Das Zeitalter der Hybridbusse ist schon vorbei, bevor es so richtig begonnen hat. Die Idee war ja nicht dumm: Man koppelt einen Dieselmotor mit einem Elektromotor, lädt mit dem einen die Batterie des anderen noch während der Fahrt auf, speist auch noch die frei werdende Bremsenergie ein und schon hat man einen halben Elektrobus. 2011 begann das Hybridbus-Zeitalter mit wehenden Fahnen.

Damals übergab Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer den LVB den ersten einer ganzen Serie mit Bundesgeldern geförderten Hybridbusse der Firma MAN. Im Dezember konnten die LVB dann auf dem Leipziger Markt voller Stolz ihre neue Hybridbusflotte präsentieren. Seitdem rollen die Busse – recht geräuscharm – durch Leipzig. Doch vier Jahre Test im ganz normalen Linienbetrieb haben die wundersame Technik entzaubert. Sie tut zwar alles, was sie soll. Aber an einem wesentlichen Punkt hakt es: Die Busse schaffen nicht die notwendige Spritersparnis, um die Anschaffung der deutlich teureren Busse rentabel zu machen.

Was die Busse gegenüber modernen Dieselbussen teurer sind, wird durch die Spritersparnis im Linienbetrieb nicht wieder wettgemacht.

Und so verkündete LVB-Geschäftsführer Ronald Juhrs denn nebenbei beim Besuch in der SPD-Ortsgruppe Nordost am 17. November im Brockkaus-Gymnasium, dass das Leipziger Verkehrsunternehmen – zusätzlich zu den 19 schon gekauften – keine weiteren Hybridbusse anschaffen wird. Schon aus Kostengründen. Mehrmals betonte Juhrs: “Wir sind ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen.”

Eine Formel, die auch extra für die anwesenden SPD-Stadträte gedacht war. Denn am Ende entscheidet der Leipziger Stadtrat, wie viel Zuschuss die LVB jedes Jahr bekommen und wie groß die Spielräume für Investitionen und Neuanschaffungen sind. Aber was machen die LVB, wenn sie nicht weiter auf die Hybridtechnologie setzen wollen?

“Wir werden so ab 2019/2020 einsteigen in den Elektrobusbetrieb”, sagte Juhrs am Dienstag. Also nichts Halbes und Hybrides mehr, sondern richtig fahren mit E-Bussen. “Das wird in anderen Verkehrsunternehmen genauso passieren. Wir werden da keine Ausnahme sein”, sagte Juhrs.

Begonnen hat das Projekt eigentlich schon im November 2013. Da kam der damalige sächsische Wirtschaftsminister Sven Morlok extra nach Leipzig gereist, um drei Projektpartnern einen dicken Förderscheck zu überreichen: Das waren neben den LVB noch das Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI) aus Dresden und die Westsächsische Hochschule Zwickau (WHZ), Fakultät Kraftfahrzeugtechnik. Ziel war es, ein neues Ladesystem für Elektrobusse zu entwickeln, mit dem sie in kurzer Zeit – zum Beispiel beim Halt an der Endhaltestelle – ihre Batterien füllen, um dann voll elektrisch ihre Runden zu drehen. Und das sollte auf keinen Fall das langsame Laden an einer Tanksäule sein, sondern die schon existierenden Leitungen der Straßenbahn sollten dafür genutzt werden.

Ein nicht ganz einfaches Thema. Ursprünglich sollte ja in Leipzig eine Teststrecke zwischen Connewitz Kreuz und Markkleeberg eingerichtet werden. Das hat so nicht ganz geklappt. Dafür berichtete das Fraunhofer Institut aus Dresden schon über die Einrichtung einer ersten Teststrecke. Und die Ergebnisse sehen wohl ganz gut aus, so dass Juhrs am Dienstagabend schon mal ankündigen konnte, dass Leipzig 2016 ebenfalls in die Tests einsteigen wird. Dann werden zwei vollelektrische Testbusse auf der Linie 89 auf die Spur gehen und die Leitungsinfrastruktur am Connewitzer Kreuz zum Aufladen ihrer Batterien nutzen.

Vielleicht wählen die LVB sogar gleich den 18. April 2016 als Start für die Testfahrten, denn gefeiert wird an dem Tag sowieso, deutete Juhrs an. Denn dann können die LVB auf 120 Jahre elektrische Straßenbahn in Leipzig zurückblicken. Das lässt sich ganz gut mit der Wiederaufnahme des elektrischen Busbetriebs verbinden, denn elektrische O-Busse gab es ja in Leipzig sogar noch bis in die 1970er Jahre.

Was dann logischerweise die Frage mit sich brachte: Wie geht es jetzt mit den Straßenbahnen weiter?

Erfreuliche Antwort: Ende 2016 wird tatsächlich die erste bestellte Straßenbahn von Solaris in Leipzig zu sehen sein. Fünf Fahrzeuge haben die LVB in diesem Jahr ja bei Solaris geordert. Die ersten Wagen gehen jetzt in Produktion und werden dann nach und nach an Leipzig ausgeliefert.

Der Vertrag wurde auch mit einer Option auf 36 weitere Fahrzeuge unterschrieben. Die brauchen die LVB natürlich alle, um die jetzt noch 110 Tatrabahnen im Fuhrpark zu ersetzen. Aber die über 100 Millionen Euro hat man dann doch nicht bar im Schreibtisch liegen. “Deswegen werden wir jetzt jedes Jahr im November, Dezember, genau auf unsere Zahlen schauen müssen und entscheiden, ob wir die nächste Tranche bestellen”, sagte Juhrs.

Ganz aus eigener Kraft können die LVB den Ankauf auch nicht stemmen. Deswegen liegt ja am heutigen 19. November eine Vorlage des OBM zur Entscheidung im Stadtrat vor, mit der die Stadt die Investition in diesem und im nächsten Jahr mit jeweils 2 Millionen Euro unterstützt.

Die Option für 2016 haben die LVB übrigens schon gezogen. Sie haben noch im November die Bestellung weiterer neun Solaris-Straßenbahnen ausgelöst, die natürlich nicht Solaris heißen, sondern Tramino. Die Traminos sind zwar kürzer als die Classic XXL von Bomardier, ersetzen aber je Fahrzeug zweieinhalb komplette Tatras.

Was die Frage mit sich bringt: Verschwinden die robusten Fahrzeuge aus Tschechien dann endgültig aus dem Streckennetz der LVB?

“Nicht ganz”, sagt Ronald Juhrs. Zwölf Bahnen bleiben als Störreserve erhalten – etwa für große Veranstaltungen oder Fußballspiele, wenn man zusätzliche Fahrzeuge braucht.

Blieb noch die Frage: Kommen denn die LVB mit ihrem Geld eigentlich aus? Das war doch eine wesentliche Grundfrage für die Einladung der SPD-Ortsgruppe?

Ein bisschen was sagte Juhrs dazu auch.

Das erzählen wir hier in Kürze, wenn wir mal 5 Minütchen Luft haben.

Nachtrag 19. November, 10.45 Uhr: Das Sächsische Wirtschaftsministerium meldet, dass die LVB für ihre neuen Straßenbahnen jetzt auch weitere Förderung vom Freistaat erhalten. Die Meldung:

Verkehrsminister Dulig: „Einsatz der neuen barrierefreien Straßenbahnen verbessert die Attraktivität des ÖPNV“

Die Leipziger Verkehrsbetriebe AG (LVB) können den Austausch ihrer in die Jahre gekommenen Tatra-Straßenbahnen fortsetzen. Einen entsprechenden Fördermittelbescheid hat das Unternehmen heute vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) erhalten. Mit rund 6 Millionen Euro fördert der Freistaat die Anschaffung von neun Niederflurstraßenbahnen.

Verkehrsminister Martin Dulig: „Eine Großstadt wie Leipzig braucht ein attraktives ÖPNV-Angebot. Deshalb freue ich mich, dass die Leipziger Verkehrsbetriebe nicht nur in eine leistungsstarke Infrastruktur, sondern auch in moderne Technik investieren. Der Einsatz der neuen barrierefreien Fahrzeuge verbessert die Attraktivität des ÖPNV und trägt dazu bei, dass die Leipziger und ihre Besucher auch künftig gern mit der Straßenbahn unterwegs sein werden.“

Seit 2014 betreiben die LVB die umfangreiche Modernisierung ihres Stadtbahn-Fuhrparks. Die alten noch in Betrieb befindlichen Tatra-Bahnen werden nach und nach ausgemustert und durch moderne Niederflurfahrzeuge ersetzt. Insgesamt planen die LVB die Anschaffung von 41 neuen Niederflurfahrzeuge. Der Freistaat Sachsen hat bereits 2014 den Erwerb von fünf neuen Stadtbahnfahrzeugen durch die LVB mit rund 7,7 Millionen Euro gefördert. Aller Voraussicht nach werden auch für die weiteren 27 Fahrzeuge Fördermittel zur Verfügung stehen.

Einen weiteren Förderbescheid haben die Leipziger Verkehrsbetriebe heute vom SMWA für den Neubau eines neuen Gleichrichterunterwerkes (Umspannwerkes) im Leipziger Stadtteil Reudnitz erhalten. Das alte Werk, das nach mehr als 30 Jahren die Grenze der Nutzungsdauer erreicht hat, soll abgerissen und am gleichen Standort durch einen Neubau mit vollständig neuer Anlagentechnik ersetzt werden. Mit dem Neubau soll zudem die Umstellung der Stromversorgung der Straßenbahnen von 600 Volt auf 750 Volt Spannung erfolgen. Der Freistaat fördert dieses Vorhaben mit rund 1 Million Euro.

Hintergrund:
Der Freistaat stellt 2015 im Landesinvestitionsprogramm rund 140 Millionen Euro für die Förderung von ÖPNV-Investitionsmaßnahmen zur Verfügung. Die LVB erhalten 2015 insgesamt rund 27 Millionen Euro – schwerpunktmäßig für den Ausbau des Straßenbahnbetriebshofes in Dölitz, für den Ausbau der Gleis- und Fahrleitungsanlagen der Straßenbahn auf der Wurzener Straße, Karl-Liebknecht-Straße und Dieskaustraße, für Fahrgastabfertigungstechnik und für die Beschaffung neuer Niederflurfahrzeuge. Seit 1991 wurde die Leipziger Verkehrsbetriebe AG im Rahmen der ÖPNV-Förderung mit fast 550 Millionen Euro gefördert.

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