รberhaupt nicht zufrieden mit der im Mai vorgelegten โWohnungsbaufรถrderkonzeption 2020โ des Dezernats Stadtentwicklung und Bau zeigt sich jetzt die Linksfraktion. Wenn die Fraktionen Schulnoten verteilen dรผrften, wรคre dieser รnderungsantrag wohl so etwas wie ein โungenรผgendโ. Denn so wie die bisherige Fรถrderung gestrickt war, entsteht nicht einmal ein Drittel der benรถtigten โSozialwohnungenโ pro Jahr.
Wobei nun einmal ein Quadratmetermietpreis von 6,50 Euro, wie ihn die Landesfรถrderung vorschreibt, mit โsozialโ nicht viel zu tun hat, jedenfalls nicht im Leipziger Normalverdienersegment.
Die Vorlage des Planungsdezernats klang ganz so, als sei die Wohnraumfรถrderung seit 2017 eine ganz gut funktionierende Sache.
Aber die Vorlage macht auch deutlich, wie wenig die eigenen Prognosezahlen mit einer belastbaren Bedarfserhebung zu tun haben: โAuf Grundlage des prognostizierten Bevรถlkerungswachstums sowie der Anzahl bestehender unversorgter Haushalte wurde der Bedarf an mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen fรผr den Zeitraum 2020 bis 2025 auf jรคhrlich knapp 1.300 Wohneinheiten beziffert. Dieser kรถnnte mit einer jรคhrlichen Fรถrdersumme des Freistaats Sachsen von 40-50 Mio. โฌ gedeckt werden.
Allerdings lag zur Einreichung des Fรถrderantrags noch nicht die aktualisierte Bevรถlkerungsvorausschรคtzung 2019 vor, sodass die Bedarfsprognose auf der Datengrundlage von 2016 errechnet werden musste. Es ist davon auszugehen, dass der aktualisierte Bedarf etwas niedriger ist. Auf die Mittelbeantragung fรผr das Programmjahr 2020 hat dies allerdings keine Auswirkungen, da bei der beantragten Fรถrdersumme (29 Mio. โฌ) von einer realistisch umsetzbaren Fรถrdersumme ausgegangen wurde. Diese Fรถrdersumme wurde anhand der bisherigen Erfahrungen der Stadt Leipzig in der Wohnungsbaufรถrderpraxis sowie der in den Programmjahren 2017, 2018 und 2019 bereitgestellten bzw. fรผr 2020 in Aussicht gestellten Fรถrdersumme (20 Mio. โฌ) ermittelt.โ
So kann man sich auch ganz amtlich selbst eine rosarote Brille verpassen. Denn die Bevรถlkerungsprognosen beruhen auch wieder nur auf Annahmen, in denen wieder die Zu- und Wegzรผge der letzten Jahre in die Zukunft fortgeschrieben werden. Wenn aber der Wohnungsmarkt lรคngst eng ist โ also unter die 2 Prozent fรผr Umzรผge notwendigen Leerstand gefallen ist und in bestimmten Segmenten (Familienwohnungen, Singlewohnungen, preiswerte Wohnungen) kaum noch ein Angebot zu finden ist โ weichen die Umzugswilligen aus. Seit drei Jahren wachsen deshalb die Abwanderungen ins Umland. Was man dann als โMinderbedarfโ in der Stadt rechnen kann โ oder als Folge eines eklatant fehlenden Angebots.
Henne und Ei lassen grรผรen.
Wenn man aber den Bedarf herunterrechnet, weil die Menschen sowieso ausweichen oder gar nicht erst nach Leipzig ziehen, werden auch die errechneten Bedarfe fragwรผrdig.
Dass die sรคchsische Fรถrderung fรผr Mietwohnraum selbst ein bรผrokratisches Monster voller Tรผcken ist, das vor allem eines verhindern soll, nรคmlich โzu viel Sozialwohnungsbauโ, hat eindeutig dazu gefรผhrt, dass Leipzig nicht einmal ansatzweise die neuen Sozialwohnungen bekam, die es selbst ausgerechnet hatte.
In der Vorlage des Planungsdezernats heiรt es dazu: โIn Teil B wird der Stand der Umsetzung in den Programmjahren 2017 und 2018 dargelegt. Insgesamt wurden Weiterleitungs- und Kooperationsvertrรคge fรผr 727 Wohneinheiten abgeschlossen. Die inhaltlichen Prรคmissen und Mittelkontingentierungen wurden dabei eingehalten. Fรผr das Programmjahr 2020 werden die Handlungsschwerpunkte der Umsetzung dargelegt.โ
Eine Aussage, die die Linksfraktion sogar unhinterfragt รผbernimmt: โMit den bisherigen Rahmenbedingungen und Instrumenten schafft die Verwaltung den Vertragsabschluss fรผr ca. 725 WE/a. Bei einem Bedarf von 1.300 belegungs- und mietpreisgebundenen Wohnungen pro Jahr ist Optimierung der Verfahren und die Verbesserung der Instrumente eine dringliche Aufgabe, die keinen Aufschub duldet und nicht dem Zufall รผberlassen werden kann. Ein verbessertes Controlling ist erforderlich, um die Wirksamkeit kommunaler Wohnungspolitik und der gefassten Beschlรผsse prรผfen zu kรถnnen und Ansatzpunkte zu finden, wie die Wirksamkeit erhรถht werden kann.โ
Die 727 Wohnungen aber sind alle Wohnungen, die innerhalb von zwei Jahren gefรถrdert wurden: 261 im Jahr 2017 und 466 im Jahr 2018. Fertig wurden davon die allerwenigsten in diesen beiden Jahren, nรคmlich nur acht. Das heiรt: Faktisch ist die Versorgungslรผcke allein in diesen beiden Jahren um 2.600 Wohnungen gewachsen.
Zahlen fรผr 2019 findet man in der Vorlage noch nicht.
Die Stadt hat also eine weitere Verschรคrfung der Lage erlebt, was natรผrlich direkt auch das Wachstum der Stadt gebremst hat. Denn die Zuzรผgler nach Leipzig sind ja selten schon im Beruf etabliert und verdienen so viel Geld, dass sie sich hochpreisige Wohnungen leisten kรถnnen. Sie weichen gezwungenermaรen ins Umland aus.
Logisch, dass die Linksfraktion bei all diesem Nebel eine transparente Berichterstattung fordert: โDie Verwaltung berichtet jรคhrlich zu den einzelnen Kategorien der Tabelle 12 zur Entwicklung der Inanspruchnahme der Mittel und der Anzahl der gefรถrderten Wohnungen. Die Verwaltung benennt bei der Entwicklung groรflรคchiger Neubaustandorte und bei der Entwicklung von B-Plan Gebieten, ab wann und in welchem Umfang mit Antrรคgen zur sozialen Wohnraumfรถrderung gerechnet werden kann.โ
Denn wenn nicht einmal klar ist, wo die eigentlich benรถtigten 1.300 Sozialwohnungen pro Jahr entstehen sollen, kann auch nicht nachjustiert werden. Und das wird nรถtig werden. Das ist jetzt schon absehbar. Denn zu den vom Planungsdezernat genannten โKontigentierungenโ gehรถrt eben auch, dass nur 30 Prozent des Wohnungsneubaus gefรถrderter Wohnraum sein sollen.
Eine Begrenzung, die รผberhaupt keinen Sinn macht, wenn ausgerechnet der Wohnungsmarkt fรผr preiswerte Wohnungen praktisch leergefegt ist. Da mรผssen ganze Quartiere mit Komplettfรถrderung gebaut werden, so preiswert wie vor 100 Jahren all die Meyerschen Hรคuser und Krochsiedlungen.
Eine Tabelle in der Vorlage des Planungsdezernats zeigt dann auch sehr schรถn, wie die derzeitige, rein auf Investoren ausgerichtete Immobilienpolitik der Stadt den Wohnungsbau sogar regelrecht ausbremst. Denn die Grundstรผckspreise sind seit 2015 massiv angezogen. Obwohl man wohl besser sagt: Die Grundstรผcke sind zu Spekulationsobjekten geworden, die dem Allgemeinbedarf grundsรคtzlich entzogen sind.
Wenn aber die Quadratmeterpreise fรผr unbebaute Grundstรผcke fรผr mehrgeschossigen Wohnungsbau sich binnen vier Jahren vervierfachen, hat das mit einem transparenten Markt nichts mehr zu tun. Die Zahl der Verkaufsfรคlle solcher Grundstรผcke hat sich folgerichtig mehr als halbiert. Die Kosten fรผr den Grundstรผckserwerb verteuern dann aber zwangslรคufig den Neubau. Da sich Spitzenmieten in Leipzig aber kaum noch erzielen lassen, bremst das das Baugeschehen.
Leipzigs Baudezernat hรคlt eine Wohnungstauschplattform zumindest theoretisch fรผr mรถglich
Leipzigs Baudezernat hรคlt eine Wohnungstauschplattform zumindest theoretisch fรผr mรถglich
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