CDU und SPD reisten ja in letzter Zeit verstärkt herum, um Sachsen als neuen erfolgreichen Innovationsstandort zu verkaufen. Die Wissenschaftsministerin wollte Sachsen gleich mal zu einem neuen „Silicon Valley“ machen. So verkündet am 2. September in Leipzig. Am Mittwoch, 28. September, wurde ein entsprechender Antrag von CDU und SPD im Landtag diskutiert.

Aber eins wie das andere krankt daran, dass in der hohen Politik das notwendige wirtschaftliche Verständnis fehlt. Eva-Maria Stange, die Wissenschaftsministerin, glaubt, dass die Hochschulen so gut ausgestattet sind, dass sie zu Innovationsmotoren für die ganze Region werden können.

„Mit ihren Forschungskapazitäten können die Hochschulen den Unternehmen im besten Falle auch die fehlenden Abteilungen für Forschung und Entwicklung ersetzen. Aber es geht um mehr. Es geht um die Rolle der Hochschulen als Modernisierungs- und Innovationstriebkraft ihrer Region in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Der Name Silicon Valley ist in aller Munde. Er bezeichnet aber nichts anderes als ein sehr starkes regionales Netzwerk, dessen ganz unterschiedliche Akteure die Region in Kalifornien zu einer der dynamischsten weltweit gemacht hat“, erklärte die Ministerin am 2. September.

Was so nicht stimmt. Denn am Anfang stand in der San Francisco Bay Area im fernen Jahr 1951 eine Universität, die nicht nur reiche Geldgeber hatte und über entsprechend einsetzbares Kapital verfügte (was auf keine einzige sächsische Hochschule zutrifft) und auch noch über eigenen Landbesitz verfügte, auf dem sie einen stark subventionierten Stanford Industrial Park gründen konnte. Der war vor allem dafür gedacht, den eigenen Absolventen die Chance auf die Verwirklichung eigener Unternehmensideen zu geben. Das hat nichts mit Netzwerkerei zu tun, sondern mit konkreten Starthilfen.

Und da sieht es mau aus in Sachsen. Das brachte auch Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) in seiner Stellungnahme zum CDU/SPD-Antrag „Europa als innovativer Forschungs- und Industriestandort“ zum Ausdruck, als er darauf verwies, dass die in Sachsen laufenden Innovationsprogramme allesamt auf KMU – kleine und mittelständische Unternehmen – zugeschnitten sind.

Das hilft aber nicht, neue, innovative Gründungen an den Markt zu bringen.

Das prangerte am Mittwoch, 28. September, als der Antrag im Landtag diskutiert wurde, Dr. Gerd Lippold, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, an. Den Antrag von CDU und SPD fand er wichtig, aber die Reaktion des Wirtschaftsministers sehr ernüchternd.

„Wie reagiert nun die Staatsregierung auf Ihren Antrag? Zumindest streckenweise ernüchternd“, sagte er in seiner Rede. Denn an der Lücke zwischen Idee und Realisierung scheitern Gründer in Sachsen immer wieder. Lippold schilderte das Problem sehr ausführlich: „Sie fordern, die Lücke zwischen Forschung und Produktion, die insbesondere bei Technologie Start-Up-Unternehmen als ‚Tal des Todes‘ berüchtigt ist, durch geeignete Instrumente zu schließen. Das macht Sinn. Denn gerade dort wird es teuer. Man verlässt die Forschungsebene, weswegen mit der typischen Forschungsinfrastruktur etwa bei universitären Partnern nicht weitergearbeitet werden kann. Man ist aber noch nicht stabil auf dem Markt, und kann voraussichtlich auch mit der ersten Produktionstechnik noch kein Geld verdienen, weswegen jede Bank abwinkt. Die Verfügbarkeit von Risikokapital ist aber weit schwieriger als anderswo in Europa oder gar in den USA.“

Die Staatsregierung hebe in ihrer Stellungnahme auf die Pilotlinienförderung gemäß KET-Richtlinie ab und nenne das ihren zentralen Ansatz. KET ist die Abkürzung für key enabling technologies.

„Man hätte auch Schlüsseltechnologien schreiben können, aber die Moderne kommt in Sachsen halt auch an unerwarteten Stellen hoch“, stichelte Lippold. „Schaut man in die Fördervoraussetzungen dieser Richtlinie, dann sieht man schnell, dass nur gefördert werden kann, wessen Gesamtfinanzierung gesichert ist. Und schon steht der Macher aus dem Startup wieder auf Los, weil genau das ja sein Problem war und weiter ist. Förderfähig ist nämlich von so einer teuren Produktionsanlage nur die Abschreibung während der Vorhabensdauer. Und weil so ein Startup fix am Markt sein muss und angenommen zwei Jahre Zeit dafür hat, so wären das dann eben 20 % des Anschaffungspreises bei einer 10-jährigen Abschreibung. Heißt: wenn er nicht fast alles anders finanziert, hilft ihm das Programm nicht. Nur wer hat, dem wird gegeben. Mitnahmeeffekte bei denen, die eigentlich auch eine 100 %-Finanzierung hätten, sind die wahrscheinliche Folge. Wer nicht schon finanziert ist, der überbrückt mit diesem Programm auch nicht das Tal des Todes.“

Es fehlt also gerade da, wo Gründer echte Hilfe brauchen beim Start. Die Programme kommen nur Firmen zugute, die sowieso schon den größten Teil der Innovation (vor-)finanzieren können.

Aber der Freistaat legt viel mehr Wert auf eine bürokratische Kontrolle der Ausreichung mit einem Papierberg, der den Gründern auch noch Zeit, Kraft und Nerven raubt, ohne den Vorgang zu beschleunigen.

„Zu ihren Bemühungen zur Vereinfachung und Beschleunigung der Förderverfahren berichtet die Staatsregierung, sie habe erstmals eine pauschalierte Abrechnung ermöglicht. Allerdings werde das konterkariert durch Prüfungsinstanzen, was zulasten der Verfahrensvereinfachung ginge und den Zuwendungsempfängern oft schwer vermittelbar sei. Da frage ich mich doch, wer eigentlich regiert? Oder erfolgt diese Verschlimmbesserung direkt durch himmlische Intervention? Wieso kommt die Staatsregierung denn nicht mit einem Konzept, das über die gesamte Kette eine rechtssichere Vereinfachung ermöglicht?“, fragte Lippold. „So bleibt das Fazit, dass hier ein Antrag vorliegt, der zwar das Thema noch nicht in allen notwendigen Aspekten angeht, der aber dennoch eine Reihe konkreter und nützlicher Arbeitsaufgaben an die Staatsregierung formuliert. Auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Staatsregierung bleiben davon noch welche abzuarbeiten. Deshalb stimmen wir dem Antrag zu.“

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