Mit einem verblüffenden Ergebnis endete jetzt eine Regionale Umfrage der IHK zu Leipzig, die sich ein durchaus spannendes und kontroverses Thema vorgenommen hat: Wie ist denn eigentlich das Bild vom Unternehmer in der Region Leipzig? Wirken da die alten Schablonen aus DDR-Zeiten noch nach? Ist der Unternehmer als Ausbeuter in Verruf? Wie sehen ihn die Angestellten selbst? Und noch spannender: die Schüler?

Am Donnerstag, 7. August, stellte Dr. Thomas Hofmann, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Leipzig, die Ergebnisse der Befragung vor. Und kam aus dem Staunen nicht heraus. Im ersten Teil bewegte er sich noch auf vertrautem Terrain. Da beantworteten 296 Unternehmerinnen und Unternehmer aus den wichtigsten Branchen (Industrie/Bau, Handel, Verkehr/Tourismus und Dienstleistungen) die Fragen. Keineswegs überraschend: Zwei Drittel empfinden die Wahrnehmung des Unternehmers in der Öffentlichkeit als mehr oder weniger positiv. Nur ein Drittel erklärte, es gäbe eher ein negatives Unternehmerbild in der Region.

Mit kleinen Unterschieden zwischen den Branchen, die sich bei den nächsten Fragen noch deutlicher auseinander bewegten. Vor allem die Chefs kleinerer Unternehmen fühlen sich demnach von Politik und Verwaltung zu wenig gefördert. “Und das ist immerhin der Großteil der Unternehmen in unserem Kammerbezirk”, betonte Hoffmann. Während freilich der Dienstleistungssektor mit der öffentlichen Förderung weitgehend zufrieden ist, zeigen sich Unternehmer im Bereich Verkehr/Tourismus mehrheitlich unzufrieden.

Das wirkt sich auch auf das Gefühl aus, sich öffentlich als Unternehmer anerkannt zu fühlen. Nur 45 Prozent der Kleingewerbetreibenden fühlt sich auf diese Weise anerkannt. Ein Wert, den man sich merken kann, weil er Teil der Verblüffung ist, die Thomas Hoffmann wenig später beschäftigen sollte.

Zur Innensicht des Unternehmers gehört natürlich auch, das man länger und härter arbeitet als die Belegschaft. Dem stimmten tatsächlich 95 Prozent der befragten Unternehmer zu. Spannend auch ihre Sicht auf langfristig orientiertes Handeln und kurzfristige Gewinnorientierung. Schon da unterscheidet sich das (Selbst-)Bild der Leipziger Unternehmer deutlich von dem, was in den Medien oft als atemloses Auf und Ab der Gewinnerwartungen zelebriert wird: 92 Prozent der Befragten sehen ihre Arbeit als langfristig und der Folgen bewusst an. Nur 23 Prozent stimmten der Aussage zu, “Unternehmer handelten überwiegend kurzfristig und gewinnorientiert”.

Dass Leipzigs Unternehmer für ein besseres Bild in der Öffentlichkeit etwas tun sollten, dem stimmten am Ende 58 Prozent der Befragten zu.

Was dann so klingt, als würden die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region ein Problem mit der öffentlichen Darstellung haben. Man müht sich redlich – aber die Öffentlichkeit nimmt Unternehmer eher negativ war.
Dabei beließ es die IHK nicht. Sie befragte auch noch telefonisch 200 Arbeitnehmer von 18 bis 65. Und schon die erste Frage brachte eine Überraschung: Selbst bei den Leuten, die sich eigentlich ganz mächtig ausgebeutet fühlen sollten, herrscht zu 75 Prozent ein eindeutig positives Bild vom Unternehmer. Das kann durchaus auch mit der Kleinteiligkeit der Wirtschaft in der Region Leipzig zu tun haben. Denn wer täglich mit der Chefin und dem Chef zu tun hat und sieht, ob und wie diese sich “für den Laden” einsetzen, der weiß auch zu schätzen, wenn ein Unternehmen durch die Krisen der Zeit gesteuert wird.

Von Nachwehen des Ausbeuter-Bildes aus DDR-Lesebüchern ist da wenig zu sehen. Im Gegenteil. Die meisten Beschäftigten begreifen Unternehmer als Motor der Gesellschaft und des allgemeinen Wohlstandes. Der Aussage stimmten 87 Prozent der Befragten zu. Und 63 Prozent stimmten auch der Aussage zu, Unternehmer seien durchaus bereit, soziale Verantwortung zu übernehmen.

Dafür gibt es aus Arbeitersicht eine kleine Korrektur am Selbstbild der Unternehmer. 52 Prozent der Befragten fanden sehr wohl, dass Unternehmer in ihrem Handeln durch Politik und Verwaltung gefördert werden.

“Die Arbeit der Wirtschaftsförderung wird hier sehr wohl sichtbar”, sagt Dr. Thomas Hofmann. Es kann aber auch ein Zeichen dafür sein, dass unterschiedliche Branchen von der Politik auch durchaus unterschiedliche Aufmerksamkeit und Förderung bekommen.

Und dann ging es mal richtig an die alten Stereotype. Was sagen denn die Angestellten zur These, Unternehmer würden die Arbeitnehmer ausbeuten?

Immerhin 45 Prozent fühlten sich ein bisschen oder richtig ausgebeutet, 47 Prozent fanden das gar nicht.
Dafür bestätigten 79 Prozent der Befragten, was die Unternehmer von sich selbst schon gesagt hatten: Sie arbeiten länger und härter als ihre Angestellten.

Und weil das so ist, stünde ihnen durchaus auch ein höheres Einkommen zu, meinten 89 Prozent der befragten Angestellten.

Und dann ging es um das Bild in der Öffentlichkeit, mit dem die Unternehmer selbst so unzufrieden waren. Müssen sie mehr für ein besseres Image tun? – Jawoll, befanden 80 Prozent der befragten Angestellten.

Aber warum nur, fragt man sich, wenn man dann noch die dritte Auswertung zu 260 Oberschülern und Gymnasiasten liest. 87 Prozent von ihnen finden, Unternehmer seien ein wichtiges Mitglied der Gesellschaft. 83 Prozent finden, unsere Gesellschaft könne auf Unternehmer nicht verzichten – zum Beispiel weil sie Arbeitsplätze schaffen (93 Prozent), für technischen Fortschritt sorgen (60 Prozent) oder den Wohlstand der Gesellschaft schaffen (38 Prozent).

Und auch die Schüler sind felsenfest davon überzeugt, dass ein richtiger Unternehmer lange arbeiten muss. 77 Prozent der Schüler gehen davon aus, dass ein Unternehmer 8 Stunden und länger pro Tag arbeitet.

Kann ein Unternehmer also Vorbild für junge Menschen sein? – Natürlich, finden 68 Prozent der Schülerinnen und Schüler, auch wenn ihnen – nach Namen gefragt – in der Regel nur amerikanische Vorzeige-Unternehmer wie Steve Jobs, Marc Zuckerberg oder Bill Gates einfallen.

Wollen die Jugendlichen dann also alle Unternehmer werden? – Nuja, richtig vorstellen können es sich nur 27 Prozent. Was viel ist, wie Thomas Hofmann einschätzt. “Wenn es die Hälfte wirklich wird, können wir uns glücklich schätzen.”

Die Umfrage – immerhin die erste dieser Art, die die IHK in der Region Leipzig gestartet hat – hatte natürlich einen tieferen Sinn. Es geht nur beiläufig um die Korrektur des Bildes vom Unternehmer, sondern schlicht um den Nachwuchs. Die Gates-und-Zuckerberg-Antworten zeigen recht deutlich, dass die jungen Leute zwar eine Menge über die Stars der amerikanischen Medienbranche wissen, aber wenig bis nichts über die realen wirtschaftlichen Abläufe in ihrer eigenen Heimat. Namen von hiesigen Unternehmen können sie in der Regel nicht nennen, außer wenn Papa selbst einen kleinen Betrieb hat. Dahinter, so Dr. Thomas Hofmann, steckt natürlich das große Manko einer fehlenden (betriebs-)wirtschaftlichen Ausbildung in den Schulen. Unternehmer werden ja nicht zu Stars, weil sie schicke Rollkragenpullover tragen. Aber was kann man da tun? – Dazu mehr in Kürze an dieser Stelle.

www.leipzig.ihk.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar