Fünf Jahre zog es sich, machte das Wort Sachsensumpf immer weiter die Runde, standen zwei Leipziger Journalisten in Dresden vor Gericht. 2010 wurden sie noch wegen verleumdender und die Ehre verletzender Aussagen zu je 2.500 Euro Strafe verurteilt. Sie hatten offenbar sehr gründlich im sogenannten Sachsensumpf recherchiert, was zu Artikeln bei "Spiegel" und "Zeit" führte. Nun hat das Landgericht Dresden die 2010er Entscheidung verworfen.

Thomas Datt und Arndt Ginzel sind damit seit heute frei von Schuld und sofort mag man sich fragen, wer etwas davon hatte, dass die beiden Journalisten vier Jahre lang nicht mehr wirklich über das Thema des sogenannten Sachensumpfes berichten konnten.

Für Johannes Lichdi, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis90/Die Grünen und Obmann im 2. Untersuchungsausschusses des Sächsischen Landtages zumindest Grund genug über das nun verschwunde “Damoklesschwerte” über den Köpfen nicht nur der beiden Journalisten aufzuatmen.

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Das der heute mit einem Freispruch beendete Prozess eine größere Dimension für die gesamte Presse in Sachsen hatte, weiß Lichdi “Mehr als fünf Jahre nach den ersten Berichterstattungen um den ‘Sachsensumpf’ hat das Landgericht Dresden festgestellt, dass sich die Leipziger Journalisten Thomas Datt und Arndt Ginzel wegen ihrer Berichterstattungen nicht strafbar gemacht haben. Damit ist der Versuch der Staatsanwaltschaft Dresden gescheitert, Journalistinnen und Journalisten, die nicht ihrer Version der Staatsregierung vom Sachsensumpf als ‘heiße Luft’ teilen, mit strafrechtlichen Mitteln mundtot zu machen.”

Was natürlich wieder diejenigen in den Fokus rückt, die sich da so sehr bemühten, bei den Reportern strafbare Handlungen zu finden.

“Mit diesen Freisprüchen ist der Blick wieder frei auf die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Dresden vom April 2008, mit der sie faktisch die mit Vorwürfen belasteten Angehörige der sächsischen Justiz von jedem Verdacht freigesprochen hatten. Mittlerweile haben sich wesentliche Grundannahmen der Einstellungsverfügung als haltlos erwiesen.” so Lichdi weiter.

Hoffnung setzt der Grünen-Obmann dabei auf den nach wie vor tätigen Untersuchungsausschuss in Sachen “Sachsensumpf”. “Es wird Aufgabe des Untersuchungsausschusses sein, die Kenntnisse und Einflussnahmen der Sächsische Staatsregierung der Justiz auf die Staatsanwaltschaft Dresden offenzulegen.”

Die kleine Anfrage ‘Strafverfolgung gegen Journalisten im Zusammenhang mit der Aktenaffäre…’ (Drs. 4/13516) aus dem Jahre 2008 jedenfalls bekommt nun wieder Aktualität.

Und der Satz “alles heiße Luft” ebenso – wenn auch nun bezüglich der Verfolgung und der Vorwürfe gegen Journalisten.

Auch für Klaus Bartl, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke und zugleich Vorsitzender des entsprechenden Landtags-Untersuchungsausschusses sieht nun den Weg frei für eine weitere Aufklärung rings um das Verhalten der Staatsregierung auf das Verfolgungsverhalten der Staatsanwaltschaft Einfluss zu nehmen. Im Anschluss an das Urteil erklärte Bartl: “Ich begrüße das Urteil, das ich mit Respekt zur Kenntnis nehme. Umso auffallender ist, dass die Staatsanwaltschaft bis zuletzt knochenhart auf ihrer Position beharrt hat. Der Freispruch ist aber nicht nur erfreulich, wir fühlen uns nun weiter ermutigt, mögliche Einflussnahme der Staatsregierung auf das Verfolgungsverhalten der Staatsanwaltschaft im Untersuchungsausschuss aufzuklären. Dazu gibt insbesondere die im Prozess in Beweisanträgen zu Befangenheitsfragen vorgelegte Korrespondenz zwischen Staatsanwaltschaft und Justizministerium über die Möglichkeit der strafrechtlichen Verfolgung der Journalisten Anlass.”

Zum Krisenmanagement der Staatsregierung beim Versuch, die Akten- bzw. Korruptionsaffäre abzumoderieren, gehörte für ihn auch der Umgang mit kritischer Berichterstattung. Hier bestehe erheblicher Aufklärungsbedarf, dem nun der Untersuchungsausschuss unter seinem Vorsitz nachkommen werde.

Die kleine Anfrage aus dem Jahre 2008
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=13516&dok_art=Drs&leg_per=4&pos_dok=-1
Die 12. Strafkammer hat die angeklagten Journalisten heute freigesprochen. Sie waren vom Amtsgericht Dresden wegen übler Nachrede im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung über die “Sachsensumpf-Affäre” in erster Instanz verurteilt worden.

Die Berufungskammer hat einen Bericht als presserechtlich zulässig und damit nicht strafbar angesehen. Diese Berichterstattung wäre nach Prüfung durch einen erfahrenen Presserechtler auch als unvermeidbarer Verbotsirrtum entschuldigt.

Den weiteren Bericht hat die Kammer im Wesentlichen als zulässige Berichterstattung über einen bestehenden Verdacht bewertet. Gegen das Urteil ist für die Staatsanwaltschaft die Revision zum Oberlandesgericht Dresden möglich.

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