Auf dem Landesparteitag der SPD Sachsen am 21. Oktober hat der SPD Landesvorsitzende Martin Dulig in seiner Rede einen Initiativantrag des Landesvorstandes eingebracht. Darin geht es nicht nur um die Schlussfolgerungen aus der Bundestagswahl. Tatsächlich war es schon eine kleine Kampfansage an die dauerregierende CDU. Denn den von Stanislaw Tillich vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten will die SPD nicht bedingungslos mittragen.

Da kommt was zu auf Michael Kretschmer, der sich als bisheriger Generalsekretär der sächsischen CDU nicht unbedingt einen Namen gemacht hat als Befürworter eines anderen Politikstils, der in Sachsen eine andere politische Kultur ermöglichen würde. Und auch neue Ideen für Sachsens künftige Entwicklung kennt man von ihm nicht. Aber genau das will die SPD sehen, bevor im Dezember die Wahl des Ministerpräsidenten ansteht.

Oder mit Martin Duligs Worten: „Die Dominanz der CDU zerbröckelt – Kürzungsstrategien, Niedriglohnpolitik und eine Entpolitisierung der sächsischen Bevölkerung haben dem Land massiven Schaden zugefügt. Der Lehrermangel ist ebenso ein Ausdruck dessen, wie die massive gesellschaftliche Spaltung, die wir besonders in Sachsen beobachten. Spätestens jetzt wird in Sachsen deutlich, dass der Staatsabbau vergangener Jahre ein großer Fehler war.“

Logische Forderung von Duligs Seite: „Ich will Lösungen erarbeiten und dabei den ernsthaften Umsetzungswillen der CDU sehen, Dinge anders zu machen, besser zu machen. Ehrlich sein bei der Problemanalyse und große Herausforderungen gemeinsam anzupacken und nicht im Zweikampf zwischen einem Fachministerium und dem Finanzministerium unterzugehen. Das sind die Bedingungen für die Zustimmung zu einem MP-Kandidaten der CDU. Erst der Inhalt, dann die Wahl!“

Das heißt: Michael Kretschmer hat einen Monat Zeit, sich mit der SPD an den Tisch zu setzen und ein Lösungspaket für die drängendsten Probleme und Reparaturen zu erarbeiten, auf dem ab Dezember aufgebaut werden kann. Vorher bekommt er die SPD-Stimmen nicht als neuer Ministerpräsident.

Martin Duligs Rede komplett

„Die Bundestagswahl hat die politische Landschaft in Sachsen verändert. Der angekündigte Rücktritt von Stanislaw Tillich ist das Eingeständnis dafür, dass die CDU in zentralen Bereichen jahrelang die falsche Politik gemacht hat. Wir haben in Sachsen eine Vertrauenskrise, eine CDU-Krise, aber keine Koalitionskrise. Machen wir uns aber nichts vor: wir sind in der Gefahr, zum Kollateralschaden zu werden.

Heißt das aber, dass wir jetzt dem Personalvorschlag der CDU zur Wahl des Ministerpräsidenten bedingungslos zustimmen? Nein. Die entscheidende Frage ist doch, was aus den personellen Änderungen an der Spitze der CDU für inhaltliche Konsequenzen für die Regierungsarbeit und die Koalition gezogen werden. Darüber muss die CDU mit uns sprechen.

Das heißt grundsätzlich: es geht uns um einen anderen politischen Stil. Wir stehen vor so grundsätzlichen Herausforderungen, dass wir einen neuen Aufbruch für Sachsen brauchen. Diese Lösungen brauchen wir, darüber muss die CDU mit uns reden.

Ich will Lösungen erarbeiten und dabei den ernsthaften Umsetzungswillen der CDU sehen, Dinge anders zu machen, besser zu machen. Ehrlich sein bei der Problemanalyse und große Herausforderungen gemeinsam anzupacken und nicht im Zweikampf zwischen einem Fachministerium und dem Finanzministerium unterzugehen.

Das sind die Bedingungen für die Zustimmung zu einem MP-Kandidaten der CDU. Erst der Inhalt, dann die Wahl!

Die Dominanz der CDU zerbröckelt – Kürzungsstrategien, Niedriglohnpolitik und eine Entpolitisierung der sächsischen Bevölkerung haben dem Land massiven Schaden zugefügt. Der Lehrermangel ist ebenso ein Ausdruck dessen, wie die massive gesellschaftliche Spaltung, die wir besonders in Sachsen beobachten. Spätestens jetzt wird in Sachsen deutlich, dass der Staatsabbau vergangener Jahre ein großer Fehler war.

Die Herausforderung für uns besteht jetzt darin, dass wir die Modernisierungsbefürworter begeistern, für ein gerechtes, anständiges und innovatives Sachsen einzutreten. Es liegt aber auch an uns, die Interessen, Hoffnungen und Probleme der Modernisierungsskeptiker offen anzusprechen und Lösungen zu entwickeln. Die Lösung dieser Aufgaben beinhaltet die Existenzfrage der SPD im Bund. Sie ist auch eine zentrale Herausforderung der SPD Sachsen. Hier sind wir im Freistaat in der Vergangenheit schon einige wichtige Schritte gegangen und haben seit den letzten Landtagswahlen wichtige Themenschwerpunkte und Strategien erarbeitet, die auch auf Bundesebene Wirkung entfaltet haben.

Es geht um ein grundsätzliches Umsteuern in Sachsen. Wir brauchen eine neue politische Kultur, ein neues Denken, eine neue Herangehensweise an die Probleme in Sachsen.

Wir werden einfordern, die erforderlichen Maßnahmen anzugehen und der schädlichen Sparpolitik ein Ende zu bereiten. Zu lange wurde zu langsam auf Schieflagen reagiert, die sich bereits abzeichneten. Wir werden einfordern, dass die ganze Staatsregierung nun offensiv für faire Löhne, für Tariflöhne und Mitbestimmung wirbt und auch so handelt. Der Staat muss mit gutem Beispiel vorangehen, wenn er Aufträge vergibt.

Wir brauchen eine echte Bildungsoffensive für mehr Chancengleichheit in Sachsen, denn wir brauchen jede und jeden. Wir wollen Sachsen als Innovationsschmiede weiter ausbauen, um Arbeitsplätze zu sichern und so Menschen gleichzeitig eine Sicherheit zu geben.

Die SPD brauchte keine Bundestagswahl, um zu verstehen, dass ein ‚Weiterso‘ nicht gehen kann. Das ist unsere Grundauseinandersetzung mit der CDU der vergangenen Jahre und auch ein Grund, warum wir in diese Koalition gegangen sind. Trotzdem galt die Botschaft dieses Wahlergebnisses auch uns – auch uns wollten die sächsischen Wählerinnen und Wähler sagen, dass sie nicht zufrieden sind. Aber anstatt mit klarer Haltung gegen Rassisten, Hetzer und Menschenverachter aufzutreten, nimmt die CDU billigend in Kauf, dass diese gefährlichen und zerstörerischen Positionen relativiert und normalisiert werden. Wir aber stehen für ein anständiges Sachsen. Einen Rechtsschwenk der sächsischen Staatsregierung wird es mit uns nicht geben – dafür sorgen wir.

Die sozialdemokratische DNA ist der entscheidende Unterschied für den Erfolg der Regierung. Unsere Hand ist ausgestreckt, und sie bleibt auch ausgestreckt. Wir strecken sie aber nicht für einen Kurs aus, der dieses Land ins rechte Abseits führt.

Wir sind der stabile Faktor in der Regierung. Bei uns ist Sachsen in sicheren Händen. Wir sind der Unterschied.“

Die neue LZ Nr. 48 ist da: Zwischen Weiterso, Mut zum Wolf und der Frage nach der Zukunft der Demokratie

Zwischen Weiterso, Mut zum Wolf und der Frage nach der Zukunft der Demokratie

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Sollte mir hier tatsächlich vermittelt werden, dass die SPD “Bedingungen” stellt, ehe sie Herrn Kretschmer zum MP wählt!?
Das glaube ich kaum, das ist doch nur Parteitags-Rhetorik!

Was würde denn in letzter Konsequenz erfolgen – Neuwahlen … und diese wird sich gerade die SPD (aber auch die CDU) wohl kaum wünschen!

Denn die SPD hätte wohl das gleiche Schicksal zu erleiden, wie im Bund und die CDU hatte ja auch gerade ihr “Erdbeben”!

Also, beide werden ganz klar weiter machen und sich gegenseitig versichern, dass man ganz neu anfangen, und die Fehler beheben wird – und noch weitere hübsche Sprüche!

Dumm nur, dass diese Fehler so tiefgreifend sind und waren, dass sie sich nicht innerhalb kurzer Zeit beheben lassen!

Daher würden beide Koalitionspartner eher jede Kröte schlucken, als Neuwahlen zu riskieren (vielleicht das einzige Glück im Moment, da so eine noch größere AfD-Fraktion vorerst nicht befürchtet werden muss!).

Aber bis 2019 ist nicht viel Zeit – das werden beide Parteien noch zu spüren bekommen!

Schreiben Sie einen Kommentar