Ursprünglich wollte Riccardo Chailly am Donnerstag seinen Leipziger Mahler-Zyklus mit einer Aufführung der 10. Sinfonie fortsetzen. Daraus wird nichts. Aus gesundheitlichen Gründen wird der Italiener den Taktstock seinem deutschen Kollegen Markus Stenz überlassen. Bedeutet die Absage für den vielbeachteten Mahler-Zyklus das vorzeitige Aus?

Dass Riccardo Chailly mit Leipzig nicht mehr warm werden wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Nicht zum ersten Mal hat der Weltstar Dirigate aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Am 28. Januar ließ der 62-Jährige dem Gewandhaus ausrichten, sein Arzt habe ihm eine 14-tägige Ruhepause verordnet. Eine weitere Episode im schleichenden Rückzug des Noch-Kapellmeisters, die auch drei geplante Dirigate in der nächsten Woche betrifft.

Rückblende: Chailly hatte im Mai 2015 bei einer Orchesterversammlung den verdutzten Musikern verkündet, in der Messestadt fortan einige Konzerte weniger dirigieren zu wollen. Seinerzeit wussten nur OBM Burkhard Jung (SPD), die Gewandhaus-Chefetage und der Orchestervorstand, dass der Mailänder längst nicht mehr vorgehabt hatte, seinen bis 2020 laufenden Vertrag zu erfüllen.

Die Bombe platzte schließlich im September. Andris Nelsons folgt Chailly im Amt des Gewandhauskapellmeisters. Der Italiener wird den traditionsreichen Posten bereits kommenden Sommer räumen. Nelsons’ Amtseinführung ist für März 2018 avisiert. Noch-Kapellmeister Chailly wollte im Laufe der Spielzeit zumindest noch seinen Mahler-Zyklus vollenden, der auf CD und DVD festgehalten werden soll. Die ersten Mitschnitte sind bereits erschienen. Die Aufnahme der 7. Sinfonie wurde jüngst mit dem International Classical Music Award prämiert.

Chaillys Absage machte die Pläne vorerst zunichte. Das Gewandhaus prüft, ob das Konzert in den nächsten Spielzeiten nachgeholt werden könne. Bleibt die Frage offen, ob der Maestro das Projekt überhaupt noch vollenden möchte? Fest steht nur, dass Chailly sich während des Bachfests im Juni mit Mahlers Dritter aus der Messestadt verabschieden wird. Ursprünglich war für den Termin eine Aufführung der Mendelssohn’schen Bearbeitung von Bachs Matthäus-Passion angesetzt (findet nun eine Woche früher unter Leitung von Trevor Pinnock statt). Die Programmänderung kam wohl auf Bestreben des Gewandhauses zustande, das nun um die Vollendung der sinfonischen Mahler-Einspielung bangt.

Dass Chailly emotional rein gar nichts mit seiner Hauptwirkungsstätte zu verbinden scheint, bewies jüngst eine weitere Randnotiz. Den Festakt zu Ehren des verstorbenen Kapellmeisters Kurt Masur am 16. April, für den das Gewandhaus Star-Violinistin Anne-Sophie Mutter als Solistin verpflichten konnte, wird nicht Chailly, sondern Michael Sanderling dirigieren. Dabei wäre der Auftritt eigentlich Chefsache, zumal der Kapellmeister rund um den 16. April keinen Verpflichtungen nachzugehen hat.

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