Am 17. April 2023 zitiert „Der Spiegel“ die wohnungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Caren Lay, sie wolle eine neue Option auf Wohnungstausch von Senioren und jungen Familien im Mietrecht verankern. „So können Senioren in eine kleinere Wohnung ziehen, ohne am Ende mehr Miete zu zahlen“. Sofort überschlagen sich die (a)sozialen Medien mit Thesen wie „Rentner müssen aus ihren Wohnungen“ und ähnlichem. Der vermeintliche Volkszorn kocht wieder hoch.

Dabei ist der im „Spiegel“ geäußerte der Vorschlag keinesweg neu, nimmt man z. B. die Aussage von Ricarda Lang, der Parteivorsitzenden der Grünen, am 4. Februar 2023 in der Berliner Zeitung.

Sie sagt zu dem Thema: „Es gibt zum Beispiel ältere Menschen in großen Wohnungen, die gern umziehen würden, weil sie nicht mehr alle Zimmer nutzen und heizen wollen, und auf der anderen Seite junge Familien, die dringend ein Zimmer mehr brauchen. Es wäre doch gut, wenn die untereinander unkompliziert tauschen und so beide zu fairen Mieten im gewohnten Kiez bleiben könnten.

Das muss ohne größeren Aufwand rechtlich möglich sein, auch hier kann der Bund für ein Recht auf Wohnungstausch sorgen.“

Ist die von beiden angedachte gesetzliche Regelung so einfach?

Rückblick: Stadtrat Leipzig 2020

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte den entsprechenden Antrag ins Verfahren gebracht, der darauf abzielt: „Mieter/-innen den Tausch von Wohnungen unterschiedlicher Wohnungsgrößen zu günstigen Konditionen zu ermöglichen“.

Die Stadt hielt die Sache zumindest für möglich.

Das gleiche Thema, wenn man den Antrag liest: „Auf diese Weise können Mieter, deren Wohnung zu klein ist, schnell eine größere Wohnung erhalten, während im Gegenzug ältere Menschen in eine kleinere Wohnung ziehen und Miete sparen können.“

Im Kurztext: Ältere Menschen, welche die große Wohnung nicht mehr benötigen, können freiwillig ein Tauschangebot für eine kleinere Wohnung annehmen und behalten die günstigen Mietkonditionen.

Das aber nur zwischendurch.

Gesetzliches Recht zum Wohnungstausch?

Hier wird es spannend, wenn das Recht auf Wohnungstausch gesetzlich verankert wird, ist das nicht automatisch hilfreich.

Steht dann im Mietvertrag etwa: „Der Vermieter akzeptiert, wenn der Mieter einen Tauschpartner benennt, diesen Wohnungstausch“, dann wäre das ja noch keine Garantie für preiswerte Mieten.

Stünde dort „bei gleichbleibenden Mietkonditionen“, also ohne Anpassung an die Preise für Neuvermietung, dann hieße das, der neue Mieter bekommt die gleichen Konditionen wie sie der Altmieter hatte. Das wäre vielleicht rechtlich möglich, hilft aber den älteren Menschen wenig, da sie meist bessere Konditionen als ihre Tauschpartner haben.

Die Festlegung „übernimmt der Vermieter die Konditionen des Mietvertrages des Tauschpartners“, kann der Gesetzgeber, meines Erachtens, nicht treffen. Wenn die Tauschpartner von verschiedenen Vermietern kommen, bedeutete dies einen Eingriff in die Wirtschaftlichkeit (Preisgestaltung) der Unternehmen.

Altverträge in den neuen Bundesländern

Das Problem besteht sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern. In den neuen Bundesländern zeigt es sich aber deutlicher, da dort ältere Menschen oft Mietverträge aus DDR-Zeiten haben. Das bedeutet, der Mietpreis für eine 4-Raum-Wohnung (70 m²) liegt deutlich unter dem einer 2-Raum-Wohnung ( 40 m²), die jüngere Menschen vielleicht vor 10 Jahren angemietet haben.

Das Hindernis für die Älteren beim Wohnungstausch ist, sie würden für eine kleinere Wohnung das Zwei- bis Dreifache des Mietpreises der größeren Wohnung zahlen. Da werden dann lieber zwei Zimmer nicht genutzt und man bleibt, wo man ist.

Belässt man den Mietpreis bei der zu tauschenden Wohnung, dann gibt es keine Motivation zum Umzug.

Mietkonditionen mitnehmen, ginge das?

Die Mitnahme der aktuellen Mietkonditionen der Mieter entzieht sich, meiner Meinung nach, dem Zugriff des Gesetzgebers.

Diese wäre nur freiwillig, innerhalb eines Unternehmens, möglich. Hier besteht die Möglichkeit einer kommunalen Regelung für die kommunalen Wohnungsunternehmen oder für Wohnungsgenossenschaften. Selbstverständlich geht das auch bei privaten Wohnungsunternehmen, wenn sie Interesse haben.

Was sagt der Mieterbund?

Der Deutsche Mieterbund hat sich am 19. April 2023 auch positioniert und fordert:
„Bundesjustizminister Buschmann könne Abhilfe schaffen, indem er einen Tauschanspruch zu den jeweils bestehenden Mietpreisen gesetzlich festschreibe.“

Wahrscheinlich wird das nicht in voller Gänze funktionieren.

Vermieter wollen mit bestimmen, wer in ihre Wohnungen zieht.

Ein so pauschal formuliertes Tauschrecht konterkariert die Absicht, dass unterbelegte große Wohnungen gegen überbelegte kleine Wohnungen getauscht werden. Es fordert den grundlosen Wohnungstausch.

Die „jeweils bestehenden Mietpreise“ beim Tausch zu garantieren, führt zu der oben geschilderten Situation („Gesetzliches Recht …“ Pkt. 2), dass ältere Menschen, die aus einer zu großen Wohnung ausziehen wollen, eventuell höhere Mieten bezahlen müssen. Das werden sie dann nicht tun.

Fazit: Eine allgemeingültige gesetzliche Regelung ist nicht einfach zu treffen. Bei aller Sympathie des Autors für die Intentionen, es wird wohl zuerst Regelungsbedarf für die kommunalen Wohnungsunternehmen geben. Der Rest ist, wenn auch unwahrscheinlich, nur auf freiwilliger Basis möglich.

Genossenschaften und private Vermieter können nicht so einfach zu einem Tauschanspruch der Mieter, zumal einem anbieterübergreifenden, verpflichtet werden. Es bleibt zu hoffen, dass nicht wieder mal ein Gesetz beschlossen, beklagt und zurückgenommen werden muss.

Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.

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