Wusste die SPD wirklich, was sie tat, als sie im Herbst eine Koalition mit der CDU einging? Denn damit trat sie ja das Erbe einer CDU/FDP-Koalition an, die 2009 beschlossen hatte, den sächsischen Verwaltungsapparat herunterzusparen. Kaputtzusparen, darf man sagen. Denn die damaligen Regierungsparteien hätten genauso gut wissen können wie die heutigen, dass die zu Grunde gelegten Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung nicht stimmten. Die Folgen - auch in der Justiz - tragen die Bürger.

Das ist nicht ganz neu. Auch der FDP-Justizminister Dr. Jügen Martens hatte schon mit einem überalterten Apparat zu kämpfen. Immerhin waren viele Richter 1990 schon im gestandenen Alter aus den westlichen Bundesländern geholt worden. Sie gehen jetzt reihenweise in Ruhestand. Doch für einen nachhaltigen Aufbau der jüngeren Nachrücker konnte auch Martens nicht sorgen. Das hat jetzt sein Nachfolger Sebastian Gemkow geerbt. Und er hat im Grunde dasselbe Problem wie die Ministerkollegen im Inneren oder im Kultus: Jetzt prügeln sich auch Sachsens Verwaltungen mit einer nach Fachkräften hungernden Wirtschaft um den rar gewordenen und gut ausgebildeten Nachwuchs.

Das bekommen die Bürger, die mit der sächsischen Justiz zu tun haben, zu spüren. Flott geht da schon lange nichts mehr.

“Die Dauer von Verfahren an sächsischen Verwaltungsgerichten sind zu lang.” Dies bemängelt Eva Jähnigen, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, nach Auswertung ihrer Kleinen Anfrage zu Verfahrensdauern an Sächsischen Gerichten. Die Dauer der Verwaltungsverfahren hat sich in den letzten Jahren von 18,6 auf 14,4 Monate zwar etwas verbessert. Doch damit liegt Sachsen im bundesweiten Vergleich immer noch nur auf Platz 15.

“Ist in Sachsen überhaupt noch ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet? Oder werden Menschen, die sich gegen staatliche Maßnahmen wenden wollen, von den langen Verfahrensdauern abgeschreckt?”, fragt sich nun Eva Jähnigen. “Fakt ist: Wer Rechtsschutz will, braucht in Sachsen einen langen Atem.”

Und sie befürchtet, dass sich die Situation in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen und die Dauer der Verfahren wieder länger wird.

Eva Jähnigen: “Die CDU/FDP-Regierung hatte 2010 einen Stellenabbau im Bereich der Justiz von über 1.000 Stellen bis 2025 geplant. Von diesem Stellenabbau ist die neue Regierung aus CDU und SPD bisher nicht abgerückt. Dieser Stellenabbau ist aber unverantwortlich, denn die Gewährung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz ist Kernaufgabe des Staates. – Hinzu kommt, dass die Justiz in den nächsten Jahren enorme Altersabgänge zu verkraften hat. Bis zum Jahr 2025 werden allein an den sächsischen Gerichten 329 Richter in den Altersruhestand gehen. Hier muss schnellstens entgegen gewirkt werden. Wir Grünen werden daher in den Haushaltsverhandlungen auf eine Erhöhung der Einstellungen bei Richtern und Staatsanwälten – von geplanten 36 auf 42 Stellen in zwei Jahren – drängen.”

Die Kleine Anfrage von Eva Jähnigen als pdf zum Download.

Die Anfrage von Johannis Lichdi aus dem Jahr 2010 als pdf zum Download.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

“Wusste die SPD wirklich, was sie tat, als sie im Herbst eine Koalition mit der CDU einging?”
Sie wusste es, ganz sicher – aber ihr Machthunger war größer als jeder Vernunft.
Leider.

Schreiben Sie einen Kommentar