Der 1. FC Lokomotive verzichtet auch mit dem Start der neuen Saison weiter auf rechtsextreme Ultras. Das Auftrittsverbot gegen die Gruppe "Scenario" hat der Oberligist auf unbestimmte Zeit verlängert. Hausverbote gegen einzelne Mitglieder haben weiterhin Bestand. Mittlerweile hat sich im Vereinsumfeld eine neue Ultra-Gruppe gegründet. Die "Ultras Fankurve 1966" positionieren sich öffentlich gegen Diskriminierung und menschenverachtendes Gedankengut.

“Jegliche Formen von Diskriminierung und sonstigem menschenverachtendem Gedankengut haben in unseren Reihen definitiv keinen Platz”, schreibt die neuen Lok-Ultras auf ihrer Homepage. Zum Leitbild der Gruppe zähle eine bunte Fankultur, die aufzeigt, was Lokkenner schn lange wissen: Dass Lok Leipzig und seine Anhängerschaft bedeutend vielschichtiger ist, als es vorherrschende Stereotype oftmals ahnen lassen würden. Denn ein Außenbild, einmal erworben, ist hartnäckig und hatte sich auch bei Lok über Jahre verfestigen können.

Immer wieder machten extreme Lok-Fans durch Gewalt und rechtsextreme Ausfälle von sich reden. Der sächsische Verfassungsschutz erwähnt in seinen Berichten regelmäßig die “Blue Caps Le” und “Scenario Lok”. Letztgenannte Ultra-Gruppierung nahm lange Zeit eine Scharnierfunktion zwischen organisiertem Neonazi-Milieu und Lok-Fanszene ein. Einige Mitglieder waren an spielfreien Tagen folgerichtig auf Nazi-Aufmärschen anzutreffen. Einer der früherer “Anführer” ist bis heute in ein rechtsextremes Geschäftsnetzwerk involviert.

Im Sommer 2013 griff der damals neu gewählte Lok-Vorstand hart durch. Den Anlass lieferten die Ultras selbst. Die Gruppe hatten gemeinsam mit befreundeten Fans des Halleschen FC im Rahmen einer Choreografie “25 Jahre Fußballkrawalle” gefeiert und vor der historischen und brandgefährdeten Holztribüne Pyrotechnik abgebrannt. “Scenario” ist seitdem in Probstheida nicht mehr erwünscht. Ein Teil der Mitglieder darf als Einzelpersonen erscheinen, muss aber seine Gruppen-Embleme zu Hause lassen. Ausgewählten “Scenario”-Anhängern erteilte der Club allerdings Hausverbot.

In Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt und der Polizei erarbeitete der Lok-Vorstand eine Stadionordnung, die allen Besuchern das Tragen rechter Symbolik untersagt. Dazu zählen auch bei Rechtsextremen beliebte Bekleidungsmarken wie “Thor Steinar”.

Am Freitag sahen rund 3.000 Zuschauer im Bruno-Plache-Stadion zum Saisonauftakt zwar nur ein torloses Remis gegen Mitfavorit SSV Markranstädt. Doch Besucherzahl und Dtimmung ging bei Lok seit dem Rauswurf der “Scenarios” nicht etwa nach unten, sondern wuchsen im Gegenteil während der dramatischen Aufholjagd in der Rückrunnde der letzten Saison immer weiter an. Auch am Freitag herrschte mehr Furor im Stadion, als bei manchem Regionalliga-Spiel. Die Zuschauerzahl war für einen Oberligisten erneut erstaunlich.

Doch noch wollen sich die verbannten “Scenario”-Anhänger offenbar nicht geschlagen geben. Unbekannte drangen in der Nacht vor dem Spiel ins Stadion ein, beschmierten die Anzeigetafel mit einem “Scenario”-Graffiti und zerstachen die Reifen zweier Autos. Die Verantwortlichen des Vereins möchten sich zu dem Thema derzeit nicht äußern. Die Polizei ermittelt.

Zu den neuen Ultras beim 1. FC Lok

www.fk1966.de

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