„Septembren“ beschreibt – an einem namenlosen Ort – den Weg eines namenlosen Kindes, das aufwacht, über seine vermeintlich schlafenden Brüder hinwegsteigt, durch die kriegszerstörte Stadt auf einen Hügel. Erinnerung drängt es voran: Bomben, Zerstörung, Verwüstung, Tod – und auf den Rückweg begibt es sich als junger Mann – ins Zimmer seiner toten Schwester (dabei über seine toten Brüder hinwegsteigend), um sich den Sprengstoffgürtel anzulegen und erneut loszuziehen. Ein einziger Tag katapultiert es aus der Kindheit ins Erwachsenendasein: Der Weg führt zu den toten Brüdern und Schwestern.

Die starke, poetisch-erzählerische Sprache nimmt sich dem Prozess der Erinnerung, des Traumas an – es wird kein konkreter Fall, vielmehr ein symptomatischer Prozess beschrieben, die Eskalation einer Zwangslage in die radikale Entscheidung. Die Sprache ist dicht: mäandernde Sätze öffnen Bezüge, zahlreiche Bilder und Metaphern entranken dem Text. Ein Theater, das sich der Stimme, des Klanges, des Rhythmus’, des Wortes (immer wieder) vergewissern muss.

Der Titel „Septembren“ zeigt den größeren Rahmen und reicht vom Aufstand der Palästinenser im September 1970 in Jordanien („Schwarzer September“) bis zum 11. September 2001, nach dem die Terrorismusdebatte vor anderem Hintergrund geführt wurde. Es gibt nur wenig Stücke, die es wagen, sich in die Kernzonen der Konflikte zu begeben, in Tabu- und Schweigezonen, ohne die Befangenheit des Blick zu entschuldigen, zu moralisieren, zu verharmlosen, zu ideologisieren: „Septembren“ gehört dazu.

(Originaltitel: „Septembres“, aus dem Französischen von Kristin Schulz)

Freitag, 17. und Samstag, 18. Februar, jeweils 20 Uhr im Ballsaal der Schaubühne

Vorverkauf in der Schaubühne, an allen bekannten VVK-Stellen und über www.schaubuehne.com: 15 / 12 (ermäßigt) Euro Abendkasse: 15 / 12 (ermäßigt) / 8 (Studenten) Euro.

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