Am Donnerstag, 19. April, legten die deutschen Wirtschaftsinstitute ihre Gemeinschaftsdiagnose für das Frühjahr 2018 vor. Zu diesen Instituten gehört auf das IWH in Halle. Und das hat sich die Entwicklung im Osten wieder etwas genauer angeschaut. Irgendetwas klemmt da augenscheinlich.

Für das Jahr 2018 prognostiziert das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) einen Anstieg des ostdeutschen Bruttoinlandsprodukts mit Berlin um 1,8 % (Gemeinschaftsdiagnose für Deutschland insgesamt 2,2 %). Im Jahr 2019 dürfte der Abstand zur gesamtdeutschen Zuwachsrate wieder etwas geringer werden (Ostdeutschland: 1,8 %, Deutschland insgesamt: 2,0 %), so die Einschätzung des Instituts, wo man ja schon Anfang April eine mögliche Erklärung lancierte: Dem Osten geht der gut qualifizierte Nachwuchs aus.

Und die starke Exportwirtschaft sitzt sowieso in Süddeutschland.

Das verändert die möglichen Zuwachsraten.

„Schon im Jahr 2017 hat das Bruttoinlandsprodukt in Ostdeutschland mit 1,9 % um 0,3 Prozentpunkte langsamer zugelegt als in Gesamtdeutschland. Ein Grund dafür ist, dass der Anteil der Exportgüter an der gesamtwirtschaftlichen Produktion in Ostdeutschland kleiner ist als im Westen, und dass die ostdeutsche Wirtschaft deshalb von der derzeit kräftigen Auslandskonjunktur nicht in dem Ausmaß wie die westdeutsche profitiert. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für Deutschland, dass die Exporte im Jahr 2019 einen geringeren Beitrag zum gesamtwirtschaftlichen Zuwachs leisten werden als in diesem Jahr. Dementsprechend dürfte auch der Abstand der Zuwachsraten zwischen West und Ost 2019 geringer ausfallen“, so das in Halle heimische Wirtschaftsinstitut.

Das natürlich auch nur zu gern herausfinden würde, warum der Osten beim Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (um nichts anderes geht es ja) nicht mithalten kann: „Ein wesentlicher Grund dafür, dass die ostdeutsche Wirtschaft im Trend geringer wächst als die in Deutschland insgesamt, ist die ungünstigere demographische Entwicklung. Mit der arbeitsfähigen Bevölkerung nimmt auch die in Ostdeutschland geleistete Arbeit langsamer zu als im Westen. Vor allem ist die Entwicklung in den Dienstleistungsbereichen – gemessen an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zum Jahresbeginn – weniger dynamisch als in Westdeutschland. Auch die Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe lassen darauf schließen, dass die Produktion in Ostdeutschland etwas langsamer zunimmt als in Westdeutschland.“

Wobei das IWH eine eigene Erhebung ausblendet, denn noch immer hat der Westen einen Einpendlerüberschuss aus dem Osten von 210.000 Menschen – alles Leute, die in der Regel in hochqualifizierten Jobs im Westen arbeiten und dort das BIP steigern. Sie fehlen in der ostdeutschen BIP-Bilanz natürlich genauso wie die Millionen junger Menschen, die seit 1990 in den Westen gezogen sind – natürlich der Arbeit hinterher. Sie fehlen heute schon im Osten, denn das Fehlen des qualifizierten Nachwuchses macht sich gerade in den anspruchsvollen Branchen bemerkbar.

Ein Thema, das gerade Städte wie Leipzig in den nächsten Jahren beschäftigen wird.

Und dann kann man das BIP natürlich auch noch pro Nase umrechnen. Und siehe da: „Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner ist in den vergangenen Jahren dagegen in Ost und West mit etwa der gleichen Geschwindigkeit gewachsen. Dabei kommt der ostdeutschen Wirtschaft zugute, dass hier die (freilich auch viel höhere) Arbeitslosenquote trotz geringerem Produktionswachstum etwas rascher sinkt als im Westen. Die – auf die Erwerbspersonen bezogene – Arbeitslosenquote dürfte von 7,6 % im Jahr 2017 auf 7,0 % im Jahr 2018 sinken (Deutschland insgesamt 2017: 5,7 %, 2018: 5,2 %).“

Das meinen zumindest die Rechner aus dem IWH.

Jetzt bremst das Fehlen des gut ausgebildeten Nachwuchses das Wirtschaftswachstum im Osten

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