100 Jahre sind schnell herum. Erst recht, wenn dabei mehrere fulminante Weltereignisse überirdisch über einen eigentlich beschaulichen Ort wie den Fasskeller in Auerbachs Keller hinwegrauschten: 1. Weltkrieg, Revolution, Weltwirtschaftskrise, NS-Zeit, 2. Weltkrieg, Befreiung, SBZ, DDR, Friedliche Revolution ... das ganze wilde 20. Jahrhundert. 2013 hat Auerbachs Keller sein Hundertjähriges gefeiert.

Eigentlich ist er ja schon über 450 Jahre alt – aber 1913 gab ihm der Kofferfabrikant Anton Mädler erst den richtigen Pfiff, als er die mittelalterlichen Tonnengewölbe in seine heute weltberühmte Mädlerpassage einfügte. Zahlreiche Gemälde und Wandmalereien hatten den Keller schon vorher zu einer Stätte der gepflegten Leipziger Tradition gemacht. Darunter etwa die Wandgemälde von Heinrich Bey von 1867. Aber 1913 gab es dann noch eine Extra-Ausmalung, kamen die Deckengemälde im Fasskeller samt dem berühmten Hängeleuchter von Max Stolz und der Skulpturengruppe mit Faust und Studenten oben in der Mädlerpasage hinzu.

Aber an den Deckengemälden nagte nicht nur der Zahn der Zeit.

Um diese für die Nachwelt zu erhalten, sind derzeit drei Restauratoren im Fasskeller fleißig bei der Arbeit. Sie sichern geschädigte Bereiche der Ausmalungen und kartieren die Schäden. Damit sollen die Umfänge einer künftigen Restaurierung abgeschätzt und weitere Maßnahmen geplant werden.

Bei ihrer Aufgabe haben Dr. Arnulf Dähne, Oliver Tietze und Paula Sowa gleich mit mehreren Schwierigkeiten zu kämpfen: Die großen Leinwandgemälde wurden 1913 direkt auf den Kalk-Putz des Kellergewölbes aufgetragen und mit dekorativer Wandmalerei umrahmt. Die massive Gewölberekonstruktion ermöglicht es nicht, hinter die Bilder zu schauen. Die Malereien haben in der Vergangenheit schon mehrfach restauratorische Eingriffe erfordert. Dabei wurden sie teilweise auch verändert. Problematisch ist, dass für viele dieser Arbeiten keine Dokumentationen existieren. Angeblich befand der ehemalige Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht, dass die Bilder zu düster seien und ließ den Hintergrund kurzerhand mit weißer Farbe überstreichen.”Die größten Schäden entstanden jedoch durch Versalzung aufgrund von Wassereinbrüchen, Erschütterungen durch die darüber liegende Mädler-Passage sowie die Verschmutzung mit Nikotin, Dunst und Staub”, erklärt Diplomrestaurator Dr. Dähne. “Durch auskristallisierende Mauersalze kommt es stellenweise zum Ablösen der Bilder vom Untergrund.”

Die aktuelle Restaurierung ist nur der erste Schritt: Sie dient der Bestandsaufnahme und Notsicherung der Schäden. Im Anschluss wird ein Konzept für die Gesamtrestaurierung entwickelt werden. Diese ist für die nächsten ein bis zwei Jahre geplant. Parallel zu den aktuellen Arbeiten werden auch klimatechnische Messungen durchgeführt. “Die Ergebnisse nutzen wir, um in Zukunft ein bestmögliches Restaurations-Ergebnis zu erzielen”, so Dr. Dähne.

www.auerbachs-keller-leipzig.de

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