Bestimmt sehnt nicht nur Sachsens Finanzminister Georg Unland (CDU) das Ende der ewigen Zahlungen für das gescheiterten Sachsen-LB-Abenteuer herbei. Knapp 1,5 Milliarden Euro hat es die sächsischen Steuerzahler schon gekostet. Da klang natürlich eine Botschaft aus der Bilanzpressekonferenz der LBBW vom 12. April ganz so, als könnte die Mühsal 2019 vorbei sein. Aber davon weiß man in Sachsen noch gar nichts.

Die Botschaft hatte Hans-Jörg Vetter, der Vorstandsvorsitzende der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), in seiner Rede zur Bilanzpressekonferenz mit untergebracht.

„Die Garantieprovision für den Risikoschirm des Landes Baden-Württemberg betrug 121 Millionen Euro. Der deutliche Rückgang geht auf den Verkauf des Garantieportfolios im Jahr 2014 zurück. Seitdem greift die Garantie nur noch für Kredite zur Finanzierung eines Investmentvehikels der früheren SachsenLB“, hatte er gesagt. Und dann noch eins draufgesetzt: „Allerdings wird sich dieses Thema spätestens 2019 erledigt haben, denn dann endet diese Transaktion.“

Die LBBW verwaltet seit 2008 das sogenannte Sealink Portfolio, in dem die risikoreichen Papiere aus dem Irland-Geschäft der Sachsen LB gesammelt waren. Mit 17,3 Milliarden Euro hatte dieses Geschäftsvolumen die Potenz der Landesbank bei Weitem überstiegen. Die „Welt“ schrieb 2007, als das überseeische Geschäftsmodell der Sachsen LB ins Rutschen kam und mit der LBBW binnen weniger Wochen ein tatkräftiger Retter gefunden werden musste: „Dauerhaft ausgenommen von einer Haftungsübernahme bleibt laut Vertrag allerdings die sogenannte Ormond Quay Struktur. Dabei handelt es sich um von der SachsenLB ausgegebene Papiere mit gebündelten US-Hypothekenkrediten. Für mögliche Verluste haften hierbei die Alteigentümer uneingeschränkt. Auf Anfrage bezifferte die Bank das aktuelle Volumen der Papiere (Ormond Quay, Eden Quay, Ellis Quay und Merchants Quay) auf 17,0 Mrd. Euro.“

Ganz so blieb es dann zwar nicht. Der Freistaat Sachsen übernahm die Garantie über 2,75 Milliarden Euro, nachdem vorher kurzzeitig von 4 Milliarden Euro die Rede war. Und seitdem verwaltet die LBBW diese irischen „Restbestände“, baut den Kreditberg aber auch systematisch ab. Das wurde in den vergangenen Geschäftsberichten der LBBW immer wieder sichtbar. Lagen 2008 noch 15 Milliarden Euro im Topf, waren es 2012 dann nur noch 8 Milliarden, 2014 dann 5,9 Milliarden.

Dass der Berg abgebaut werden konnte, liegt natürlich auch daran, dass nicht alle Papiere wirklich wertlos waren. Nur rund 3 bis 4 Milliarden galten seinerzeit als US-Subprime-Titel und waren vom Komplettausfall bedroht. Beim größeren Teil der Kredite war es eher eine Frage der Zeit, ob sie auf dem Markt weiterverkauft werden könnten, wenn sich die Lage für einzelne Titel entspannte.

Trotzdem zeigte sich das Sächsische Finanzministerium überrascht, als es von einem möglichen Ende des Engagements der LBBW für das Sachsen-LB-Finanzvehikel erfuhr.

„Zu Ihrer Anfrage kann ich mitteilen, dass der Freistaat Sachsen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Sachsen LB eine Höchstbetragsgarantie in Höhe von 2,75 Milliarden Euro zur Absicherung von Zahlungsausfällen aus Portfolien der Sachsen LB abgegeben hat. Die mögliche Inanspruchnahme aus der Garantie des Freistaates ist auf 2,75 Milliarden Euro begrenzt“, betont Pressesprecher Stephan Gößl. „Damit endet die Verpflichtung des Freistaats, er ist insbesondere nicht in der Pflicht, sich um das in diesem Fonds gesammelte Restausfallrisiko zu kümmern. Selbstverständlich prüft er aber laufend den jeweils aktuellen Sachverhalt, sowie alle Optionen, um die Inanspruchnahme aus der Höchstbetragsgarantie zu minimieren.“

Und Hans-Jörg Vetter hatte auch noch nicht angerufen, um die Rücknahme des Portfolios zu verhandeln. Gößl: „Eine Ankündigung der LBBW zur Fälligstellung der Zweckgesellschaft Sealink liegt uns nicht vor.“

Aber vonseiten der LBBW klang es geradeso, als würde die Rückübertragung sogar vertraglich gesichert sein.

„Im Jahr 2018 hat die LBBW das Recht, die Finanzierung der Zweckgesellschaft fällig zu stellen (sogenannter Clean-up-Call). Der Freistaat Sachen hat dann die Möglichkeit, eine Anschlussfinanzierung zu suchen, die Portfolien selbst zu übernehmen oder den Verkauf des Portfolios anzustoßen. Wenn der Clean-up-Call 2018 ausgeführt wurde, endet die Transaktion im Jahr 2019“, teilte die LBBW auf Nachfrage zum von Vetter genannten Zeitpunkt mit.

Die Vermutung: Es gibt einen entsprechenden Paragraphen in der 2007 unterschriebenen Grundlagenvereinbarung. Die ist geheim. Deswegen haben wir extra dazu nachgefragt. Aber darauf wollte das Sächsische Finanzministerium dann nicht anspringen.

Der eine ist sich also sicher, dass er das Portfolio an Sachsen zurückgeben kann, der andere beschwört die Garantiesumme von 2,75 Milliarden Euro.

Ist natürlich die mögliche Risikosumme noch interessant.

Die ist 2015 weiter abgeschmolzen, bestätigt die LBBW. Das Restvolumen in der Zweckgesellschaft Sealink betrug Ende 2015 noch 5,3 Milliarden Euro, nachdem es im Vorjahr noch 5,9 Milliarden gewesen war.

Bleibt immer noch die Frage nach dem von der LBBW ins Spiel gebrachten „Clean-up-Call“. Der ist nur möglich, wenn diese Möglichkeit auch vertraglich so vereinbart wurde. Dazu muss also etwas in der „Grundlagenvereinbarung“ stehen.

Bleibt es aber bei der vereinbarten Garantiesumme von 2,75 Milliarden Euro, dann wird Sachsen zumindest im Lauf der Zeit so langsam aus der Finanzierungslast herauskommen. 1,42 Milliarden Euro sind da schon abbezahlt, weitere 1,15 Milliarden sind im Garantiefonds zurückgelegt. Der Rest müsste noch aus den nächsten Haushalten abgezweigt werden.

Die Rede von Hans-Jörg Vetter zur LBBW-Finanzpressekonferenz am 12. April 2016.

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