Auch in Leipzig wird seit geraumer Zeit über Lebensmittelverschwendung diskutiert. Denn während weltweit Millionen Menschen hungern, werden in Deutschland jedes Jahr fast 12 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeschmissen.

Doch was kann man in einer Kommune wie Leipzig tun, um dieser Verschwendung Einhalt zu gebieten? Eine Frage, die seit über einem Jahr einen Runden Tisch beschäftigt hat, der jetzt so etwas wie eine kleine Bilanz vorgelegt hat.

Dass das Thema auch seine juristischen Tücken hat, war den Teilnehmern am Runden Tisch durchaus bewusst, wo neben Vertretern der Verwaltung auch Wissenschaftler und Vertreter aus betroffenen Leipziger Unternehmen – vom Konsum bis zum Unverpackt-Laden „lieber Lose“ – vertreten waren.

Aber natürlich auch Vertreter jener Initiativen, die sich mit dem Thema schon länger intensiv auseinandersetzen – vom Ernährungsrat Leipzig bis zum Leipziger Bündnis Abfallvermeidung. Und ein Rechtsanwalt saß auch mit am Tisch, sodass nicht nur ins Blaue hinein diskutiert wurde.

Und auch nicht nur Emotionen sprachen, wie sie zum Beispiel bei einer Aktion im Januar 2022 auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz zum Ausdruck kamen. Da war das Hauptziel einmal mehr die Praxis der großen Einzelhandelsketten, selbst unverdorbene Lebensmittel regelmäßig in Containern zu entsorgen. Nahrungsmittel, die durchaus Bedürftigen noch zugutekommen könnten.

Worum sich ja auch einige Leipziger Initiativen bemühen – ganz offiziell die Leipziger Tafel, die entsprechende Nahrungsmittel direkt bei den Einzelhändlern abholen kann. Inoffiziell die Gruppen, die die entsorgten Nahrungsmittel aus den (Abfall-)Containern der Supermärkte holen, was man so landläufig Containern nennt.

Auf jeden Fall weitermachen

Aber worum ging es genau am Runden Tisch „Lebensmittelrettung und Umverteilung“?

„Die konzeptionelle Vorarbeit hatte das Ziel, einen Austausch mit wesentlichen Akteuren aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung zur genannten Thematik anzustoßen. Es wurde ein Runder Tisch initiiert, der zwischen Mai 2021 und März 2022 insgesamt dreimal digital getagt hat. In einem offenen Dialog wurden Interessenlagen eruiert, Herausforderungen der Lebensmittelrettung und -umverteilung entlang unterschiedlicher Stufen der Wertschöpfung besprochen und potenzielle Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Der Runde Tisch fungierte auch als Plattform, um kurze Impulsvorträge zu verwandten Themen einzubringen, aktuelle Entwicklungen und Veranstaltungen zu teilen“, heißt es in der Vorstudie, die das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz jetzt vorgelegt hat.

Sie enthält schon eine ganze Reihe Vorschläge, wie sich einzelne Vertreter am Runden Tisch die künftige Rettung von Lebensmitteln vorstellen können.

Aber das sind noch keine Beschlüsse. Dafür ist man sich in einem einig: dass man weitermachen wird. Mit dem Runden Tisch genauso wie mit ersten Formen organisierter Arbeit.

„Derzeit befindet sich das Leipziger Bündnis Abfallvermeidung in Gründung, das – neben weiteren Schwerpunkten – den Themenbereich der Lebensmittelverschwendung und -umverteilung bedienen will“, liest man in der Studie.

„Das Bündnis steht in engem Austausch zum Ernährungsrat, der aktuell ebenfalls eine AG zu diesem Thema gründet. Eine Zusammenlegung der Kompetenzen, je nach Projektinhalt, ist nicht ausgeschlossen (Stand 09/2022).“

Teil der Zero Waste Strategie

Und auch im Verantwortungsbereich der Stadt gibt es Ãœberlegungen:

„Ergänzend kommt hinzu, dass die Vermeidung von Lebensmittelabfällen entlang der gesamten Prozesskette auch in den Aufgabenbereich der Stadtreinigung Leipzig, insbesondere die zu entwickelnde gesamtstädtische Zero Waste Strategie fällt. Wie dieser Bereich konkret integriert werden kann, wird in den nächsten strategischen Schritten und avisierten Stakeholderdialogen sicherlich von Bedeutung sein. Ein direkter Austausch und eine Zusammenarbeit in ersten gemeinsamen Projekten zwischen den Akteuren des Leipziger Bündnisses Abfallvermeidung und dem EB SRL existiert bereits.“

Das Bündnis wird in nächster Zeit eine zentrale Rolle spielen bei der Suche nach Lösungen, die Lebensmittelvernichtung in Leipzig zu reduzieren.

„Vor diesem Hintergrund besteht die Absicht, den Runden Tisch Lebensmittelrettung und -umverteilung zum Leipziger Bündnis Abfallvermeidung zu überführen, eine konstituierende Sitzung ist für den Beginn des 4. Quartals 2022 geplant. Da das Thema der Lebensmittelverschwendung und Umverteilung einen wesentlichen Bereich einer ganzheitlichen Zero Waste Strategie darstellt, sollte eine Einbindung durch den EB SRL gewährleistet werden.“

Wie kompliziert die Gemengelage ist, zeigen ja die aktuellen Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, auf die die Studie auch Bezug nimmt. Denn die meisten Lebensmittelabfälle – fast 60 Prozent – werden in privaten Haushalten weggeschmissen. Hier braucht es also irgendeine Art von Schulung für ganz normale Bürger, wie sie die Lebensmittelverluste in ihrem Haushalt vermeiden können.

17 Prozent der Lebensmittel gehen bei der Außer-Haus-Versorgung verloren, wozu der Runde Tisch zumindest erste Gedanken niedergeschrieben hat, wie man hier ansetzen könnte. Einige Caterer haben schon ihre Kooperation zugesagt. 15 Prozent gehen bei der Lebensmittelverarbeitung verloren und 7 Prozent im Handel. Es braucht also verschiedene Ansätze, die Sache anzupacken.

Vorgeschlagen wurden zum Beispiel eine konkrete Förderung der Direktvermarktung und Regionalisierung, um Verluste entlang der Prozesskette zu vermeiden, die Entwicklung eines Ladens für gerettete Lebensmittel, aber auch die Entwicklung eines Pilotprojektes zur Messung von Lebensmittelabfällen. Jetzt kann man gespannt sein, welche Vorschläge in dieser Runde konkret werden und in naher Zukunft in Leipzig tatsächlich umgesetzt werden.

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