Es ist nur eins von vielen Themen die beleuchten, wie Sachsen mit den Menschen umgeht, die im Freistaat Asyl beantragen und dabei meist mehr Hilfe benötigen als nur ein Dach über dem Kopf. Gerade jene Menschen aus Kriegs- und Bürgerkriegsländern bringen einen Rucksack voll psychischen Belastungen mit. Aber kümmert sich die Landesregierung überhaupt darum? Oder verwahrt sie diese Menschen nur? Eine Ministerantwort verärgert jetzt die Grünen.

Der Landtagsabgeordnete Volkmar Zschocke (Grüne) zweifelt gar am Wahrheitsgehalt der Antwort von Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller (CDU) auf seine Kleine Anfrage zur Unterbringung und Versorgung von geflüchteten Menschen mit Behinderung in Sachsen.

Laut Wöller könne die Versorgung von Menschen mit Behinderungen „in jedem Fall bedarfsgerecht gewährleistet werden“.

„Diese vollmundige Antwort überzeugt mich nicht“, erklärt Volkmar Zschocke, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag. „Ich bezweifle, dass die pauschale Aussage des Innenministers tatsächlich zutrifft. Ehrenamtlich Engagierte und Fachkräfte in der Flüchtlingssozialarbeit berichten mir das Gegenteil.“

So werde beklagt, dass körperliche Einschränkungen in der Erstaufnahme kaum festgestellt werden. Psychische Erkrankungen und Traumata würden noch seltener diagnostiziert, obwohl die „Trauma Ambulanz Dresden“ davon ausgeht, dass bis zu 70 Prozent aller Asylsuchenden davon betroffen sind. Erschwerend komme hinzu, dass keine Erkenntnisse zu Art und Umfang asylsuchender und geduldeter Menschen mit Behinderungen vorliegen würden.

„Die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über die Mindestempfehlungen zu Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften greift aus meiner Sicht deutlich zu kurz. Asylsuchende mit Behinderungen haben in Deutschland Rechte vom ersten Tag an. Denn die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland ist rechtsverbindlich. Asylsuchende mit einer schweren Behinderung kann eine barrierefreie Wohnung zustehen, Menschen mit einer psychischen Erkrankung haben Anspruch auf dringend benötigte Medikamente, Asylsuchende mit körperlichen Behinderungen müssen Hilfsmittel, wie beispielsweise einen Rollstuhl, erhalten – und zwar nicht erst mit dem Asylbescheid. Einschränkungen über das Asylbewerberleistungsgesetz dürfen in diesen Fällen nicht geltend gemacht werden“, stellt Zschocke fest.

Das Problem beginnt schon, wenn Wöller antwortet: „Die Art der Behinderung wird im Rahmen der Erstuntersuchung oder im Rahmen der medizinischen Betreuung im jeweiligen Unterbringungsobjekt festgestellt. Der Grad der Behinderung wird nicht erfasst.“

Was schon verblüfft. Von einem sonderlichen Interesse der sächsischen Regierung für die krankheitlichen Belastungen der Asylsuchenden zeugt das nicht.

Und Wöller weiter: „Die für die Betreuung der in den Erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachten Personen zuständigen Mitarbeiter der Landesdirektion Sachsen führen einmal wöchentlich eine Sprechstunde in den jeweiligen Unterbringungsobjekten durch. Im Bedarfsfall können die Bewohner sich zu den vorhandenen Leistungsangeboten informieren und beraten lassen. Des Weiteren sind die Gesundheitsstationen in allen Unterbringungsobjekten Anlaufstellen für die untergebrachten Asylbewerber zur Beratung, medizinischen Versorgung und Vermittlung von Unterstützung und Hilfen. Durch die Betreiber wird zudem geschultes Personal, wie Sozialarbeiter und erforderlichenfalls Psychologen, vorgehalten.“

Also aus Ministersicht alles paletti. Aber in der Praxis möglicherweise zu wenig, wie Zschocke feststellt.

„Die Staatsregierung darf dieses wichtige Thema nicht weiter ignorieren. Es handelt sich um Menschen, denen aufgrund von Einschränkungen Unterstützung zusteht. Das Innenministerium, das Sozialministerium und das Integrationsministerium müssen zügig an einem Tisch zusammenkommen und nach Lösungen suchen, wie Menschen mit Behinderung im Asylverfahren ihren Rechten (laut UN-BRK) entsprechend untergebracht und versorgt werden können“, fordert Zschocke.

„Der Pflegedienstanbieter ‚SFZ CoWerk Chemnitz‘ als Sondereinrichtung zur Unterbringung von schwerkranken und pflegebedürftigen Asylbewerbern ist ein gutes Vorbild. Er reicht aber nicht aus. Sachsen braucht darüber hinaus eine Beratungs- und Koordinierungsstelle, die soziale Hilfe und Beratung für behinderte Geflüchtete und behinderte Menschen mit Migrationshintergrund gewährleistet.“

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