Eigentlich kann man davon ausgehen, dass die Oppositionsfraktionen im Sächsischen Landtag wohl eine wunde Stelle erwischt haben mit ihren Anträgen, wenn postwendend gleich das Dementi der CDU folgt. So wie am Montag, 3. Juli, bei einem gemeinsamen Antrag von Grünen und Linken. Die halten den Sachsenforst nicht wirklich für geeignet, sich um die vier großen Schutzgebiete zu kümmern.

Das Problem ist ein besonders sächsisches. Denn 2008 hatte man in der Eingliederung der Großschutzgebiete in den Staatsbetrieb Sachsenforst eine jener cleveren Modernisierungsideen gesehen, die irgendwie zu versprechen schienen, die Dinge flüssiger, effizienter und personalsparender zu machen.

Nur war das deutschlandweit eine einmalige Idee. Ist es bis heute. Aus gutem Grund machen es alle anderen Bundesländer nicht so. Und zwei Anfragen von Dr. Jana Pinka, Abgeordnete der Linksfraktion, Anfang 2016 brachten das sehr ernüchternde Ergebnis, dass die notwendigen Pflegearbeiten in den Schutzgebieten stockten.

In einem gemeinsamen Gesetzentwurf (Drucksache 6/9993) plädieren die Linksfraktion und die Grünen-Fraktion nun dafür, die Verwaltung der Schutzgebiete in Sachsen neu zu organisieren. Künftig soll nicht mehr der Staatsbetrieb Sachsenforst, sondern das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie die Großschutzgebiete betreuen. Betroffen sind die Gebiete Nationalparkregion Sächsische Schweiz, das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sowie die Naturschutzgebiete Königsbrücker Heide und Gohrischheide sowie Elbniederterrasse Zeithain. Und damit 2,7 Prozent der Landesfläche.

Was dann der agrarpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Heinz, gleich mal abkanzelte. In einem geradezu forstmeisterlichen Ton: „Wir lehnen eine Änderung der Zuständigkeit für die sächsischen Großschutzgebiete ab. Der Staatsbetrieb Sachsenforst leistet in diesen Schutzgebieten eine hervorragende naturschutzfachliche Arbeit. Unsere Förster bringen Naturschutz und wirtschaftliche Nutzung seit jeher in Einklang. Damit werden die wertvollen Naturräume auch für ein breites Publikum erlebbar. Und Fakt ist: Vor allem die hier praktizierte Umweltbildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen wurde in den vergangenen Jahren mehrfach ausgezeichnet. Es ist schon bezeichnend, wie einfallslos die Antragsteller versuchen, das Sommerloch zu füllen. Mit uns wird es keine ‚links-grünen‘ Experimente für unsere Großschutzgebiete geben.“

Das ist schon ein ganzer Sack voll Regierungsarroganz, die einfach unterstellt, dass sich Grüne und Linke hier zu einem völlig überflüssigen Thema zusammengetan haben und gar nicht die Kompetenzen hätten, die Sache einschätzen zu können. Ist das jetzt wirklich der neue Umgangston im Sächsischen Landtag?

Dabei besteht seit 2012 ein begründeter Zweifel daran, dass der vor allem wirtschaftlich ausgerichtete Sachsenforst die richtige Institution ist, die Naturschutzgebiete zu betreuen.

Im Gesetzantrag von Grünen und Linken heißt es dazu: „Der Endbericht des Evaluierungskomitees zur Evaluierung des Nationalparks Sächsische Schweiz vom April 2012 spricht eine deutliche Sprache zugunsten der durch den vorliegenden Gesetzentwurf  vorgenommenen Neuausrichtung. Da die Nationalparkverwaltung nicht direkt der obersten Naturschutzbehörde unterstellt sei, fehle ihr eine wesentliche Grundvoraussetzung für ein effektives Schutzgebietsmanagement. In der Zuständigkeit des Staatsbetriebs Sachsenforst als Naturschutzfachbehörde sind nach Meinung der Sachverständigen keinerlei Stärken erkennbar. Die deutliche Kritik an den Rahmenbedingungen kann für die anderen drei großen Schutzgebiete in Sachsen gleichlautend interpretiert werden.“

„Großschutzgebiete sind überwiegend bewaldet, weshalb es nahe zu liegen scheint, sie durch einen Forstbetrieb verwalten zu lassen. Der seit 2008 beschrittene sächsische Sonderweg, den Staatsbetrieb Sachsenforst mit dieser Aufgabe zu betrauen, hat sich aber nicht bewährt“, erklärt Kathrin Kagelmann, Sprecherin der Linksfraktion für ländliche Räume.

Aber Wald ist eben nicht gleich Wald. „Denn der Forstbetrieb legt sein Hauptaugenmerk auf wirtschaftliche Erträge, weshalb naturschutzfachliche Erfordernisse auf der Strecke bleiben. Dementsprechend sind in den vier durch Sachsenforst verwalteten Großschutzgebieten erst zwischen 26 Prozent und 42 Prozent der nötigen Erhaltungsmaßnahmen beziehungsweise 25 Prozent und 64 Prozent der Entwicklungsmaßnahmen umgesetzt“, bezieht sie sich auf die beiden Anfragen von Jana Pinka.

„Das ist ernüchternd. Wir wollen, dass eine Naturschutzbehörde die Großschutzgebiete unter neuer Prioritätensetzung verwaltet“, sagt Kagelmann.

Und Wolfram Günther, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, erklärt zum Gesetzentwurf: „Der Zweck der Großschutzgebiete besteht darin, dass sich auf vergleichsweise großen Flächen Natur entwickeln soll. Mit zu berücksichtigen sind Erholungsinteressen der Menschen. Die wirtschaftliche Nutzung der Flächen hat sich dem absolut unterzuordnen. Es entspricht nationalen und internationalen Standards, dass entsprechend auch die Verwaltung dieser Gebiete im Bereich des Naturschutzes liegt. Sachsen hat mit seiner bundesweit einzigartigen Unterstellung der Großschutzgebiete unter den Landesforstwirtschaftsbetrieb eine genauso einzigartige Fehlsteuerung vorgenommen, die dringend korrigiert werden muss.“

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Keine Kommentare bisher

Klassische Bock=Gärtner-Situation. Da kann man ja auch gleich die Automobilindustrie mit der Überwachung der Abgasnormen und die Energiekonzerne mit dem allgemeinen Naturschutz beauftragen…

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