Wie stellte doch das Energiewendebarometer der KfW so trocken und nüchtern fest: „Der Einkommenseffekt besteht bei nahezu allen Technologien“. Egal, ob das um Wärmedämmung, intelligente Haustechnik oder Mobilität geht: Während die Reichen und Gutversorgten über eigene Solaranlagen, Wärmepumpen und Elektroautos nachdenken, spielt sich die Energiewende für die Normalverdiener ganz woanders ab. Auch im Verkehr. Da heißt es nicht Elektroauto als Alternative, sondern Lastenrad.

Was übrigens auch noch deutlich klimafreundlicher ist. Und inzwischen kam ja die Lastenradförderung in Sachsen endlich in Gang. Und die ersten Lastenradparkplätze werden in Leipzig getestet.Nun startet auch noch ein weiteres Pilotprojekt zum Lastenradverleih, das auf einen Stadtratsantrag der SPD-Fraktion vor einem Jahr zurückgeht: Damals beantragte die SPD-Fraktion auch unter dem Aspekt des völlig überzeichneten Förderprogramms des Freistaats den Test eines Lastenrad-Verleihsystems in Leipzig. Denn nicht jeder, der mal ein Lastenrad braucht, wird sich auch eins anschaffen wollen. Da wäre es gut, wenn man es sich zentral einfach ausleihen kann. Der Antrag wurde damals mit nur elf Gegenstimmen angenommen.

Der OBM wurde damit beauftragt, sich dazu geeignete Partner zu suchen und das Ganze mal auszuprobieren, um herauszufinden, wie groß der Bedarf in Leipzig ist und wie es am besten funktioniert.

Auftakt in der Südvorstadt

Und so überrascht es auch nicht, dass das Verkehrs- und Tiefbauamt jetzt so ein Pilotprojekt in der Südvorstadt startet. Eine externe Beratung und eine Befahrung hatten zuvor ergeben, dass die avisierten fünf Stationen testweise in diesem Quartier liegen sollten.

Ausschlaggebend hierfür waren unter anderem die Wohndichte und mögliche soziale Kontrolle, die Nähe zu anderen Mobilitätsangeboten sowie der verfügbare Platz im Umfeld von Mobilitätsstationen. Über die konkreten Positionen der Lastenradstationen soll in den kommenden Wochen entschieden werden.

Leipzig hat für das Pilotprojekt bei einem schon existierenden Kommunen-Netzwerk angedockt. Leipzig ist mit 14 weiteren Städten Teil des kommunalen Netzwerkes für öffentliche Transportradmietsysteme TINK (Transportrad Initiative Nachhaltiger Kommunen). Aus dem Netzwerk haben sich noch Siegen, Dortmund und Reutlingen für einen Test entschieden – nach erfolgreichem Auftakt in Siegen läuft der zweite Probebetrieb demnächst in Dortmund an. Die Initiative will nachhaltige Mobilität fördern und so Innenstädte vom Autoverkehr entlasten.

Das TINK-Projekt läuft drei Jahre und wertet die Erfahrungen der Kommunen beim Verleih aus. So tauschen sich die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer etwa darüber aus, wie sich Vandalismus und Diebstahl an den Transporträdern vermeiden lässt. Lastenräder sind meist stabiler gebaut, länger und breiter als reguläre Fahrräder.

Sie bieten durch Aufbauten wie etwa eine große Transportbox viel Platz, um beispielsweise Waren, Kinder oder Tiere zu befördern. Das TINK Netzwerk wird durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans gefördert.

Start mit 15 Leihfahrrädern

Ab Juli soll Leipzig als Modellkommune das Mietsystem für Transporträder testen. Der viermonatige Probelauf sieht an den Stationen insgesamt 15 Leihfahrräder vor, darunter fünf mit elektronischer Tretunterstützung.

Die Fahrräder sollen an Mobilitätsstationen angebunden sein und können mit einer speziellen App gebucht werden. Die Integration in andere Mobilitätsplattformen lohne sich während des Testlaufs nicht, da die geplante Betriebsdauer hierfür zu kurz sei, betont das Verkehrs- und Tiefbauamt.

Das Tarifmodell wird voraussichtlich so aussehen: Die erste halbe Stunde bei den Transporträdern soll kostenfrei sein, jede weitere halbe Stunde kostet dann 1 Euro beziehungsweise 1,50 Euro und maximal 12 beziehungsweise 18 Euro pro Tag – je nachdem, ob die Räder mit oder ohne E-Antrieb fahren.

Der Betrieb des Systems – also etwa der Austausch der Akkus, die Wartung und Instandsetzung – wird in den kommenden Wochen ausgeschrieben.

Das Amt für Wirtschaftsförderung plant zudem, testweise auf fünf Gewerbehöfen weitere 15 Lastenfahrräder anzubieten. Diese sollen öffentlich zugänglich sein und insbesondere von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gewerbehöfe genutzt werden. Auch hier entscheidet sich in den nächsten Wochen, welche Standorte für den Testbetrieb infrage kommen.

Freude in der SPD-Fraktion

Natürlich freut sich über das angekündigte Projekt besonders Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender der SPD im Leipziger Stadtrat, der vor einem Jahr den Antrag in der Ratsversammlung vorgestellt hat.

„Wir freuen uns, dass unser Antrag nun umgesetzt wird und ein Pilotprojekt Lastenradverleih gestartet wird. Auch wenn noch einige Fragen offen sind, ist damit der Anfang gemacht”, sagt Zenker.

„Unser Ziel bleibt weiterhin, zeitnah ein Verleihsystem für Lastenfahrräder für die gesamte Stadt auf den Weg zu bringen. Nach dem durch die SPD durchgesetzten Lastenfahrrad-Förderprogramm ist das Verleihsystem ein weiterer wichtiger Baustein zur Stärkung von Fahrrädern als Transportmittel. Wir freuen uns darüber hinaus auch, dass immer mehr Unternehmen – inklusive der kommunalen Unternehmen – auch auf Lastenfahrräder setzen.“

Ziel des Pilotprojektes in Leipzig ist die Förderung und Entwicklung eines ohne dauerhafte Förderung angelegten wirtschaftlich tragfähigen Leihsystems für Lastenräder – und zwar im gesamten Stadtgebiet.

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Es gibt 2 Kommentare

Was ist denn die Motivation dafür, die Lastenräder so günstig anzubieten? Mit dem genannten Tarif sind die Räder deutlich günstiger als nextbike, so dass man vermuten muss, dass sie auch von Leuten genutzt werden, die eigentlich kein Lastenrad bräuchten, sondern einfach nur den billigsten Leihrad-Tarif suchen.

Bei 2€ pro halbe Stunde, ab der ersten halben Stunde, hätte man dieses Problem weniger.

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