Wie geht es eigentlich Leipzigs Kommunalunternehmen? Das will auch der Leipziger Stadtrat gern wissen, auch wenn die Stadträte Vieles schon aus den Aufsichtsratssitzungen erfahren. Am 5. November bekommt der Verwaltungsausschuss ein Papier auf den Tisch, das Lage, Erwartung und Risiken der Unternehmen in knapper Form zusammenfasst: die "Jahresabschlussreports 2013". Dabei gibt es zwei ganz große Sorgenkinder.

Die Reports arbeiten mit hübschen kleinen Ampeln, die dem Leser gleich zeigen: Hier ist alles im grünen Bereich (grün), hier bestehen Risiken (gelb) und hier ist das Unternehmen akut im Minus (rot). Die meisten Unternehmen sind aus Sicht der städtischen Beratungsgesellschaft bbvl im grünen Bereich – sowohl was die Lage, als auch was das Risiko betrifft. Einige von denen, deren Ertragslage gut ist, haben es mit diversen Risiken zu tun. Dazu gehören natürlich alle Unternehmen in der Stadtholding LVV, mit der LVV angefangen bis zu ihren Töchtern LVB, SWL und KWL. Das größte Damoklesschwert ist natürlich der Prozess der Wasserwerke Leipzig (KWL) gegen die Schweizer Großbank UBS in London. Sollte das Urteil gegen die KWL ausfallen, wirft die drohende Schadenssumme sämtliche Investitionspläne der Leipziger Unternehmen über den Haufen.

Risiken sieht die bbvl auch bei der Abfallwirtschaft Leipzig (steigende Personalkosten, sinkende Abnahmepreise für Papier), bei der Fernwasserversorgung Elbaue?Ostharz GmbH (starke Konkurrenz) und beim Zoo, wo ebenfalls die Konkurrenz anderer Einrichtungen derart als Risiko gesehen werden. Trotzdem sieht die bbvl beim Zoo für die Stadt derzeit keinen Grund, etwas zu ändern. Da können sich Leipzigs Stadträte also den Kopf zerbrechen, ob die gelben Kästchen jetzt irgendwelche Folgerungen nach sich ziehen oder ob man einfach das nächste Jahr abwartet.

Hilft das Papier trotzdem beim Steuern? – Zumindest wird man aufmerksam gemacht. Und beim Städtischen Krankenhaus St. Georg sind nun einmal zwei rote Kästchen zu sehen. Und das hat fast nichts mit der Arbeit des Klinikums selbst zu tun, sondern mit einem Umfeld, das durch die Bundespolitik in den vergangenen 20 Jahren regelrecht verzerrt wurde.

Da kann ein Krankenhaus voll belegt sein und ganz seiner Funktion genügen – es rutscht trotzdem in die roten Zahlen. Das hat mit der deutschen Privatisierungspolitik im Gesundheitswesen zu tun, das den Krankenhäusern reihenweise die Finanzgrundlagen entzieht. Kleinere und mittlere Krankenhäuser mussten in den letzten Jahren schon reihenweise schließen. Mit dem St. Georg erwischt es jetzt auch ein großes Klinikum. Bislang konnte auch das St. Georg insbesondere durch die Übernahme von teuren Spezialbehandlungen ein relativ ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaften. Doch die Konkurrenz ist mitten in Leipzig herangewachsen.

“Aufgrund der nicht kostendeckenden gesetzlichen Krankenhausfinanzierung, bei der die anfallenden tariflichen Kostensteigerungen im Personal- und Materialbereich nur teilweise über Steigerung der Landesbasisfallwerte kompensiert werden, wird sich der Kostendruck für die Gesellschaft weiter verstärken”, stellt die bbvl fest. “Darüber hinaus ist der regionale Krankenhausmarkt in Leipzig durch eine bereits starke und durch die Übernahme des Herzzentrums und des Parkkrankenhauses durch die Helios?Gruppe und der damit möglicherweise verbundenen strategischen Positionierung dieser Häuser möglicherweise noch zunehmende Wettbewerbssituation geprägt, so dass Leistungssteigerungen im Bereich der medizinischen Leistungsentwicklung tendenziell schwierig sind. Gelingt es daher kurz? und mittelfristig nicht, eine ergebnisadäquate Aufwandstruktur zur Erwirtschaftung positiver Jahresergebnisses umzusetzen, ist aufgrund der Liquiditätssituation die Zahlungsfähigkeit und damit der Fortbestand der Gesellschaft gefährdet.”Das ist der Satz, der nun schon seit Monaten durch die Leipziger Politik geistert: eine Privatisierung des St. Georg als möglicher Ausweg. Der eigentlich keiner ist. Denn auch ein privater Erwerber wird um weitere “Kostenanpassungen” nicht herumkommen: Die städtischen Krankenhäuser sind unübersehbar Opfer einer völlig schief gelaufenen Gesundheitspolitik. Wenn eine “gesetzliche Krankenhausfinanzierung” nicht kostendeckend ist, hat die Politik versagt. Oder sie setzt ganz bewusst darauf, dass kommunale Krankenhäuser auf diese Weise zum Zwangsverkauf getrieben werden.

Was – wenn sich die zuständigen Regierungen nicht bewegen – die Stadt Leipzig in eine Zwangslage bringt: Will sie das St. Georg weiter in kommunaler Trägerschaft behalten, wird es eindeutig zu einem weiteren Zuschussunternehmen. Weitere Einsparmöglichkeiten etwa beim Pflegepersonal, gibt es kaum.

Und auch wenn zwei gelbe Kästchen zu sehen sind, ist auch die Mitteldeutsche Flughafen AG ein Sorgenkind – und bleibt noch auf Jahre ein Zuschussgeschäft. 2013 hat die Betreibergesellschaft der beiden Flughäfen in Leipzig und Dresden ein Minus von 60,559 Millionen Euro eingefahren. Das ist zwar deutlich weniger als noch 2012 (77,692 Millionen Euro), aber der Wettbewerbsdruck – und damit auch der Preisdruck – haben zugenommen. “Für die folgenden Jahre werden weiterhin negative Jahresergebnisse prognostiziert. Eine wirtschaftliche Verbesserung ist insbesondere von einer besseren Auslastung der geschaffenen Infrastruktur abhängig. Die Unternehmensgruppe ist daher direkt oder indirekt abhängig von den Risiken im Flughafengeschäft bzw. flughafenaffinem Gewerbe …”, schreibt die bbvl dazu.

Was wohl zumindest heißt, dass die beiden Flughäfen weiter Zuschussgeschäfte bleiben. In Dresden wurden – nachdem zuvor eifrig steigende Passagierzahlen gefeiert wurden – 2013 erstmals deutliche Rückgänge gemeldet. Dafür stiegen die Passagierzahlen in Leipzig leicht an und der Frachtumschlag bekam hier einen leichten Dämpfer. All das bedeutet natürlich, dass die großen Wachstumspotenziale – auch im Frachtumschlag – erst einmal erschöpft sind, dass Fracht- und Passagieraufkommen sich erst einmal nur noch in kleinen Raten verändern.

Fragezeichen gibt es freilich auch noch beim Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen, wo bislang nur Geschäftszahlen bis 2011 vorliegen. Aber der Verband hat sich 2010/2011 augenscheinlich in die Pluszone vorgearbeitet.

Erstmals wird auch die neu geschaffene Wirtschaftsfördergesellschaft Invest Region Leipzig GmbH bewertet, die eigentlich in eine dritte Kategorie gehört, denn sie arbeitet komplett mit Mitteln, die ihr die Gesellschafter zur Verfügung stellen, und hat sonst keine Einnahmen.

Insgesamt wurden 17 Unternehmen bewertet.

Die Jahresabschlussreporte der Beteiligungsgesellschaften 2013 als PDF zum Download.

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