Als im Sommer 2022 große Waldflächen in der Sächsischen Schweiz in Brand gerieten, waren sofort die Stimmen laut geworden, die die verheerenden Brände auf das im Wald belassene Totholz zurückführten und damit von der Dürre als direkter Klimawandelfolge ablenkten. Direkt damit verbunden waren Forderungen nach der Abschaffung des Nationalpark-Status. Aber das Totholz im Nationalpark Sächsische Schweiz hat nicht zu einer verstärkten flächigen Ausbreitung des Brandes beigetragen.

In klein dimensionierter Form wie beispielsweise Reisig hat es im Sommer 2022 jedoch dazu geführt, dass Bodenfeuer länger anhielten. Dies sind wesentliche Ergebnisse eines Gutachtens von Prof. Dr. Michael Müller, Professor für Waldschutz an der TU Dresden. Das Gutachten wurde am Dienstag, dem 31. Januar, in Dresden vorgestellt.

Das Gutachten findet man hier.

Zudem waren die für Rettung und Brandbekämpfung ausgewiesenen Wege weitgehend ohne Hindernisse und benutzbar. Lediglich am Großen Zschand war ein Weg planmäßig gesperrt. Hierfür war jedoch ein Alternativweg ausgewiesen. Zusammenfassend stellt das Gutachten fest, dass sich unter gleichen Bedingungen Brandverläufe im Nationalpark und in bewirtschafteten Wäldern nur wenig unterscheiden würden.

Der Natur eine Chance geben

Sachsens Umwelt- und Forstminister Wolfram Günther (Grüne) erklärte am Dienstag zu diesem Befund: „Wir haben im letzten Sommer im Nationalpark schwer zu bekämpfende Feuer erlebt. Tagelang waren Hunderte Feuerwehrleute mit Helikoptern und Technik in einem kräfteraubenden Einsatz. Parallel dazu entstand sehr schnell eine Diskussion über Totholz. Hier war Versachlichung dringend nötig.

Deshalb haben wir im Kabinett beschlossen, insbesondere den Brandverlauf und den Einfluss von Totholz wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Das Gutachten zeigt: Totholz hat nicht dazu beigetragen, dass sich das Feuer verstärkt ausbreiten konnte. Das Gutachten stärkt die sachliche Aufarbeitung des Waldbrands im Nationalpark.

Es ging und geht darum, Menschen, Natur und Sachwerte zu schützen, aus Erfahrungen zu lernen und, wo nötig, im Sinne von Brandschutz und Waldbrandprävention zu handeln. Darüber hinaus gilt im Nationalpark, die Natur Natur sein zu lassen. Das ist die Basis nicht für den Naturschutz, sondern auch für nachhaltigen Tourismus und die Entwicklung der Gemeinden.

Davon profitieren die Menschen vor Ort. Wir werden das Gutachten weiter auswerten und es insbesondere in unserer Waldbrandschutzkonzeption für den Nationalpark berücksichtigen. Und wir werden weiter sensibilisieren. Denn so gut wie alle Waldbrände bei uns werden durch Menschen verursacht.“

Der Minister verwies außerdem darauf, dass die Brände durch die Nationalparkwacht frühzeitig erkannt worden seien. Es mache sich auch mit Blick auf den Brandschutz bezahlt, dass die Nationalparkverwaltung hier das Personal aufgestockt habe. Darüber hinaus habe das SMEKUL bereits vor den Bränden im Sommer 2022 die finanzielle Unterstützung zugesagt, im Nationalpark sieben Löschwasserzisternen anzulegen.

Gutachten wird Grundlage für das Waldbrandschutzkonzept

Mit Beschluss des Kabinetts vom 23. August 2022 wurde das sächsische Umweltministerium beauftragt, bis Ende 2022 und „unter Nutzung wissenschaftlicher Expertise auszuwerten, ob und inwieweit das Brandgeschehen im Nationalpark durch Totholz beeinflusst wurde und ob signifikante Unterschiede zu Brandverläufen im Wirtschaftswald festgestellt werden können“. Im Auftrag des Ministeriums hat der Staatsbetrieb Sachsenforst die Erstellung des Gutachtens vergeben. Unabhängig davon ist die Arbeit der Waldbrandkommission zu betrachten. Die Kommission nutzt wiederum das Waldbrandgutachten von Prof. Dr. Müller.

Derzeit erstellt das Umweltministerium in Abstimmung mit den Brand- und Katastrophenschutzbehörden und in Abstimmung mit der Entwicklungskommission des Landkreises ein Waldbrandschutzkonzept für den Nationalpark. Auch hier wird unter anderem das vorgestellte Gutachten berücksichtigt.

Denn mit fortschreitender Klimaerwärmung und zunehmenden Niederschlagsdefiziten ist auch in sächsischen Wäldern häufiger mit Bränden zu rechnen. Auch in Wirtschaftswäldern. Und das wieder hat oft mit dem Plantagencharakter dieser Wälder zu tun und mit dem hohen Bestand an Fichten und Kiefern, die auch für sächsische Mittelgebirgslagen nicht typisch sind.

Weshalb sich Sachsens Wälder deutlich stärker ändern müssen, wie Wolfram Günther im Zusammenhang mit dem alarmierenden Waldzustandsbericht für 2022 erklärte: „Nur wenn wir Naturschutz, Bodenschutz und Waldnutzung zusammendenken, werden wir das Ökosystem Wald insgesamt ausreichend gegen die Klimakrise härten können. Wir intensivieren damit konsequent unsere Anstrengungen im Staatswald für den klimastabilen, artenreichen Wald der Zukunft.“

Es sind die künstlich geschaffenen Plantagenwälder, die besonders anfällig für Trockenheit und Schadbefall sind. Und damit letztlich für die heftigen Brände, wie sie im Sommer 2022 zu erleben waren. Der Nationalpark Sächsische Schweiz ist ja auch längst noch kein stabiler Mischwald.

Hier die Fehler aus 300 Jahren Forstwirtschaft zu korrigieren und die Wälder langfristig wieder stabil zu machen, wird Generationen dauern. Und nichts wäre dafür nachteiliger, als den strengen Schutzstatus Nationalpark wieder abzuschaffen, wie das einige Anrainer sofort gefordert hatten.

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Nationalparkverwaltung, der Professor aus Dresden und Sachsen Umweltministerium wissen aber schon, dass sie damit dem größten Experten (von allem) widersprechen. Donald Trump erklärte angesichts der Waldbrände 2020 in Kalifornien: “They’re starting again in California. I said, you gotta clean your floors, you gotta clean your forests – there are many, many years of leaves and broken trees and they’re like, like, so flammable, you touch them and it goes up.” Das werden sich die hier leider nicht näher genannten “Stimmen” wohl auch gedacht haben…

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