Die Bewirtschaftung des Leipziger Stadtwaldes hat sich in den letzten Jahren deutlich geändert. Dazu hat auch der Klimawandel erheblich beigetragen, denn die seit 2018 im Grunde andauernde Dürre mit ihrem fehlenden Wasserangebot hat viele Leipziger Baumbestände geschädigt – nicht nur Park- und Straßenbäume. Abgestorbene Bäume sieht man mittlerweile mitten im dicht bewachsenen Auwald. Gleichzeitig hat die Abteilung Stadtforsten frühere Bewirtschaftungsmaßnahmen wie die Anlage von Femeln deutlich zurückgefahren.

Was man auch an den ausgeschlagenen Festmetern Holz ablesen kann, die der Forstwirtschaftsplan 2024 der Stadt Leipzig ausweist. Wurden noch 2016 über 4.000 Festmeter Holz aus den Leipziger Wäldern geholt, waren es im Folgejahr noch 1.000 Festmeter. Dazu hatte auch die heftige Kritik an den großen Femeln geführt, die in die Auwaldbestände geschlagen wurden. 2018, im ersten Dürrejahr, waren es dann nur noch 232 Festmeter, obwohl die Entnahme von über 7.000 Festmetern geplant war, im Folgejahr sogar 11.000 Festmeter.

Das sind Zahlen, die sich so nicht mehr umsetzen lassen, ohne den Auwald nachhaltig zu schädigen. Stattdessen sind Leipzigs Förster eher damit beschäftigt, Bäume zur Wegesicherung zu fällen – entweder weil sie verdorrt sind und umzustürzen drohen oder weil sie unter Krankheiten leiden, die ihre Standfestigkeit beeinträchtigen.

Das Totholzkonzept wirkt

Dazu kam dann im Jahr 2021 noch ein Beschluss des Leipziger Stadtrates, nach dem das Holz nicht mehr in diesen Größenordnungen aus dem Wald geschafft werden sollte, auch dann nicht, wenn die Bäume abgestorben waren. Es ist das sogenannte „Totholzkonzept“, denn auch die abgestorbenen Bäume bieten Lebensraum für Tiere, Pilze und Insekten und fördern den Artenreichtum im Wald.

Die Diskussion um den veränderten Umgang gerade mit dem Auwald sorgte dafür, dass es 2020 auch keinen Forstwirtschaftsplan gab. Auch 2023 gab es keinen, nachdem die „geplanten“ Festmetermengen schon 2021 und 2022 deutlich zurückgegangen waren auf 3.000 bzw. 1.000 Festmeter, von denen wiederum nur rund 1.400 und 800 Festmeter erreicht wurden.

Das Totholz bleibt inzwischen im Wald. Foto: Ralf Julke
Das Totholz bleibt inzwischen im Wald. Foto: Ralf Julke

Im Grunde sind die Leipziger Stadtforste völlig ausgelastet damit, die Waldschäden einigermaßen zu bewältigen. Aber mit dem neuen Forstwirtschaftsplan versuchen sie nun, wieder an die Pläne anzuschließen, mit denen durch Neupflanzungen der Baumartenreichtum im Auwald gesichert werden soll.

Mit den Worten aus dem Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport: „Die Pflege und Förderung der jungen Waldbestände im Leipziger Stadtwald steht im Mittelpunkt des neuen Forstwirtschaftsplans. Dieser wurde jetzt von der Verwaltungsspitze für das aktuelle Forstjahr beschlossen und verfolgt das Ziel eines nachhaltigen und zukunftsfähigen Managements des Stadtwaldes.

Mit dem Forstwirtschaftsplan werden die forstlichen Pflegemaßnahmen für 2025 im Leipziger Stadtwald beschrieben, um die Umwelt-, Klima- und Erholungsfunktion des Stadtwaldes zu sichern. Der Schwerpunkt der forstlichen Pflegemaßnahmen liegt vor allem auf dem jungen Waldbestand.“

So soll im Naturschutzgebiet „Burgaue“ der Jungbestand gepflegt und durchforstet werden, um die Baumartenverteilung zugunsten der Zielbaumarten zu verbessern. An drei Standorten werden etwa 15 bis 25 Prozent der schwächeren und nicht auwaldtypischen Bäume entnommen, um den Konkurrenzdruck für heimische Arten zu mindern. Zu diesen nicht auwaldtypischen Bäume gehört vor allem der Bergahorn, der sich auf trockenen Böden pudelwohl fühlt und die an Auenflutungen gewöhnten Bäume verdrängt. Dies erfolgt unter anderem auch an den Waldorten „Viadukt Wahren“, „Paunsdorfer Wäldchen“, „Rosental“ und am BMW-Werk, so das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport.

Am Cospudener See wird der Wald umfangreicher umgebaut, erklärt da Dezernat. Hier sollen auf einer Fläche von 1,1 Hektar kranke Pappeln entnommen werden, um Platz zu schaffen für die nächste Waldgeneration aus Stieleiche, Winterlinde, Hainbuche und Roterle. Außerdem sollen auf fünf Flächen mit jeweils rund 0,3 Hektar im Rosenthal, in Lößnig/Dölitz sowie im Stötteritzer Wäldchen kranke Bäume gefällt und durch standortgerechte Arten wie Eiche und Vogelkirsche ersetzt werden. Das dabei entstehende Totholz verbleibt als wertvoller Lebensraum im Wald.

Die wichtige Rolle von Biotopbäumen

Die wichtigen Biotopbäume werden im Forstwirtschaftsbericht 2024 extra hervorgehoben: „Bei allen Bewirtschaftungsmaßnahmen im Leipziger Stadtwald wird darauf geachtet, dass Biotopbäume erhalten bleiben. Für eine stabile Waldentwicklung mit natürlicher Humusbildung wird möglichst viel abgestorbenes Holz im Wald belassen.

Die Erhöhung des Totholzanteils schafft vielfältige Strukturen sowie Licht-, Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse und erhöht somit die Vielfalt des Lebensraumes. Besonders wichtig ist stehendes Totholz, insbesondere von alten Stieleichen. Aus diesem Grund werden abgestorbene starke Bäume nicht gefällt, wenn dies nicht aus Gründen der Verkehrssicherung und/oder des Arbeitsschutzes notwendig ist.“

Um die Menge an Totholz im Bestand zukünftig erheblich zu erhöhen, wurde die „Handlungsrichtlinie zur Erzielung von Biotopbäumen und ökologisch ausreichenden Totholzmengen im Stadtwald des Leipziger Auwaldes“ entwickelt. Das sogenannte Biotopbaum- und Totholzkonzept wurde als Bestandteil des Forstwirtschaftsplanes 2021 am 25. März 2021 in der Ratsversammlung beschlossen (VII-DS 02132).

Dementsprechend werden z. B. Bäume ab einem Alter von 160 Jahren und ab einem in der Starkbaumkartierung definierten Brusthöhendurchmesser (z. B. Ahorn 60 cm, Esche 70 cm) grundsätzlich nicht gefällt.

Auch nach der Wegesicherung bleibt der Baumstam im Wald. Foto: Ralf Julke
Auch nach der Wegesicherung bleibt der Baumstam im Wald. Foto: Ralf Julke

Im Forstwirtschaftsplan 2024 geht das Umweltdezernat auch auf den Gerichtsbeschluss zu früheren Forstwirtschaftsplänen ein: „In Anbetracht des nahen planmäßigen Endes des Gültigkeitszeitraumes der aktuellen Forsteinrichtung zum 31.12.2023 müssen aus forstfachlicher Sicht neue Prämissen bei der Abarbeitung der noch offenen Planungen gesetzt werden.

Auch wenn die dem Walderhalt dienenden Altdurchforstungen, Femel-, Schirm- und Räumungshiebe entsprechend dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes (vom 9. Juni 2020) gebietsverwaltende Maßnahmen sind und demzufolge ohne FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden können, werden diese größtenteils auch 2024 zurückgestellt.“

Natürliche Femel nutzen

Auch das trug zum Rückgang der Einschläge bei. Und auch zum Überdenken der Femel-Praxis, wie der Forstwirtschaftsbericht ebenfalls erläutert: „Im Niederholz wird ein Femelloch angelegt. Entsprechend dem Biotopbaum- und Totholzkonzept sollen vordergründig zur Anlage von Femellöchern ‚natürliche‘ Ausfälle im Oberstand genutzt werden.

Im Niederholz in unmittelbarer Nähe zum Hinteren Rosental befindet sich eine Fläche, auf der nahezu alle Bäume im Oberstand (Bergahorn, Gewöhnliche Esche) abgestorben sind. Mittlerweile ist die Fläche von Bergahornverjüngung regelrecht zugewuchert. Die Naturverjüngung anderer Hartholzbaumarten, vor allem der Stieleiche, hat keine Chance sich zu etablieren.

Daher wird hier wie nachfolgend beschrieben vorgegangen: Aus Arbeitssicherheitsgründen müssen einige der abgestorbenen Bäume gefällt werden, das Totholz verbleibt zum größten Teil im Wald. Die Verjüngung des Bergahorns und Spitzahorns wird vor der Bepflanzung zurückgeschnitten. Vorhandene Naturverjüngung von Stieleiche und anderer hartholzauentypischen Baumarten mit einer Höhe von mehr als einem Meter (z. B. Esche, Winterlinde, Hainbuche) bleibt erhalten und wird gefördert.

Danach erfolgt eine Bepflanzung mit Stieleichen auf der ganzen Fläche unter Berücksichtigung der übernommenen Naturverjüngung. In den nächsten Jahren schließt sich eine sehr intensive Kulturpflege und anschließend eine Jungwuchspflege an. Die hier beschriebene Methode wird in den nächsten Jahrzehnten größtenteils die übliche Vorgehensweise zur Erhaltung und Erhöhung des Stieleichenanteils und des Anteils anderer Hartholzbaumarten (z. B. Winterlinde, Hainbuche, Wildapfel usw.) sein.“

Im Staditzwald und Rosental ist insbesondere der Bergahorn sehr dominant und muss zurückgedrängt werden, indem er zurückgeschnitten wird. Dafür werden auf zwei kleinen Flächen bereits aufgelaufene Vegetationsbestände entfernt, damit sich die Eiche etablieren kann. Diese Flächen werden in den kommenden Jahren kontinuierlich betreut, so das Umweltdezernat.

Der jährliche Forstwirtschaftsplan basiert auf dem Waldgesetz des Freistaates Sachsen und entsteht in einem abgestimmten Prozess, an dem anerkannte Naturschutzverbände sowie die Untere Naturschutzbehörde Leipzig beteiligt sind.

Weitere Informationen zu Stadtwald findet man unter www.leipzig.de/stadtwald

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Es gibt 2 Kommentare

“Dies erfolgt unter anderem auch an den Waldorten „Viadukt Wahren“, „Paunsdorfer Wäldchen“, „Rosenthal“ und am BMW-Werk, so das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport.” Da ist der Ort wohl mit der Dezernatsleitung verwechselt worden. Vermutlich soll nicht Dezernatsleiter Rosenthal durchforstet werden.

Die Aussage in dem Artikel „Auch wenn die dem Walderhalt dienenden Altdurchforstungen, Femel-, Schirm- und Räumungshiebe entsprechend dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes (vom 9. Juni 2020) gebietsverwaltende Maßnahmen sind und demzufolge ohne FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden können, werden diese größtenteils auch 2024 zurückgestellt.“ ist falsch, auch wenn die Stadtverwaltung mit der von ihr beauftragten Kanzlei dies unbegreiflicherweise anscheinend immer noch so behauptet. Aus der Entscheidung des OVG Bautzen vom 9. Juni 2020 ist sehr leicht herauszulesen, dass gerade diese stark in das Waldökosystem eingreifenden forstlichen Maßnahmen einer FFH-Verträglichkeitsuntersuchung zu unterziehen sind und lediglich einige Verkehrssicherungsmaßnahmen an der B2 nicht (es ist also genau umgekehrt).
Im Urteil des OVG heißt es wörtlich: „Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, es zu unterlassen, den Forstwirtschaftsplan 2018 zu vollziehen soweit dieser Sanitärhiebe, Femelhiebe/Femelungen, Schirmhiebe und Altdurchforstungen innerhalb des FFH-Gebiets “Leipziger Auensystem” und des Vogelschutzgebiets “Leipziger Auwald” vorsieht, bevor eine Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung unter Beteiligung des Antragstellers durchgeführt wurde. Ausgenommen hiervon sind die im Forstwirtschaftsplan 2018 in den Forstabteilungen 205, 206, 216, 217 und 218 des Reviers Connewitz vorgesehenen Sanitärhiebe im Umfang von jeweils 60 m beidseits der Wundtstraße (Bundesstraße B2) sowie im Umfang von 30 m östlich der Straße Neue Linie.“
Auch einige andere Passagen des Artikels sind sehr fragwürdig.
Der Grund, warum es 2020 und 2023 keine Forstwirtschaftspläne gab, lag v.a. daran, dass die Stadtverwaltung natürlich wusste, dass die o.g. eingriffsintensiven Maßnahmen illegal sein würden und beklagt würden (mit an Sicherheit grenzendem Erfolg). Die umfangreichen Verkehrssicherungsmaßnahmen mögen auch eine gewisse Rolle gespielt haben, m.E. jedoch nicht die entscheidende.
Das sog. Totholzkonzept hat natürlich nicht dazu geführt, dass der Totholzanteil so hoch ist, sondern die große Menge an anfallendem Totholz. Zahlreiche sog. Selbstwerber (die leider auch noch schlecht geschult sind) sind im Übrigen viel im Wald unterwegs, um Totholz aus dem Wald herauszuzerren, um es dann im eigenen Ofen zu verbrennen. Das mag zwar zulässig sein, aber mit Ökologie hat das nun wirklich nichts zu tun.
Die Maßnahmen im neuen FWP wären zu hinterfragen und zu bewerten. So haben alle erfolgten Durchforstungen (so in der Burgaue oder im Ratsholz) immer nur dazu geführt, den Anteil des Ahorns zu erhöhen (den man ja eigentlich nicht möchte…). Dies wird auch weiter so bleiben, bevor eine umfassende Revitalisierung der Aue – die diesen Namen verdient – erfolgt ist. Einige Jungdurchforstungen des FWP (die übrigens sehr teuer sind) erfolgen nur, um standardmäßig angelegte Baum-Monokulturen zur Holzerzeugung zu „erziehen“ (bei naturnahen ökologischen Konzepten wie z.B. in Lübeck braucht es solcher Durchforstungen nicht, was erstens ökolgisch viel besser ist und zweitens erhebliche Kosten einspart). Durch die Maßnahme am Viadukt Wahren soll ein alter, strukturreicher und ästhetisch schöner Waldbestand (auch wenn es sich hier um den Eschenahorn handelt) zerstört werden.
Insgesamt spiegelt der Artikel leider ziemlich unreflektiert die Ansichten der Forstverwaltung wieder. (Forst)Kritische Verbände wie NuKLA e.V. und die Grüne Liga Sachen wurden bei der Recherche zu dem Artikel leider offensichtlich nicht befragt (was ich aber für gute journalistische Arbeit wesentlich fände).

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