Angekündigt hatten es die Dezernate Bau und Wirtschaft der Stadt schon vor einem Jahr mit einer Vorlage für den Stadtrat. Und eigentlich sollte es damals schon schnell gehen, denn die Leipzig Netz GmbH, eine Tochterfirma der Leipziger Stadtwerke, hatte die Befahrung des gesamten Stadtgebietes zur Aufnahme von 360-Grad-Bildern schon für 2020 eingeplant. Doch nun startet die Kooperation erst im März 2021.

Eine nicht ganz unwichtige Kooperation, die da angekündigt wurde, denn das Digitalisierungsprojekt soll vor allem die Stadt- und Bauplanung in Leipzig vereinfachen. Um Planungsprozesse zu optimieren werden ab März im Auftrag der Stadt Leipzig und der Leipzig Netz GmbH, einer Tochterfirma der Leipziger Stadtwerke, sowie mit Unterstützung der Leipziger Gruppe im gesamten Stadtgebiet 360-Grad-Panoramabilder aufgenommen. Die so gewonnen Daten dienen ausschließlich internen Auswertungszwecken und werden nicht veröffentlicht.

Für die Stadtverwaltung bringen 360-Grad-Bilder bei vielen Verwaltungsprozessen eine erhebliche Zeitersparnis, da Vor-Ort-Begehungen nicht mehr unbedingt erforderlich sind. Mit Hilfe der neuen Technologie ist in den Behörden jederzeit per Klick abrufbar, wie der Zustand der Straßen, Fuß- und Radwege wirklich aussieht. So wird es zum Beispiel erstmals auch eine vollständige Übersicht des Fahrradwegenetzes inklusive deren Zustandes und Beschreibung der Oberflächenbeschaffenheit geben, betont die Verwaltung. Dadurch werden Verkehrsplanungen leichter und schneller und Fehlerquoten sowie die Zahl der Umplanungen sinken.

Es gibt noch einen weiteren Vorteil: Erfahrungen aus Städten mit bereits existierenden Straßenbefahrungsdaten zeigen, dass sich Abstimmungsprozesse verkürzen und effizienter werden, da verschiedene Planungspartner in Verwaltung und Unternehmen auf aktuelle Datenbestände zugreifen können. Unter anderem profitieren in Leipzig das Verkehrs- und Tiefbauamt, das Amt für Umweltschutz, das Amt für Stadtgrün und Gewässer, das Amt für Jugend und Familie, das Amt für Schule, das Ordnungsamt, das Amt für Geoinformation und Bodenordnung, das Referat Digitale Stadt sowie die Beteiligungsunternehmen der Leipziger Gruppe.

Mit spezieller Kamera- und Laserscan-Messtechnik ausgerüstete Fahrzeuge der beauftragten Firma Cyclomedia erstellen ab März hochauflösende, georeferenzierte Panorama-Aufnahmen. Diese aktualisieren und ergänzen den Datenbestand der Stadtverwaltung aus Vermessungen und Befliegungen.

Mit Bildern des Straßenraums und von Gebäudefassaden können beispielsweise baurechtliche Fragen geklärt, Informationen zum Straßenzustand oder zur Grünpflege und Reinigung erfasst werden. Verwaltungsübergreifend sind diese Daten auch für die Gewährleistung der Barrierefreiheit, die Straßenplanung, den Umweltschutz, Genehmigung von Sondernutzungen und die Einsatzplanungen der Feuerwehr nützlich und wichtige Hilfsmittel für Leipzigs zukünftige Infrastruktur-Projekte.

Vorteile auch für die Kommunalunternehmen

Die Netz Leipzig ist nicht nur Projektpartner, sondern auch eines der Unternehmen, die ihren Nutzen aus dem 360-Grad-Projekt ziehen. Der Netzbetreiber kann den Service für seine Kunden verbessern, weil sich der Zeitaufwand für Datenrecherche und Abstimmungen verringert. Weil die Daten eine höhere Qualität haben, lassen sich auch Prozesskosten minimieren.

Netzkunden kommen leichter zu ihren Hausanschlüssen: Die Angebotserstellung kann ohne oder mit weniger Ortsterminen erfolgen, ist also schneller, günstiger, detailgetreu und kundenfreundlicher. Auch für den Ausbau der Elektromobilität sind die neuen Daten ein Fortschritt – zur Identifizierung von Flächen für Ladesäulen oder für die Analyse des Netzverlaufs.

Planungen und Bauprozesse werden einfacher: So kann beispielsweise das Einmessen von Objekten effizienter gestaltet werden. Einfaches, extrem genaues Messen von Punkten, Linien und Flächen erfolgt per Mausklick. Starkregensimulationen können digital erfolgen, um dies beim Entwurf von Standorten technischer Anlagen zu berücksichtigen.

Viele Baumaßnahmen-Planungen werden digital und somit schneller, weil die Kommunikation mit der Verwaltung und Dienstleistern auf dieselbe aktuelle Datenbasis zurückgreifen kann. Auch für das Geoinformationssystem und die Netzdokumentation ist die neue Technik hilfreich: Die Stadtgrundkarte als Basis der Leitungsdokumentation wird aktueller, genauer und besser.

Ende April soll das gesamte Stadtgebiet erfasst sein. Das Projekt, welches auf der Grundlage eines Stadtratsbeschlusses umgesetzt wird, ist insgesamt auf fünf Jahre angelegt. Ab 2022 wird durch jährliche Befahrungen immer die Hälfte des Straßennetzes aktualisiert, sodass auch für künftige Planungen alle Daten nie älter als zwei Jahre sind.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 3 Kommentare

Man müsste widersprechen können.

Als vor einigen Jahren eine bekannte Suchmaschinenfirma weltweit auf Kamerafahrt ging, konnte in Deutschland wirksam erreicht werden, dass Häuser unkenntlich (durch extreme “Verwolkung”) gemacht wurden. Es reichte sogar das Verlangen auch nur eines einzigen Bewohners eines Hauses, damit “sein” Haus hinter einer Wolke verborgen wurde. Grundlage hierfür war m.W. die Informationelle Selbstbestimmung.

Ich wäre mir auch jetzt für die Stadt Leipzig nicht sicher, ob sie einfach die Häuser ablichten darf, zumal nun auch die DSGVO greift. Eine Zusicherung, dass die Stadt Leipzig die Daten ausschließlich intern verarbeiten wolle, wird nicht reichen.

Warum?
Sie dürfen doch auch auf allen öffentlichen Straßen herumlaufen und Fotos knipsen. Nur in großem Stil veröffentlichen nicht. Das wäre der Unterschied zur Map der bekannten Suchmaschine.

Schreiben Sie einen Kommentar