Es klang wie eine gute Idee, was die Stadtverwaltung am Dienstag, 3. Juli, an die Öffentlichkeit gab: "Mobilitätsstationen sollen Verkehr umweltfreundlicher machen". Die Dienstberatung hatte den Bau solcher Stationen geplant. Der Grund ist simpel: Immer mehr Leipziger Ortsteile ersaufen im geparkten Blech. Trotzdem steigen die Autobesitzer nicht einfach auf umweltfreundliche Verkehrsmittel um. Ist das zu kompliziert? - Gut gelegene Übergangs-Stationen fehlen, ist so eine These moderner Verkehrsplaner.

Auch die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) drehen diese Idee seit einiger Zeit immer wieder hin und her. Auch sie wollen ja, dass die motorisierten Individualisten umsteigen in die Straßenbahn. Der ÖPNV in Leipzig soll zum “integrierten Mobilitätsdienstleister” werden. Heißt im Klartext: Das Netz von Bussen und Bahnen dockt ohne Komplikationen an Park-and-Ride-Plätze an, an Übergänge zur S-Bahn, sieht – wie in Knauthain vorexerziert – Fahrradabstellanlagen an den Endstellen vor oder fährt gar – wie in einigen unterversorgten Ortsteilen – mit Shuttle-Bus oder Ruf-Taxi.

Einige Übergänge sollen nun tatsächlich auch sichtbar ausgebaut werden. Als Mobilitätsstationen, die im öffentlichen Verkehrsraum mit Stellplätzen für Carsharing-Fahrzeuge und Abstellgelegenheiten für Fahrräder künftig die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsarten noch attraktiver machen. Idealerweise sollten sie als Schnittstellen zwischen Straßenbahn und Bus, Fahrrad- und Fußverkehr und Carsharing fungieren. Das ist der Inhalt einer Beschlussvorlage, die Oberbürgermeister Burkhard Jung auf Vorschlag von Baubürgermeister Martin zur Nedden im September in die Ratsversammlung einbringen will.

Bis dahin gibt es für das Planungsdezernat noch einige Arbeit.Die Vorlage zu dieser Grundsatzentscheidung entstand infolge eines Prüfauftrages, den die Stadträte der Verwaltung im Herbst 2011 erteilt hatten. Im ersten Schritt sind fünf Mobilitätsstationen vorgesehen. Die ersten sollen bereits im vierten Quartal eingerichtet werden. Wo genau sie platziert werden, kann das Planungsdezernat noch nicht sagen.

“Die fünf Standorte werden derzeit von einer Arbeitsgruppe (Verkehrs- und Tiefbauamt, Stadtplanungsamt und LESG) in Abstimmung mit den in Leipzig vertretenen Carsharing- und Fahrradverleihunternehmen kurzfristig erarbeitet. Sie sollen in Gebieten mit hohem Parkdruck eingerichtet werden”, teilt das Dezernat für Planung und Bau auf Nachfrage mit.

Dafür kommen etliche Ortsteile in Frage. Schleußig wäre das Idealbeispiel. Umwelt- und Verkehrsverbände bringen hier seit Jahren den Ausbau von Carsharing-Plätzen in die Diskussion, denn wirklich angewiesen auf ein oder mehrere Familienautos ist in dem Ortsteil mit seinen Parkproblemen kaum jemand.

Die meisten Wege lassen sich mit den Mitteln des Umweltverbundes bewältigen. Nur der Lernprozess scheint ein schwerer zu sein für all jene, die ihr Leben bislang mit Motor und vier Rädern gedacht haben.Als Betreiber der Stationen soll die stadteigene Erschließungs-, Entwicklungs- und Sanierungsgesellschaft LESG agieren. Die Plätze sollen durch ein ansprechendes Design gekennzeichnet werden. Sie stehen nur Carsharing-Anbietern zur Verfügung, denen das Umweltzeichen “Blauer Engel” zuerkannt wurde.

Auf privaten Flächen gibt es in Leipzig derzeit bereits 75 Stellplätze für 140 Fahrzeuge eines Carsharing-Anbieters, ein weiterer Anbieter ist am Hauptbahnhof tätig. Die im öffentlichen Verkehrsraum geplanten Mobilitätsstationen sollen vor allem den öffentlichen Personennahverkehr ergänzen. Zudem können sie dazu beitragen, die Parkplatzsituation in innerstädtischen Wohnquartieren zu entschärfen. Die Stadtverwaltung zitiert dabei Untersuchungen in Bremen, die ergaben, dass ein Carsharing-Fahrzeug etwa acht Privatautos ersetzt. Bremen und Hannover bieten bereits Carsharing-Plätze im öffentlichen Raum an. Leipzig hat die Erfahrungen beider Städte intensiv ausgewertet.

Und reagiert damit natürlich auch auf eine Dauerforderung der schon aktiven Carsharing-Anbieter, die immer wieder mehr Stellplätze für ihre Fahrzeuge gefordert haben.

Bei der Vorlage handelt es sich um eine Grundsatzvorlage. Sie wurde in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters beschlossen und wird den Gremien zur Information vorgelegt. Im Wesentlichen ging es darum, Mobilitätsstationen im öffentlichen Verkehrsraum möglich zu machen. Die Vorlage orientiert sich dabei am “Bremer Modell”: Wie in Bremen, so sollen auch in Leipzig die Mobilitätsstationen von einer stadteigenen Gesellschaft betrieben werden.

Wie teuer es wird, wird sich erst bei der Planung jeder einzelnen Station herausstellen, so das Planungsdezernat. “Der Preis hängt jeweils von den örtlichen Gegebenheiten ab. Aus diesem Grunde kann derzeit noch keine Summe genannt werden.” Deswegen werde derzeit in der Verwaltung auch noch um die Festlegung der Finanzierung diskutiert.

Die Grundstücke, die für die Mobilitätsstationen vorgesehen sind, gehören alle der Stadt, da es sich um Flächen im öffentlichen Verkehrsraum handelt. Und auch die Ausstattung jeder einzelnen Mobilitätsstation mit Stellplätzen, Fahrradbügeln usw. könne erst im Lauf der Planung vor Ort festgelegt werden. “Entscheidend wird der Bedarf in dem entsprechenden Stadtgebiet sein”, erklärt das Baudezernat dazu.

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