Es gibt viele Wege, ein Wahlergebnis den eigenen Erwartungen anzupassen. Gerade, wenn man die Bedingungen für jede Wahl definieren kann. Die CDU in Sachsen hat schon seit mehreren Jahren die notwendigen Änderungen in den Wahlkreisen immer wieder verschoben. Jetzt sollen die Zuschnitte nach einem Kabinettsentwurf zwar verändert werden. Aber auf seltsame Weise, wie der Landesvorsitzende der Grünen, Volkmar Zschocke, findet.

Nach einer ersten Prüfung des an die Parteien zugesandten Kabinettentwurfs für die neuen Landtagswahlkreise kommt Volkmar Zschocke, der Landesvorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen Sachsen, zu dem Schluss: “Der Gesetzentwurf weicht schon auf den ersten Blick deutlich vom Bericht der neutralen Wahlkreiskommission ab. Insbesondere in den großen Städten ist offensichtlich, dass die Staatsregierung die Wahlkreise politisch zu Gunsten der CDU zuschneiden will.”

Besonders deutlich werde dies bei den Neuzuschnitten der Dresdner Wahlkreise nördlich der Elbe und im Leipziger Westen.

“Wahlkreise, in denen die CDU traditionell schlecht abschneidet, werden ohne nachvollziehbare Begründung um CDU-starke Gebiete erweitert. Zusammenhängende Gebiete werden dabei zerrissen, Stadtteilgrenzen missachtet. Offenbar sollen so die CDU-Direktmandate abgesichert werden”, schildert Zschocke, was aus den Papieren ersichtlich wird.

Das wurde auch in der Vergangenheit in Sachsen gern praktiziert. Selbst innerhalb Leipzigs sind die Wahlkreiszuschnitte für die Landtagswahl so, dass die eher von SPD, Linken und Grünen dominierten innerstädtischen Quartiere durch die CDU-Hochburgen am Stadtrand ausgeglichen werden. Was der CDU auch bei der letzten Landtagswahl fünf von sechs Direktmandaten in Leipzig ermöglichte. Einzige Ausnahme: der Wahlkreis 27 mit Grünau, Burghausen-Rückmarsdorf und Böhlitz-Ehrenberg, wo der Linke-Kandidat Dietmar Pellmann knapp die Nase vorn hatte.Rein statistisch hätten Leipzig nach all den Bevölkerungsgewinnen ab 2000 sogar sieben Direktmandate zugestanden. Doch das siebente Mandat ging an den Landkreis Nordsachsen verloren, mit dem sich Leipzig weiterhin den Wahlkreis 31 teilen musste. Das Mandat gewann der CDU-Mann Rolf Seidel, der im Landtag reine Politik für den Landkreis macht und für Leipzig eher selten bis nie in Erscheinung tritt.

Dass jetzt im Leipziger Westen an den Wahlkreisen neu justiert werden soll, hat wohl mit dem möglichen Wahlausgang der nächsten Landtagswahl in Sachsen im Sommer 2014 zu tun. Denn bislang zeigt sich die CDU mit einem Umfrageergebnis um 40 Prozent recht stabil. Dafür droht mehreren Parteien die 5-Prozent-Grenze: der FDP, die nach aktuellen Ergebnissen gerade auf 5 Prozent käme, den Piraten, die knapp drunter blieben und der NPD, die auf 2 Prozent abgerutscht ist.

Was sogar bedeuten könnte, dass die CDU mit 40 Prozent die absolute Mehrheit in Sachsen erobern könnte. Was jedes Direktmandat natürlich wertvoll macht.

“Derartige Pläne sind mit dem Ziel, eine demokratische und gleiche Wahl zu ermöglichen, nicht vereinbar. Hier wird versucht, die Macht der CDU über das Wahlgesetz abzusichern”, kritisiert Zschocke die neuen Zuschnittpläne. “Zudem würde der Landtag damit weiter aufgebläht. Denn wenn die Wahlkreise extra so geschnitten werden, um der CDU alle Direktmandate zu ermöglichen, führt dies zu mehr Überhangs- und Ausgleichsmandaten.”

“Sollte sich unser erster Eindruck nach weiterer eingehender Prüfung bestätigen, muss die Staatsregierung die Zuschnitte korrigieren”, meint Zschocke.Andererseits gesteht der Entwurf der deutlich gewachsenen Stadt Leipzig immerhin sieben Direktmandate in den Wahlkreisen 27 bis 33 zu. Die Teilung mit dem Landkreis Nordsachsen hat ein Ende. Im Leipziger Westen gibt es dann zwei Wahlkreise – einen, der im wesentlichen Leipzig-Südwest umfasst (ohne Grünau) und einen, der Alt-West als Schwerpunkt hat – plus Grünau.

Der Vorschlag der Wahlkreiskommission hatte einen Wahlbezirk 26 in Leipzig-Südwest gesehen – mit Lindenau, Leutzsch und Wahren. Im Wahlkreis 27 wären dafür Leipzig-West mit Grünau und verbleibende Teile von Alt-West gewesen – plus Burghausen und Böhlitz.

Insgesamt hat Sachsen dann 60 Direktmandate plus 60 weitere Mandate, die durch das Wahlergebnis bestimmt werden. Sollte es der CDU wieder gelingen, mehr Direktmandate zu erringen, als sie prozentual an Wählerstimmen bekommen hat, fängt wieder das Spiel mit den Überhangmandaten an.

Der Vorschlag der Wahlkreiskommission als PDF zum download.

Der Vorschlag der Landesregierung als PDF zum download.

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