Eines ist eigentlich mittlerweile ziemlich deutlich: Als Unternehmer ist der sächsische Staat ziemlich miserabel. Seine Flughafenbeteiligungen sind Zuschussgeschäfte, mit der Porzellanmanufaktur Meissen hat er Millionen verbrannt. Und dasselbe gilt auch für sein Engagement für die Güterverschiffung auf der Elbe. Die Binnenhäfen bringen das Geld nicht ein, das in sie investiert wurde. Das rechnen die Grünen der Staatsregierung jetzt mal vor.

Am Mittwoch, 6. März, luden sie extra zur Pressekonferenz ein. Denn die neue Große Anfrage zur Elbe hatte praktisch alle Vermutungen bestätigt. Eine neue Elbe-Politik ist überfällig.

„Die Staatsregierung muss ihre einseitige Orientierung auf die Binnenschifffahrt mitsamt der massiven Förderung der sächsischen Binnenhäfen dringend hinterfragen“, erklärte Wolfram Günther, Vorsitzender und umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, auf der Pressekonferenz zur Vorstellung der Ergebnisse einer Großen Anfrage zur Elbe heute in Dresden.

„Die Umsätze der Häfen in Sachsen sind so gering, dass damit die alte Schwerpunktsetzung nicht mehr begründet werden kann. Der Hafen-Ausbau ist reine Steuergeldverschwendung. Im Jahr 2018 erwirtschafteten die Oberelbe-Binnenhäfen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Tschechien einen Umsatz von 21,2 Millionen Euro, von denen lediglich 5,7 Prozent auf den Schiffsverkehr entfielen. Die weiteren Umsätze entstammten dem Güterumschlag zwischen Straße und Schiene. Dagegen betrugen die öffentlichen Investitionen für die drei in Sachsen liegenden Häfen Dresden, Riesa und Torgau von 1995 bis zum Jahr 2017 ca. 91,5 Millionen Euro, davon allein 72 Millionen Euro aus Mitteln des Freistaates direkt.“

Rausgeschmissenes Geld also. Oder die Subvention einer Branche, die längst nicht mehr konkurrenzfähig ist. Gerade die sich häufenden Niedrigwasserstände führen dazu, dass sich Güterschifffahrt auf der Elbe kaum noch rechnet.

Umsatzentwicklung der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) und der Industriehafen Roßlau GmbH (IHR). Grafik: Sächsischer Rechnungshof
Umsatzentwicklung der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) und der Industriehafen Roßlau GmbH (IHR). Grafik: Sächsischer Rechnungshof

Günther schlägt vor, das wirtschaftliche Potenzial, das der Tourismus entlang der Elbe bietet, deutlich besser und strategischer zu nutzen.

„Schon heute sind die Umsätze allein im Radtourismus um ein Vielfaches höher als in den sächsischen Häfen. Allein im Radtourismus entlang des Elbe-Radwegs werden inzwischen jedes Jahr mehr als 160 Millionen Euro erwirtschaftet. Wirtschaftsminister Martin Dulig muss dazu endlich eine schlüssige Gesamtstrategie entwickeln lassen. Denn bis heute ist der Tourismus entlang der Elbe für die Staatsregierung ein blinder Fleck, wie die Antworten auf die Große Anfrage belegen“, stellt Günther fest.

„Dabei sind die Anforderungen an den Radtourismus zu berücksichtigen und Konzepte für Wasserwandern zu entwickeln. Auch die Zusammenarbeit mit Brandenburg und Sachsen-Anhalt sowie Tschechien muss im Hinblick auf den Elberadweg dringend verbessert werden.“

Der Fraktionsvorsitzende mahnte zudem an, sich von einigen Lebenslügen zu verabschieden.

„Die sächsischen Häfen machen jedes Jahr ein Minus von mehr als 500.000 Euro. Damit droht die Elbeschifffahrt zum Fass ohne Boden zu werden. Selbst der Landesrechnungshof kann über derart hohe Verluste eines Staatsbetriebes nicht mehr hinwegsehen. Das Ziel einer ganzjährigen Schiffbarkeit der Elbe mit einer Mindestfahrrinnentiefe von 1,40 Meter an 345 Tagen ist völlig unrealistisch“, mahnt Günther.

„Sie wurde zwischen den Jahren 2014 und 2018 nur an 40 Prozent der Tage erreicht. Die Zielsetzung muss aus dem Landesverkehrsplan 2025 verschwinden. Die neue Zielsetzung ist mit den Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie, der FFH-Richtlinie und den realen Schifffahrtsbedingungen in Zeiten des Klimawandels in Einklang zu bringen.“

Entwicklung der Umschlagszahlen bei den SBO nach Verkehrsträgern.Grafik: Sächsischer Rechnungshof
Entwicklung der Umschlagszahlen bei den SBO nach Verkehrsträgern.Grafik: Sächsischer Rechnungshof

Wolfram Günther bedauerte, dass das im CDU/SPD-Koalitionsvertrag 2014 vereinbarte Auenprogramm immer noch nicht auf den Weg gebracht wurde.

„Es ist im Rahmen der Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen an der Elbe und den anderen Gewässern 1. Ordnung, ein räumliches funktionales Konzept zu erarbeiten, das aufzeigt, wie in Sachsen und länderübergreifend auch an der Elbe neue Retentionsflächen geschaffen werden können“, sagt der Grünen-Vorsitzende.

„Auch die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden in Sachsen sind in der Fläche deutlich zu erhöhen und eine Null-Neuversiegelungsrate in Sachsen als verbindliches Ziel bis zum Jahr 2020 festzuschreiben. Dazu sind verbindliche Vorgaben in die sächsischen Regionalpläne aufzunehmen und diese mit einem konsequenten Maßnahmenpaket und -controlling zu untersetzen. Die Wiederherstellung des natürlichen Wasserrückhaltevermögens des Bodens ist vor allem auch auf den Eigentumsflächen des Freistaats und durch Flächentausch zu beschleunigen. Im Sächsischen Wassergesetz sollen dafür die Vorkaufsrechte für Freistaat und Kommunen zur Schaffung von Überschwemmungsflächen und zur Umsetzung von Deichrückverlegungen wieder eingeführt werden.“

Das trifft übrigens auch auf die Weiße Elster und ihre verbaute Aue zu. Doch da auch die Staatsregierung keine klare Linie zeigt, schiebt hier jeder dem anderen den Schwarzen Peter zu und behauptet, jener verhindere, dass Elster und Luppe ihre alten Auen wiederbekommen.

Günther regte auch an, die Erweiterung des Biosphärenreservats „Flusslandschaft Elbe“ auf sächsisches Gebiet Schritt für Schritt anzugehen. „Die Staatsregierung sollte den Dialog mit allen Betroffenengruppen sowie dem Land Sachsen-Anhalt dazu in Gang bringen.“

Die von Tschechien geplante Staustufe bei Děčín wird von den Grünen weiter abgelehnt. „Diese Staustufe hätte nicht nur negative Auswirkungen auf den Naturraum Elbe. Sie böte nicht einmal in der sich anschließenden deutsche Elbe ausreichende Fahrrinnentiefen für den Schiffsgütertransport und wäre somit eine Fehlinvestition“, unterstreicht der Fraktionsvorsitzende.

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