Eigentlich war das 2012 schon abzusehen, als Leipzigs Stadtverwaltung mal wieder über ein (Teil-)Privatisierungsprojekt nachdachte. Da ging es um den Eigenbetrieb Städtisches Bestattungswesen Leipzig, den man gerade in eine GmbH umwandelte. Irgendwie wollte da jemand in Leipzigs Verwaltung gleich alles auf einmal: Umwandlung der Rechtsform, Abbau der Verluste, Verkauf von 49 Prozent.

Man merkte schon, dass alle ihre Handbücher „Wie saniere und verkaufe ich ein Unternehmen“ gelesen hatten. Aber schon beim Verkaufsversuch von 49 Prozent der Anteile von HL komm und Perdata hatte man eigentlich erlebt, dass solche „Filetstückchen“ für Investoren völlig uninteressant sind, wenn die Käufer nicht die komplette Steuerung im Haus bekommen.

Aber diese Scheibchenverkäufe ignorieren oft auch, welche Potenziale allein schon in der Umwandlung der Geschäftsform liegen – in diesem Fall wurde das Städtische Bestattungswesen aus einem Eigenbetrieb in eine GmbH umgewandelt. Schon 2012 hatte sich bemerkbar gemacht, wie das auch die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens verändert: Aus dem sechsstelligen Minus der Vorjahre war ein erstes leichtes Plus geworden, das sich dann in den Folgejahren weiter steigerte.

Und so stellt nun auch das Umweltdezernat in einer Vorlage für den Stadtrat fest: Na ja, das Ding rechnet sich eigentlich. Das muss eigentlich nicht verkauft werden. Im Gegenteil: Es wird sogar dringend gebraucht, um den Markt zu stabilisieren. Denn nur so kann die Stadt Leipzig auch die nicht geringe Zahl von Sozialbestattungen absichern. Besonders wichtig aber war, dass der Betrieb die Friedhofsgärtnerei nicht länger betreiben musste, die vor allem für das Minus im Geschäft verantwortlich war: „Hierbei ist auch die Schließung der langjährig defizitär arbeitenden Bereiches Gärtnerei  zu nennen. Der benötigte Pflanzenbedarf des Bereiches Grabpflege wird seit dem Jahr 2012 komplett fremdbezogen und nicht mehr selbst hergestellt“, heißt es in der Vorlage des Umweltdezernats, die der Stadtrat am 23. März auf dem Tisch haben wird. „Des Weiteren wird das Unternehmen jetzt durch flache Hierarchieebenen gekennzeichnet und es konnten zur Beschaffung von Investitionsgütern andere Finanzierungsformen (Leasing) genutzt werden.“

Und weil das mit den 49 Prozent sichtlich nicht funktioniert, hatte die Landesdirektion 2012 noch die Auflage verfügt: „Wenn die ordentlichen Jahresergebnisse der Städtisches Bestattungswesen Leipzig GmbH für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 ohne Berücksichtigung außerordentlicher Ereignisse negativ sind, ist im Jahr 2016 eine Entscheidung über die vollständige Veräußerung des Unternehmens zu treffen.“

Das Jahr 2016 ist ran – und siehe da: Die GmbH hat Überschüsse erwirtschaftet. Aus Not jedenfalls muss das kleine städtische Unternehmen nicht verkauft werden.

So schätzt es nun auch das Umweltdezernat ein: „Da die Jahresergebnisse 2013 und 2014 nach den festgestellten Jahresabschlüssen der SBWL ohne außerordentliche Ereignisse allesamt positiv sind und sich in der derzeitigen Ergebnisprognose für das Jahr 2015 (Stand 29.02.2016) neuerlich ein deutlich positives Jahresergebnis, ebenfalls ohne entsprechende Sondereffekte, abzeichnet, ist die Auflage der Landesdirektion Sachsen insofern gegenstandslos geworden, als eine Entscheidung über eine (vollständige) Veräußerung der SBWL nicht aufgrund der rechtsaufsichtlichen Genehmigungslage erfolgen muss.“

Und da das kleine Unternehmen augenscheinlich funktioniert und keine Defizite produziert, ist auch das Umdenken der Stadt spürbar, die nun für sich akzeptiert, dass ein eigenes Bestattungsunternehmen auch nicht so unwichtig für die eigene soziale Rolle ist. Denn in einer Stadt der Niedriglöhner werden sich die Fälle mehren, in denen die Stadt die Sicherung von Sozialbestattungen übernimmt.

Und so formuliert das Umweltdezernat jetzt: „Die Städtisches Bestattungswesen Leipzig GmbH sieht sich als Dienstleister der Stadt Leipzig im Sinne eines Marktregulativs. Damit ist der Anspruch verbunden, für ‚Jeden‘ eine würdevolle Bestattung durchführen zu können, egal welcher sozialer Herkunft. So entlastet die Tätigkeit der SBWL zusätzlich den kommunalen Haushalt, indem die stetig wachsende Zahl an Sozialbestattungen – bestehend aus Sozialamtsfällen (Hinterbliebene ohne ausreichende Mittel für Bestattung) und Ordnungsamtsfällen (keine ermittelbaren Hinterbliebenen) – vergleichsweise kostengünstig realisiert wird.“

Und die logische Folge, nachdem nun auch die Grundforderungen der Landesdirektion erfüllt sind: „Die Veräußerung von bis zu 49 % des Anteils des Stammkapitals der Städtisches Bestattungswesen Leipzig GmbH wird nicht weiter verfolgt.“

Die Begründung zur Verwaltungsvorlage.

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