Es wären wirklich wirksame Sanktionen, wenn der Westen tatsächlich jedes Vermögen beschlagnahmen würde, das russische Oligarchen im Westen angelegt haben. Oder sollte man besser sagen: versteckt? Denn schon eine simple Nachfrage bei deutschen Landesregierungen landet im Nirwana. Auch die Oligarchen lachen sich scheckig über die Blindheit deutscher Finanzbehörden.

Auch die Sächsische Staatsregierung hat keinerlei Kenntnis darüber, ob russische Firmen oder Personen, die im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine auf der Sanktionsliste der EU stehen, in Sachsen Immobilien besitzen, an Immobilien in Sachsen beteiligt sind oder Verbindungen zu jenen unterhalten.

Das ergab eine Kleine Anfrage (Drucksache 7/9386) der wohnungspolitischen Sprecherin der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Juliane Nagel. Sie hatte nach Vorbild einer Initiative im Berliner Abgeordnetenhaus verschiedene Fragen zum Immobilienbesitz sanktionierter russischer Firmen oder Personen und der Handhabe des Freistaates Sachsen gestellt. Die Antworten fallen mehr als ernüchternd aus.

Zentrale Recherche in Grundbüchern zu aufwendig

Es geht schon damit los, dass die Grundbücher in Sachsen nicht zentral elektronisch ausgelesen werden können. Ganz zu schweigen davon, dass sie auch nicht auf dem neuesten Stand sein müssen. Und ob die sanktionierten Personen darin stehen, dürfte ebenso fraglich sein. Denn im Verschleiern der Besitzverhältnisse sind die Superreichen in dieser Welt erfahren.

„Die 25 sächsischen Grundbücher sind nicht elektronisch recherchierbar, möglicherweise nicht auf dem aktuellen Stand und der Aufwand der Abfrage zu groß, um sie mit den zum 21. März 2022 auf der Sanktionsliste der EU verzeichneten 893 natürlichen Personen und 65 Wirtschaftsunternehmen abzugleichen“, fasst Juliane Nagel zusammen, was sie aus der Antwort von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) erfahren hat.

„Die Staatsregierung gibt zudem zu, dass selbst mittels einer Zusatzrecherche über das Bundes-Transparenzregister keine Abbildung von Beteiligungsstrukturen hinter unmittelbaren Eigentumsstrukturen möglich wäre. Das ist ein Armutszeugnis und weist auf die mangelnde Transparenz bei Immobilieneigentümerstrukturen hin.“

Abschaffung der Vermögenssteuer – ein Geschenk für die Superreichen

Tatsächlich ist es ein Problem, das alle Bundesländer haben. Und zwar ganz besonders seit der Aussetzung der Vermögensteuer 1997 durch die Kohl-Regierung. Und das damals in einer Situation, in der die Länder dringend auf die kleinsten Einnahmen angewiesen waren.

1995 hatte das Bundesverfassungsgericht die Ausgestaltung der Vermögenssteuer nicht mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt. Aber nicht, weil den Reichen damit zu viel Geld abgenommen werden würde, sondern weil die unterschiedliche Bewertung von Immobilienvermögen und anderen Vermögen mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar war.

Aber statt eine Regelung nach dem Gleichheitsgrundsatz zu finden, ließ eine Bundesregierung nach der anderen das Gesetz schlummern.

Ergebnis: Die Finanzämter haben keine Informationen darüber, wem im Land eigentlich welche Immobilien gehören. Damit werden nicht nur Oligarchen verschont, sondern auch die tatsächlichen Vermögensverhältnisse vieler Superreicher geschont, die ihr Geld spätestens seit der Finanzkrise von 2008 zunehmend in Immobilien parken – und damit die Immobilienpreise in den großen Städten in die Höhe treiben. Und damit auch die Mieten.

Sachsen weiß von nichts

Aber ob ein Oligarch davon profitiert, wenn die Sachsen ihre Miete zahlen, kann Martin Dulig nicht sagen.

„Sachsen fehlen für die Durchsetzung von Sanktionen in diesem Bereich, wie dem Einfrieren oder der Beschlagnahmung von Vermögenswerten sowie dem Stopp von Geldflüssen in Immobilienprojekte die rechtlichen Kompetenzen – es kann lediglich Amtshilfe für Bundes- oder andere Behörden leisten“, geht Juliane Nagel auf das ein, was Sachsen zumindest beisteuern könnte, um an den Besitz reicher Putin-Freunde zu kommen.

„Es ist kein Geheimnis, dass russische Firmen und Personen in den letzten Jahren stark in den deutschen Immobilienmarkt investiert haben. Die Dimension dieser Investitionen bleibt verborgen, da es faktisch keine Transparenz über Eigentümerstrukturen und Unternehmensbeteiligungen im Immobilienbereich gibt. Zudem bleiben die Eigentümer meist anonym und agieren über verschleierte Eigentumskonstruktionen. Daran hat auch das Transparenzregister des Bundes nichts geändert.“

Da kann man dann nur mutmaßen, ob auch in etlichen sächsischen Immobilien russisches Geld steckt, schön versteckt, damit weder der eigentliche Besitzer namhaft wird, noch mögliche Beschlagnahmungen greifen. Und die deutsche Politik hat diese Verschleierung seit 25 Jahren geradezu befördert und den Fiskus geradezu zahnlos gemacht – nicht nur, was russisches Oligarchen-Besitztum betrifft.

Intransparenz macht illegale Geldflüsse erst möglich

„Aufgrund der Intransparenz kann auch Sachsen zum Zielort unkontrollierter Geldflüsse aus autoritären Regimen und anderen dubiosen Quellen werden. Das ist angesichts der Notwendigkeit strikter Sanktionen vor allem gegen russische Oligarchen und mit Putins Regime verbundenen Unternehmen besonders skandalös“, findet Juliane Nagel.

„Es braucht dringend verbesserte Ermittlungskapazitäten und mehr Transparenz, um wirksam gegen Geldwäsche und dubiose Verflechtungen vorgehen sowie Sanktionen umsetzen zu können. Ein wichtiger Schritt wäre eine verwaltungsseitige Verknüpfung von Grundbüchern, Handels- und Transparenzregistern durch den Bund. Doch auch Sachsen könnte mit einem eigenen Miet- und Wohnkataster vorangehen, das nach dem Vorbild der Planungen des Landes Berlin umfassende Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten bzw. natürlichen Personen enthalten sollte.“

Und eine Bundesregierung könnte die Vermögensteuer wieder einführen, selbst dann, wenn sie nur geringe Steuersätze beinhaltet, weil sich so schnell nicht klären lässt, was denn nun dem Gleichheitsgrundsatz genügen würde. Denn die Informationen, die die Finanzämter damit bekämen, wären genauso wertvoll. Ganz zu schweigen davon, dass das Land überhaupt erst einmal erfahren würde, welche Vermögen eigentlich in Beton aufgehäuft wurden.

Angaben des Netzwerks Steuergerechtigkeit zufolge belaufen sich die Off-Shore-Vermögenswerte russischer Staatsbürger weltweit auf rund eine Billion Euro. In Deutschland werden entsprechende Werte auf 20 bis 50 Milliarden Euro geschätzt – darunter Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Yachten und Kunstwerke. Ob darunter auch sächsische Vermögenswerte sind, könnte nur ein zentrales Register zeigen.

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