Das Ende für die Schlecker-Drogeriemärkte ist der Anfang hektischer Betriebsamkeit bei den Betriebsräten. Die sehen sich nach der Entlassung der Mitarbeiter mit einer Reihe von Problemen konfrontiert. Deshalb wollen sich die Schlecker-Betriebsräte der Regionen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen morgen um 11 Uhr im Dresdner Gewerkschaftshaus treffen. Eine der Kernforderungen: Geld für einen Sonderfonds.

“In der aktuellen Situation gibt es unzählige Themen, über die sich die Betriebsrätinnen austauschen werden. Im Mittelpunkt der Tagung wird die Frage stehen, wie der Forderung nach Unterstützung durch die Politik Nachdruck verliehen werden kann. Rund 1.500 Frauen werden in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen noch in diesem Monat ihren Arbeitsplatz bei Schlecker verlieren. Diese Frauen dürfen nicht einfach ihrem Schicksal überlassen werden”, so ver.di Fachbereichsleiter für den Handel, Jörg Lauenroth-Mago. “Wir brauchen einen Sonderfonds bei der Agentur für Arbeit oder Geld für Transfergesellschaften, um den Schlecker-Frauen Zeit zu geben, sich neu zu orientieren.

Die meisten sind 20 Jahre dabei, müssen die Läden ausräumen, die sie selbst eingeräumt haben. Das ist eine besondere Situation, die besondere Maßnahmen erfordert”, so Lauenroth-Mago. “Hier darf sich die Politik nicht einfach wegducken!” Die über 50 Betriebsrätinnen werden sich ab 11 h im Gewerkschaftshaus Dresden, Schützenplatz 14, 01067 Dresden, im Saal der 6. Etage treffen. Dabei ist u.a. auch ver.di Landeschef Thomas Voss, Vertreter der Landtagsparteien und des DGB. Eines der Paradoxen dieses ganzen Prozesses sind die rund 4.500 Kündigungsschutzklagen, die Mitarbeiter von Schlecker auch mit Hilfe von ver.di eingereicht hatten. Hartnäckig hält sich die Behauptung, dass auch gerade diese Kündigungsschutzklagen dazu beigetragen hätten, dass man sich auf der Gläubigerversammlung wegen des hohen finanziellen Risikos, das mit diesen Klagen einhergeht, für das Aus der Drogeriemarktkette entschlossen habe.

Also hätten damit genau die Mitarbeiter, die im März entlassen worden waren, dazu beigetragen, dass nun auch der Rest der Kollegen den Gang zur Arbeitsagentur antreten müssen. Denn nach Paragraf 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches muss derjenige, der eine Firma kauft, auch deren Mitarbeiter übernehmen. Folglich ist er per Gesetz verpflichtet, sich auch mit den Kündigungsklagen auseinandersetzen. Diese aber können sehr teuer werden, wie man sich bei einer Zahl von 4.500 Klagen leicht ausrechnen kann. Hinzu kommt, dass ausgerechnet ver.di mit seinen Kampagnen gegen die Arbeitsbedingungen bei Schlecker dafür gesorgt hat, das Image der Drogeriemärkte in der Öffentlichkeit und somit bei den Kunden schwer zu beschädigen.

Das führte dazu, dass letztendlich die Kunden den Märkten aus Protest fernblieben. Wieder ein Paradoxon. Denn eigentlich wollten die Kunden damit auch gegen die katastrophalen Zustände protestierten und sich somit für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Schlecker-Mitarbeiter engagieren. Das Gegenteil wurde insofern damit erreicht, weil durch das Fernbleiben der Kunden die Drogeriemarktkette noch tiefer in die roten Zahlen und letztendlich in die Pleite rutschte. Wie immer hängt auch hier alles mit allem zusammen. Letztendlich bleibt ein unüberschaubarer Trümmerhaufen mit ebenso unüberschaubaren Folgen.

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