, robin, das passt ja zu meiner Hypothese bezogen auf das, worum es eigentlich geht. FReut mich nicht wirklich….

Michael Neuhaus fordert mehr Fakten bei der Diskussion um den Fortswirtschaftsplan, na prima.
Diese Fakten wurden aber doch schon reichlichst vorgetragen, von Fachexperten wie Dr. Fähser, K. Sturm, Prof. Gerken und vielen anderen. In der L-IZ hier wurde darüber auch umfangreich berichtet. Quellen, Fakten, Begründungen!
Nur seltsamerweise kommen von den Befürwortern des Forstwirtschaftsplans keinerlei Fakten. Immer nur die gleiche Leier “Das muss man so machen weil man das so machen muss” wird durch ständiges Wiederholen nicht wirklich besser. Quellen oder wenigstens Argumente, wie bitte aus einer plantagenartiger Eichenmonokultur aus wurzelgekappter Baumschulware ein strukturreicher FFH-Lebensraumtyp werden soll, Fehlanzeige; warum Eiche angeblich nur auf großen Femeln mit o,4 ha und noch mehr hochkommen kann, Fehlanzeige (anderweitige Vorschläge und wiss. Expertisen bzgl. Eichennaturverjüngung usw. usf. wurden von Waldökologen genügend vorgebracht, die werden aber nur ignoriert, zu blöde aber auch, denn so viel Licht schadet sogar der Eiche), Quelle, wie man mit dem Mittelwald etwas anders fördert als Ahorndickicht, Fehlanzeige! Oder Mitdiskutieren auf dem Auwaldsymposium, Fehlanzeige und artiges Fernbleiben (war ja offensichtlich verboten worden für Mitarbeiter der Uni oder des UfZ, oder doch nur völliges Desinteresse?)
Aber leider kann man von den Linken in Sachen Umwelt und Naturschutz rein gar nichts erwarten, das war ja schon vorher klar, da ist ja selbst bei der FDP mehr Sachverstand vorhanden.
Und was macht man als junger Linker, man twittert lustig umher und regt sich über die Heuschrecken des Kapitalismus auf (was ja nicht falsch ist), dann sitzt man plötzlich im Stadtrat, gründet noch die Leipziger Gruppe der Scientists for future (für die eigene politische Zukunft = Karriere…), huldigt der Forstindustrie, wird vermutlich auch das WTNK ganz toll finden, stimmt sämtlichen Naturzerstörungen der kritisierten “Heuschrecken” im Stadtrat gerne zu (und wird so freiwillig zum Heuschreckenfütterer). Vielleicht kriegt man ja so irgenwann einen hübschen Posten als Politiker ab (ist ja sicherlich einfacher als sich als Biologe durchzuschlagen), haben andere Linke ja auch geschafft…
Sorry für die Polemik, aber leider fällt mir zu der ganzen Heuchelei heute Abend nichts anderes mehr ein.

Wunderbar, dass “Die LINKE” ihren Umweltbürgermeister unterstützt. Ich, einfach strukturiert, dachte immer dass der Satdtrat entscheidet und selbst denken kann. Nun aber ist zu lesen, dass die Damen und Herren einfach nur der Verwaltung hinterher rennen. Nunja, was der junge Kader Neuhaus auf Twitter so von sich gibt, ok, er hat Biologie studiert- allerdings bei der UNI Leipzig. Klar, die machen ja auch in der AG Stadtwald mit.

Ich bezweifle stark, dass es naturschutzfachlich notwendig ist, derart große Flächen zu roden.

Anhand dieses netten Videos kann man sehen, was im Ratsholz um 2016 alles für Habitatbäume entnommen worden sind:

https://www.youtube.com/watch?v=lA_pp-IiAeQ

Also ich sehe und höre da ab Minute 5, dass große Mengen an Eichen eingeschlagen worden sind. Man sieht dort große, mit schwarzem Mull gefüllte Höhlen mit Larven und deren Hinterlassenschaften. Feinste Habitatstrukturen. Die ins Sägewerk kommen, wie man dem Video entnehmen kann. Man sieht sogar in einer Kamera-Einstellung den Holzlaster.

2018 konnte man ähnliches im Auwald sehen, wo die Flächen von Sachsenforst bewirtschaftet werden.

Und das soll im Sinne des Naturschutzes sein? Wirklich? Ernsthaft?

In dem diesen Artikel angehängtem Dokument “Die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes ‘Leipziger Auensystem'” lese ich was von “Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Gebiet
vorkommenden Populationen der Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse
gemäß Anhang II der FFH-RL sowie ihrer Habitate im Sinne von Artikel 1 Buchst. f der FFH-RL.”

Die da laut diesem Dokument sind: Fischotter, Großes Mausohr, Mopsfledermaus, Bitterling, Kammmolch, Rotbauchunke, Grüne Keiljungfer, Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling, Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling, Kleiner Maivogel und Eremit.

Ein Fischotter hält sich vorwiegend im und am Wasser auf, nicht in Eichen!

Das Große Mausohr, eine Fledermaus, fliegt in der Luft und hat seine Quartiere an Gebäuden (v.a. Kirchen), nicht in Eichen!

Die Mopsfledermaus ist eine Fledermaus, die in dichten alten Wäldern lebt, sie braucht alte Bäume mit Spalten (müssen nicht zwingend Eichen sein).

Der Bitterling ist ein Fisch und schwimmt im Wasser, nicht in Eichen!

Der Kamm-Molch ist auch eher im Wasser anzutreffen denn auf einer Eiche.

Die Rotbauchunke lebt auch eher im und am Wasser und nicht auf oder in Eichen.

Die Grüne Keiljungfer, eine Libelle, lebt am Wasser und im Wasser, der sind Eichen auch egal!

Der Dunkle und der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling sind Schmetterlinge, sie brauchen kleine naturnahe Wiesen, Eichen sind denen wahrscheinlich auch herzlichst egal.

Der Kleine Maivogel ist ein Falter, der ESchen braucht, mit Eichen kann der gar nix anfangen! Eschen sind die Bäume mit S als zweitem Buchstaben, sehen ein bisschen anders aus als Eichen, werden gerne gefällt zur Zeit.

Der Eremit ist ein Käfer, den es an vielen Stellen im Auwald gibt, er mag Eichen, lebt aber auch in anderen Baumarten, wenn die alt genug sind und entsprechende Höhlen mit Holzmull haben. Aber wo sollen die Bäume herkommen, die wurden und werden ja (bspw, siehe Video) gefällt.

Eichen sind nett. Gern pflanzt welche irgendwo, aber dass diese großflächigen Fällungen pauschal dem Naturschutz dienen sollen, diese Äußerung sollte man mal überdenken.

Die betreffenden Arten, um die es geht, brauchen v.a. saubere gesunde Fließgewässer, naturnahe Wiesen, Quartierschutz, alte Bäume, aber sicher nicht großflächige Hiebsmaßnahmen.

Aber naja, wenigstens will man vielleicht darüber reden. Ich hoffe nur nicht, es läuft dann so wie beim Pleißenmühlgraben: alle reden lassen und dann trotzdem den Plan durchziehen.

Man kann auch mal 1 und 1 zusammenzählen: in Böhlitz-Ehrenberg wurde Baugenehmigung bis direkt an die Alte Luppe erteilt, voll rein in den Gewässerschutzstreifen. Fahrlässigkeit? Dummheit? Oder gezielter Testlauf? Was ist denn, wenn es wegen der großflächigen Plantangen auf den sog. Femellöchern bald viele Arten, die auf alte, in naturnahen, altersdurchmischten Waldgebieten stehende Biotopbäume angebwiesen sind, nicht mehr gibt, weil deren Lebensräume zerstört wurden zur “Verjüngung der Eichen”? Was ist dann mit den Flächen? Keine zu schützenden Arten, kein Schutzstatus mehr. Einfach nur Wald. Ach ja, da war doch der eine oder andere Bauträger, der noch was suchte, um ein feines neues Villenviertel in exqusiter Lage zu errichten…

Langsam beschleicht mich der Verdacht, dass man mal endlich ganz offen mit den Bürgern reden und diskutieren sollte: was kostet uns (ökologisch und ökonomisch) der Weg der Stadt Leipzig. Und was würde es erfordern, den Auwald wieder in einen Auwald zu verwandeln.

Erster Effekt wäre, dass klar würde, was die menschlichen Eingriffe bislang bereits bedeuteten und was eigentlich ein Auwald ist. Die beste Antwort auf diese Frage war für mich bislang: „stimmt, ich kenne den Wald ja nur so, wie er jetzt ist.“ (ein sterbender Auwald).

Wer überwacht eigentlich fachlich die Festlegungen bspw. der Stadt, ob die Ideen auch im Sinne der FFH-Gebiete sind?

Wer sind die “anerkannten Wissenschaftler”?

Nach meiner Lesart hat sich vor allem der Bestand an Stieleichen deswegen behauptet und gefestigt, weil in den letzten Jahrhunderten regelmäßig Überschwemmungen über Wochen stattfanden. Regelmäßig und jährlich. Das Merkmal einer AUE. Und der Stieleiche, die damit besonders gut umgehen kann; natürliche Auslese.
Die Möglichkeiten hierzu wurden durch die Kanalisierung der Leipziger Flüsse fast völlig verhindert, selbst durch das Nahleauslasswehr kann nur noch Wasser fließen, wenn der Hochwasserpegel entsprechend hoch ist.

Diese ursprünglichen Zustände sollte man wieder gewährleisten bzw. herbeiführen, und damit ohne weiteres Zutun die Biodiversität der FFH-Gebiete fördern.

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