Den Neukieritzschern reicht es. Seit 2011 liegt der alte Standort der „Ökoland & Umweltservice“ auf dem Grundstück Glück-Auf-Straße 9 an der B 176 in Neukieritzsch/Ortsteil Lobstädt so da, wie er verlassen wurde. Riesige Abfallberge türmen sich. Der damalige Brand hatte schon für Furore gesorgt. Aber niemand scheint sich dafür verantwortlich zu fühlen, dass diese sichtlich illegalen Abfallberge verschwinden. Der Gemeinderat reagiert jetzt mit einem Offenen Brief.

In der Sitzung des Gemeinderates am Dienstag, 26. März, wurde im nicht öffentlichen Teil der Sitzung die Festlegung getroffen, den Brief zu veröffentlichen. Vorhergegangen waren mehrere Versuche, die Umweltbehörde des Landkreises Leipzig für das Thema zu sensibilisieren. Mittlerweile hat sich auch eine Bürgerinitiative gegründet, die sich gegen diese Missstände engagiert.

Noch immer lagern rund 5.000 Kubikmeter leicht brennbarer Abfälle auf dem Gelände. 2011 hatte Buchholz & Partner ein Gutachten zur Gefährlichkeit der Abfälle erstellt. Das Gutachten möchte der Gemeinderat auch gern einmal lesen. Volkmar Zschocke, dem umweltpolitischen Sprecher der Grünen im Landtag, wurde es im Herbst 2018, als er sich danach erkundigte, vorenthalten.

Thomas Schmidt, der zuständige Minister, erklärte zumindest: „Zur Beantwortung der Frage 2 der Kleinen Anfrage wird davon unabhängig mitgeteilt, dass am 1. Dezember 2011 zur Klärung der Art und Ausdehnung des Schadensbereiches eine Vor-Ort-Begehung sowie die gutachterliche Probenahme an Brandrückständen und die Analyse des Materials auf brandtypische Schadstoffe erfolgte. Das Gutachten kam darauf basierend zu dem Ergebnis, dass die Mischprobe ‚MP Brandrückstände‘ nur geringe Konzentrationen brandschadenstypischer Schadstoffe aufwies und das Ausgangsrisiko als gering zu bewerten war. Eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit durch einen direkten Kontakt mit Brandrückständen (basierend auf Prüfwerten nach Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung für Industrie- und Gewerbegrundstücke) bestand danach nicht, sodass im Ergebnis der Sachverhaltsanalyse keine Notwendigkeit für Sofortmaßnahmen zur Abwehr akuter Gefahren bestanden hatte.“

Was nichts daran ändert, dass diese Abfallberge dort ohne gesetzliche Grundlage liegen.

Dazu kommt, dass das sichtlich verwilderte Gelände in den letzten Jahren zum Unterschlupf zwielichtiger Nutzer wurde, was mehrmals einen Besuch der Polizei nötig machte.

Und während die Neukieritzscher die Nase voll haben von diesem wilden Ort, zuckte Thomas Schmidt nur mit den Schultern bei der Frage nach einer Beräumung: „Das ungenehmigte Abfalllager wird regelmäßig kontrolliert und überwacht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann eingeschätzt werden, dass vom Grundstück keine Gefahren ausgehen, die einen sofortigen Handlungsbedarf ergeben. Wie bereits zur Frage 2 ausgeführt, wurde durch das Landratsamt Leipzig ein Gutachten in Auftrag gegeben, um die Gefahren aus den Brandgeschehen einschätzen zu lassen.“

Die Gutachten dienen also nur zur Beruhigung der Behörden, hier nichts tun zu müssen. Verständlich, dass die Neukieritzscher diese Zustände nicht mehr bereit sind mitzutragen. Im Offenen Brief fordern sie eine ganze Reihe sehr konkreter Auskünfte zu diesen Missständen.

Im Offenen Brief an Landrat Henry Graichen schreibt der Gemeinderat: „Der Gemeinderat fordert Sie deshalb auf, endlich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu handeln und von Ihrer bisherigen Position ‚es besteht keine konkrete Gefahrenlage und damit kein dringender Handlungsbedarf‘ Abstand zu nehmen.“

Offener Brief des Gemeinderates der Gemeinde Neukieritzsch

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