Fleischerei steht am Laden, ein gemütliches Café findet sich drin. Da muss man erst mal drauf kommen, wenn man vorbeifährt. Viel Wind hat ein Brief verursacht, in denen Elternvertreter die Situation in der Grundschule am Rabet kritisierten. Eine der drei Unterschriften: „Katarzyna Pawlitzki, Vorsitzende des Elternrates der Schule am Rabet“. Also ein Brief des Elternrates? Klar, dachte ich zuerst, bis ich zufällig auf ein Mitglied des Elternrates stieß, das klarstellte: „Diese Aktion wurde nicht in den öffentlichen Elternratssitzungen besprochen.“ Im Café Fleischerei traf ich Frau Simmank und sprach mit ihr über die Schule am Rabet.

Der offene Brief kritisiert mangelnde Kooperation der Schulleitung mit Eltern, fehlendes Krisenmanagement und mangelhaften Informationsfluss. Sie sind seit 2007 Mitglied des Elternrates. Wurde über das Thema im Elternrat gesprochen?

Nein. Die Verfasser nehmen für sich in Anspruch, für die Eltern zu sprechen, informieren aber nicht einmal die gewählten Elternvertreter. Wie können sie dann in Anspruch nehmen, für die Eltern zu sprechen? Es stimmt nicht, dass die Eltern einen Offenen Brief an Herrn Tillich gerichtet haben, es waren lediglich drei Eltern. Ich distanziere mich ganz klar von dieser Form der Kommunikation. Schule, Lehrer und Schulleitung öffentlich an den Pranger zu stellen finde ich grundlegend falsch. Und jetzt nach der Schulleitung auch die Lehrer der Schule anzugehen, finde ich der Lösung der Probleme, die es zweifelsohne wie an jeder anderen Schule auch hier gibt, nicht zuträglich. Diese Art von Aktionismus bin ich nicht bereit, mitzutragen.

Sie sind auch in der Schulkonferenz. War der Inhalt des Briefes dort Thema?

Nein. Nirgendwo ist das thematisiert worden. Die Verfasser des Briefes wissen gar nicht, ob sie im Interesse der Eltern schreiben. Sie vermuten es nur. Das war ein Alleingang ohne Rücksprache mit dem Elternrat. Gleiches gilt für den Förderverein der Schule. Hier wurde das dritte Vorstandsmitglied des Fördervereins übergangen. Es wurde von dem Brief nicht informiert.

Das dritte Mitglied hat ihnen das so gesagt?

Ja. Da wird klar, dass auch der Förderverein übergangen wurde.

Welche Wirkung hat der öffentliche Brief?

Der Brief passt in das Klischee vom Leipziger Osten. Es wurde genau in die Kerbe gehauen. Der Elternrat war immer bemüht, den Ruf der Schule zu verbessern und sich dem Stadtteil zu öffnen. Wir haben einen Tag der Offenen Tür eingeführt, um zu zeigen: wir sind doch eigentlich eine tolle Schule. Guckt euch das mal an, was hier alles dahinter steckt. Die kulturelle Vielfalt hier kann eine Bereicherung sein. Die Verfasser des Briefes haben genau das jetzt kaputt gemacht. Ich wurde angesprochen, wie ich mein Kind auf diese Schule schicken kann. Der Ruf der Schule ist nachhaltig geschädigt.

Die Bildzeitung hat die Schule am Rabet als die schlimmste Grundschule Leipzigs betitelt. Die Wirkung auf die Lehrerinnen und Lehrer dieser Schule wurde beim Verfassen des offenen Briefes nicht bedacht. Im Schreiben wird der Anschein erweckt, dass alle Lehrer außer Frau Hess und außer der Schulsozialarbeiterin schlecht sind. Ich empfinde das nicht so. Vorfälle an der Schule sollten nicht an die Öffentlichkeit gezerrt werden, weil man nicht mit der Schulleitung zusammenarbeiten kann.

Welche Probleme sehen Sie an der Schule?

Es fehlen an dieser Schule – wie auch an anderen Leipziger Schulen – zusätzliche Lehrer und zusätzliche Mittel (Hausaufgabenbetreuung, Förderunterricht, Deutschkurse, Zweitkraft im Unterricht …). Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Eventuell hoffen die Verfasser auf einen ähnlichen Aufschwung wie an der Berliner Rütli-Schule. Mit einem Unterschied: Damals wurden die Missstände durch die Lehrer öffentlich gemacht. Von Menschen also, die tatsächlich im Unterrichtsalltag dabei sind und nicht von Außenstehenden, die nur indirekt am Schulleben beteiligt sind. Ich verneine nicht, dass es Probleme an dieser Schule gibt. Ich habe aber auch selbst zweimal erfahren, dass bei Problemen gemeinschaftlich nach Lösungen gesucht wurde.

Werden die Probleme von der Schulleitung ignoriert?

Es wird an der Grundschule Rabet durchaus nach Lösungen gesucht, es wird an Missständen gearbeitet. Doch Veränderungen brauchen Zeit zu greifen, Zeit, bis sie von außen wahrnehmbar sind. An der Grundschule am Rabet arbeiten meiner Meinung nach sehr kompetente Lehrer, die ihre Arbeit sehr gut machen. Die Schulsozialarbeiterin hat nicht nur an dieser Grundschule gearbeitet. Ein Zusammenhang zwischen der Erkrankung der Schulsozialarbeiterin und den Arbeitsbedingungen an der Grundschule ist spekulativ.

Auch die hohe Fluktuation der Lehrerinnen und Lehrer ist nicht automatisch der Schulleitung anzulasten. Das sind alles Mutmaßungen und passt natürlich super in einen Offenen Brief. Das klingt gut und untermauert das alles, aber letztlich ist das alles gar nicht bewiesen. Deshalb möchte ich dem widersprechen, einfach als Gedankenanstoß, nicht einfach alles zu glauben, was man so liest und hört. Es ist wichtig, nachzudenken, ob es da nicht andere Komponenten gibt, die da reinspielen.

Im Brief steht, dass ein Lehrer ein Kind geschlagen habe.

Ich habe das auch in dem Brief das erste Mal gelesen. Die Sächsische Bildungsagentur hat letzte Woche bei einem Treffen in der Schule dazu gesagt, dass personelle Konsequenzen gezogen wurden. Weiter haben sie dazu nichts gesagt. Jetzt kann man nur Mutmaßungen anstellen.

Auch an anderen Leipziger Schulen läuft die Kommunikation schlecht. Wäre es gut, manche innerschulischen Vorgänge transparenter zu gestalten, damit kein falscher Eindruck entsteht?

Das stimmt. Die Kommunikation an der Schule könnte tatsächlich besser sein. Ich sehe es auch an anderen Schulen. Wenn man nicht im Elternrat ist und nicht die Protokolle liest, kriegt man nichts mit und weiß nicht, was da läuft.

Gehen ihre Kinder gerne in die Schule am Rabet?

Der Jonas ist schon sehr, sehr traurig, dass er bald gehen muss. Meine Kinder haben keinen Migrationshintergrund. Wir kommen auch nicht aus einer sozial schwierigen Schicht und haben uns trotzdem bewusst für diese Schule entschieden.

Kommen die Kinder in der Klasse gut in Kontakt untereinander?

Ja, die verstehen sich sehr gut. Der Jonas lernt wirklich was fürs Leben. Der läuft später sicher nicht bei Legida mit. Für ihn ist es ganz normal, mit verschiedenen Nationen aufzuwachsen und er sieht auch den Mehrwert. Sein bester Freund ist Vietnamese und er mag diesen Freund sehr gerne. Auch die Familie mag meinen Kleinen. Die partizipieren beide voneinander. Wenn der vietnamesische Freund bei uns zu Besuch ist, dann freut er sich, bei uns Wurst und Brot zu essen, weil die das dort in der Familie nicht so machen. Die essen dreimal am Tag warm, habe ich mir erklären lassen und wenn Jonas dort zu Gast ist, wird er gefragt, was er essen möchte und dann wird das frisch gekocht.

Und Jonas sagt immer: Ich habe es so gut, dass ich einen vietnamesischen Freund habe. Die beiden ergänzen sich so toll. Sie gehen auch zusammen dann aufs Gymnasium, wollen dort in eine gemeinsame Klasse gehen. Und so erlebe ich das auch bei anderen in der Klasse. Es ist nur ein Beispiel für viele Beispiele.

Vielen Dank für das Gespräch!

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