In Leipzig ist der Wohnraum knapp. Gerade der an bezahlbaren Mietwohnungen im Stadtinneren. Seit Jahren beschäftigt das Thema die Verwaltung und auch den Stadtrat. Aber auch beim Thema Zweckentfremdung beißt sich die Stadt an einer Staatsregierung die Zähne aus, die sich ganz offensichtlich nicht als Vertreterin der Bevölkerung sieht, sondern privater Profitinteressen. Das merkt man auch an einer Antwort aus dem Stadtplanungsamt.

Denn seit 2018 bemüht sich die Stadt Leipzig bei der Staatsregierung darum, eine Handlungsgrundlage dafür zu bekommen, die Zweckentfremdung von Wohnungen für private Ferienwohnungs-Portale zu unterbinden.

Ungefähre Zahlen, wie viele Wohnungen als Ferienwohnungen zweckentfremdet werden, hat man auch seit 2020.

Zumindest überschlägig, denn Anbieterportale wie Airbnb müssen bei der Stadt nicht melden, welche Wohnungen sie für Ferienübernachtungen vermitteln. Und die Wohnungseigentümer müssen auch nicht von sich aus angeben, ob ihre Wohnungen anders genutzt werden als eben als Wohnraum. Und da sie sich in einer Grauzone befinden, kann die Stadt selbst nur die Online-Angaben zur Schätzung heranziehen, wie das Liegenschaftsamt betont: „Die Stadt Leipzig verfügt über keine anderen Angaben als beim Aufruf der Webseite tagesaktuell aufgeführt werden.“

Und das, obwohl alle Beteiligten wissen, dass die gewerbliche Nutzung tatsächlich anzeigepflichtig ist.

Dresden stellt sich tot

„Sofern es sich bauordnungsrechtlich um eine Wohnung handelt, bedarf die Änderung der Nutzung hin zur gewerblichen Nutzung als Ferienwohnung einer behördlichen Genehmigung zur Nutzungsänderung. Diese muss bei der Stadt Leipzig beantragt werden. Dabei werden im Einzelfall die bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen geprüft“, so das Liegenschaftsamt.

Nur scheint das die privaten Vermieter nicht wirklich zu interessieren. Und eine rechtliche Handhabe, das nachzuvollziehen, bekommt die Stadt einfach nicht: „Seitens der Stadt Leipzig wurde in Umsetzung des Ratsbeschlusses VI-A-05427 gegenüber dem zuständigen Ministerium die Erforderlichkeit zum Erlass entsprechender Regelungen bereits 2018 dargelegt und mit einem Gutachten (vgl. VII-Ifo-00321) begründet. Das Gutachten liegt dem zuständigen Ministerium seit 2020 vor. Es erfolgte gegenüber der Stadt Leipzig trotz mehrfacher Nachfrage keine fachliche Auseinandersetzung durch das Ministerium.“

Auch eine Art, Politik zu machen: sich einfach mal tot stellen und so tun, als läge seit fünf Jahren gar keine Anfrage aus Leipzig vor. Die Vermieter befinden sich eigentlich im Unrecht, aber die Stadt hat keine Möglichkeiten, die von Airbnb dem Wohnungsmarkt in Leipzig entzogenen Wohnungen wieder als Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen:

„Die Stadt Leipzig hat derzeit keine Möglichkeit, durch die Nutzung als Ferienwohnungen entzogene Wohnungen wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen“, bestätigt das Liegenschaftsamt. In anderen Städten geht das sehr wohl. Das Liegenschaftsamt verweist dazu auf Expertengespräche mit Köln, München und Berlin.

Europarecht kommt nicht zur Umsetzung

Und Europarecht steht eigentlich auch hinter dem Wunsch der Stadt, die Zweckentfremdung zu unterbinden. Seit Herbst 2020 gibt es das Urteil des EuGH zur Rechtssache C-724/18 und C-727/18.

Aber Leipzig kann es nicht anwenden, wie das Liegenschaftsamt ausführt: „Da der Kampf gegen Wohnungsmangel dem Allgemeinwohl dient und sich das Urteil mit unseren wohnungspolitischen Zielen deckt, begrüßt die Stadt Leipzig das Urteil zur Einschränkung der Kurzzeitvermietung von Wohnraum von Plattformen wie z.B. Airbnb. Wie in der Antwort zur Frage 2 ausgeführt, fehlt der Stadt Leipzig derzeit die vorher bereits erläuterte Ermächtigungsgrundlage.

Insofern können derzeit keine konkreten Handlungsoptionen entwickelt werden. Die Stadt arbeitet im Rahmen der rechtlichen und finanziell gegebenen Einflussmöglichkeiten mit Hochdruck an zielführenden Lösungen bzgl. des Erhalts, der Bereitstellung und der Neuerrichtung von bezahlbarem und qualitativ anspruchsvollem Wohnraum im gesamten Stadtgebiet.“

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Es gibt 6 Kommentare

Wir Deutschland im Großen (z.B. Maut, Kauf von Rüstungsgütern) meint Leipzig im Kleinen oft einen Sonderweg gehen zu müssen (z.B. Bettensteuer), anstatt sich einfach an funktionierenden Modellen zu bedienen.
Und dann beklagt die Verwaltung eine Ãœberlastung, obwohl es auch einfacher ginge.

Ich vermute stark – das Innenministerium.

In der “alten” Regierung wurde 2019 ein entsprechender Gesetzentwurf von B90/Grünen.
Dem Innenausschuss lag aber bereits ein Zwischenbericht der Leipziger Untersuchung dazu vor.
Das SMI hat dann ein Gutachten beauftragt.

Im derzeitigen Koalitionsvertrag steht: “„Wir wollen es den Kommunen ermöglichen, bei Fehlentwicklungen auf dem
Wohnungsmarkt geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dazu zählen Möglichkeiten
regionaler und temporärer Instrumente wie die Mietpreisbremse, Kappungsgrenzen sowie
Zweckentfremdungs- und Umnutzungsverbote.“

Interessant ist, dass es so etwas bereits in anderen Städten gibt, wie bspw. München, Köln, Münster, Hamburg, Frankfurt u.m.
Das heißt – es geht.
Man muss nur wollen und tun.

Welches ist denn das zuständige Ministerium und wer bremst dort aus welchen Gründen diese Anfrage seit 5 Jahren?

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