Für die FDP-Fraktion war eigentlich alles klar in Sachen Konzessionsvergabe, als enviaM beim Landgericht Leipzig eine einstweilige Verfügung erwirkte, nach der die Stadt die Stromkonzessionen für die 1999/2000 eingemeindeten Ortsteile nicht an einen anderen Bewerber vergeben darf. Am 17. Februar hatte die FDP-Fraktion beantragt, die Konzessionen endgültig an enviaM zu vergeben. Aber so klar ist es nicht, auch nicht mehr aus Sicht der Stadtverwaltung.

Die Verwaltung plädiert dafür, den FDP-Antrag abzulehnen und erst einmal den Gerichtsentscheid aus Dresden abzuwarten. Denn mit der Rückweisung ihres Widerspruchs durch das Landgericht will sich die Stadt Leipzig nicht zufriedengeben. Auch weil das Bewertungsergebnis für die eigenen Stadtwerke nicht wirklich schlechter war als das für den Konzessionsinhaber enviaM.

“Bei einer ersten Prüfung durch die Kanzlei BRS hatte die EnviaM nach Punkten das Vergabeverfahren gewonnen. Diese Bewertung wurde von der Rechtsanwaltskanzlei kbk geprüft und aufgrund eingeschätzter Bewertungsfehler mit einer Korrekturbewertung versehen”, heißt es nun in einer Stellungnahme des Verwaltungsdezernats. Das ist deutlich und zeigt zumindest, dass die Entscheidung über die beiden Bewerber enviaM und SWL durch den Stadtrat durchaus in eigener Kompetenz hätte erfolgen können. Die Bewerbungen waren gleichwertig. Und Ausschreibungsverfahren sind nicht dazu da, dass externe Büros entscheiden, wer den Zuschlag bekommt, sondern damit die politischen Gremien objektive Bewertungskriterien in die Hand bekommen, um eine sachgerechte Entscheidung fällen zu können.

Und nach der Überprüfung durch BRS kamen dann die Stadtwerke Leipzig sogar zu einer höheren Bewertung. Sie hatten also in ihrer Bewerbung um die Ausschreibung nicht wirklich etwas falsch gemacht.

“Aufgrund dessen hatte der Verwaltungsausschuss in der Sitzung am 4. September 2013 der Ratsversammlung empfohlen, die Vergabe an die Stadtwerke Leipzig zu beschließen”, stellt das Verwaltungsdezernat fest. Was in der Regel schon eine Richtungsvorgabe ist. So deutlich, das enviaM gleich den Weg zu Gericht antrat und eine einstweilige Verfügung erwirkte.

Im Text des Verwaltungsstandpunkts: “Die EnviaM hat vor dem Landgericht Leipzig eine Einstweilige Verfügung erwirkt, nach der es der Stadt Leipzig untersagt wird, den Konzessionsvertrag mit einem anderen Bieter als die EnviaM zu schließen. Dagegen hatte die Stadt Leipzig durch die Rechtsanwaltskanzlei kbk Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch wurde mit dem Urteil des Landgerichts Leipzig vom 12.11.13 zurückgewiesen.”Aber wenn politische Entscheidung jetzt von Gerichten ausgehebelt werden, stimmt irgendetwas nicht im Land. So sehen es auch Verwaltung und Verwaltungsausschuss. “Gegen das Urteil wurde aktuell Berufung beim Oberlandesgericht Dresden eingelegt. Weiterhin wurde mit der Vorlage V/3497 der weitere Verfahrensweg bei der Vergabe der Stromkonzession mit dem Verwaltungsausschuss abgestimmt. Demnach soll die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vor der Beschlussfassung über die Vergabe abgewartet werden. Auf die Vorlage V/3497 wird verwiesen. Der Antrag ist daher abzulehnen, zumindest aber derzeit abzusetzen. Sollte dem Antrag stattgegeben werden, so würde damit das derzeitige Verfahren, wie mit dem Verwaltungsausschuss abgestimmt, konterkariert werden. Es lägen dann zwei gegensätzliche Vorschläge vor. Dies ist gerade mit Blick auf die Komplexität des Vorganges und den erheblichen vor allem finanziellen Folgen nicht angeraten und kann langfristig direkt und indirekt zu finanziellen Nachteilen der Stadt Leipzig führen.”

Natürlich geht es um eine Menge Geld. Und es geht um den Zugriff auf das Leipziger Stromnetz und die Frage: Will eine Kommune die komplette Hoheit darüber?

“Die Entscheidung über die Vergabe der Stromkonzessionen hat erhebliche Folgen für die Stadt und die stadteigenen Unternehmen”, so das Verwaltungsdezernat. “Daher verlangt diese Entscheidung eine Abwägung aller vorhandenen Optionen und der damit verbundenen Risiken und auch Chancen. Entsprechend wurde der Verwaltungsausschuss informiert und der dortige Beschluss gefasst.”

Was die FDP beantrage, entspräche halt nicht dem aktuellen Verfahrensstand.

Offen ist natürlich, wie das Oberlandesgericht entscheidet.

“Im Rahmen der Vergabe sind alle für die Vergabe relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen auch der aktuelle Rechtsstreit gehört. Eine tatsächliche rechtlich sichere Entscheidung über die Vergabe der Konzession ist vor Abschluss des Verfahrens nicht möglich”, betont das Verwaltungsdezernat. “Die Vergabe wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit anfechtbar. Der Antrag ist daher abzulehnen und das mit dem Verwaltungsausschuss abgestimmte Verfahren einzuhalten. Die abschließende Vorlage zur Vergabe der Stromkonzessionen wird demnach unmittelbar nach dem Berufungsurteil dem Verwaltungsausschuss zugeleitet werden.”

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