Das halbe Jahr ist herum. Die Touristiker schauen wieder wie gebannt auf die Zahlen. Immerhin treibt sie seit 2015 eine berechtigte Angst um: Schlagen die PEGIDA-Umtriebe noch stärker durch auf den Tourismus in Sachsen? Aber zumindest in Leipzig scheint das nicht so zu sein. Auch im ersten Halbjahr 2016 stiegen die Übernachtungszahlen.

Und das ganz ohne großes Jubiläum. Nur der Katholikentag fiel ja in die Zeitspanne. Was schon zu denken gibt. Braucht eine Stadt wie Leipzig überhaupt große Feste und Feiern, um für Reisende attraktiv zu sein? Kann es sein, dass das alles nur Zirkus ist, der auf den Tourismus überhaupt keine Rückwirkung hat?

Das kann durchaus sein.

Mit insgesamt 745.481 Ankünften und 1.390.200 Übernachtungen übertrifft Leipzig im 1. Halbjahr 2016 die Rekordmonate des ersten Halbjahres 2015 deutlich, meldet die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH. Nach kontinuierlichen Zuwächsen konnte sich Leipzig gegenüber dem 1. Halbjahr 2015 um 4,5 Prozent bei den Ankünften sowie 5,1 Prozent bei den Übernachtungen steigern.

Leipzigs Gästen standen im 1. Halbjahr 2016 insgesamt 122 Beherbergungsbetriebe mit 15.078 angebotenen Betten zur Verfügung (1. Halbjahr 2015: 14.978). Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste betrug 1,9 Tage (1. Halbjahr 2015: 1,8 Tage).

Und wie man allerorten sieht, werden immer neue Hotels gebaut und eröffnet. Wenn Leipzig so weitermacht, hat es bald die größte Hoteldichte aller deutschen Großstädte im Zentrum. Die Stadt zieht. Und da das Ganze ohne Riesen-Jubiläum funktioniert, scheint die Stadt selbst die Attraktion zu sein. Vor allem für Besucher aus der Bundesrepublik selbst.

Volker Bremer, Geschäftsführer der Leipzig Tourismus und Marketing (LTM) GmbH, freut sich über das Wachstum: „Mit einem Gästezuwachs in dieser Höhe wurden unsere Erwartungen deutlich übertroffen. Damit liegt Leipzig weiter an der Spitze der sächsischen Großstädte und Regionen. Das ist nicht selbstverständlich, denn zum Beispiel Chemnitz (-9,0 %) oder Dresden (-0,2 %) verzeichneten Rückgänge bei den Übernachtungen.“

Überregional wird sehr wohl wahrgenommen, wie sich die Atmosphäre in Sachsen ausdifferenziert.

Im Verhältnis zum Gesamtwachstum erhöhte sich der Anteil der inländischen Gäste im 1. Halbjahr 2016 um 4,0 Prozent (Ankünfte) und 5,1 Prozent (Übernachtungen). Deutlich ist aber auch die Anzahl der ausländischen Gäste gestiegen. Deren Ankünfte und Übernachtungen erhöhten sich im 1. Halbjahr 2016 auf 101.756 (+7,6 Prozent) und 216.070 (+5,2 Prozent). Dies entspricht einem Anteil von 15,5 Prozent an den gesamten Übernachtungen. Die Hitliste der ausländischen Gäste führen bei den Übernachtungen Großbritannien (20.446), die USA (20.079) und die Schweiz (19.726) an.

Aber gerade bei Gästen aus dem Ausland machen sich Wellenbewegungen bemerkbar. Die Besucherzahlen aus Polen sind mit 35,8 Prozent drastisch zurückgegangen, deutliche Rückgänge gab es auch bei Besuchern aus Spanien (- 10,7 %) und Frankreich (- 6,1 %). Die Krisenerscheinungen in Europa machen sich auch im Tourismus bemerkbar.

Dafür haben die Briten noch einmal tüchtig zugelegt. Wollten sie alle noch einmal Leipzig sehen, bevor es für das Brexit-Land zu teuer wird? Um 23,4 Prozent stieg die Zahl der Besucher aus Großbritannien an. Mit 20.446 Übernachtungen waren die Briten damit zum ersten Mal die Nummer 1 unter den Leipzig-Besuchern aus dem Ausland, haben die USA überholt, die lange Zeit die Tabelle anführten.

Aber auch da tut sich was. Denn während jahrelang die Transitflüge der Afghanistan- und Irak-Truppen eine Rolle spielten, ging dieser Anteil unter den USA-Gästen nach dem Abflauen der Kriegseinsätze deutlich zurück. Jahrelang schmolzen die Zahlen dahin. Aber im ersten Halbjahr 2016 gab es auch bei den USA-Besuchern einen Zuwachs um 6,5 Prozent. Was bedeuten könnte, dass die Werbeaktivitäten um ein musik- und kunstliebendes Klientel in Übersee jetzt langsam Früchte tragen.

Sagen kann man das natürlich erst, wenn sich die Zahlen stabilisieren.

Nach den USA sind es die Schweiz und Österreich, von wo viele Besucher nach Leipzig kommen, gefolgt von den Niederlanden und nun von den Polen, wo es den starken Rückschlag gab.

Aus Italien hingegen stiegen die Besucherzahlen wieder. Und ebenso aus Russland.

Volker Bremer jedenfalls blickt optimistisch in die Zukunft: „Es zeigt sich, dass sich Leipzig als gefragtes Reiseziel weiter etabliert hat. Zum Imagegewinn und Gästewachstum haben im 1. Halbjahr 2016 eine Vielzahl von Maßnahmen beigetragen. Vielleicht fällt schon 2016 die Schallmauer von drei Millionen Übernachtungen. Das wäre fast eine Verdoppelung in gut zehn Jahren. Leipzig hat mit 66,9 % Auslastung der angebotenen Gästezimmer den mit Abstand besten Wert in Sachsen. Dresden (57,4 %) und Chemnitz (50,2 %) folgen auf Platz 2 und 3.“

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