Mühsam nährt sich nicht nur das Eichhörnchen. Mühsam ist auch die Waldvermehrung im Leipziger Stadtwald. Denn um einen Wald zu vermehren, braucht man Fläche. Und die ist schwer zu finden in einer Zeit, in der der Bodenverbrauch durch Versiegelung in Sachsen unvermindert weiter geht. Deshalb jubelt Leipzigs Verwaltung geradezu, wenn doch wieder ein paar Hektar dazu kommen.

So wie am 23. Juni, als das Amt für Stadtgrün und Gewässer gleich mal zur Fanfare griff: “Fläche des Leipziger Stadtwaldes um 6,4 Hektar gewachsen”!

6,4 Hektar. Das hört sich viel an. Wenn man bedenkt, wie schwer neue Aufforstungsflächen zu finden sind, ist es auch viel. “Der Leipziger Stadtwald wächst weiter. Durch Neuanpflanzungen gab es im vergangenen Winter einen Flächenzugewinn von 6,4 Hektar. Davon liegen 0,7 Hektar im Leipziger Norden, 5 Hektar im Osten und 0,7 Hektar im Süden Leipzigs”, meldete das für die Wälder zuständige Amt.

Himmelsrichtungen sind zwar was Feines. Aber das hilft nicht wirklich weiter, wenn man benennen will, wo Leipzig nun besonders Waldzuwachs hatte.

Aber das verriet Andreas Sickert, der für die Stadtforste zuständige Abteilungsleiter im Amt für Stadtgrün und Gewässer, auf Nachfrage. Der größte Teil dieser 6,4 Hektar wurde im Waldgebiet Der Willisch im Leipziger Osten angepflanzt – schon seit Jahren das wichtigste Aufforstungsgebiet für Leipzig. Seit 1990 waren im Willisch schon 25,8 Hektar mit neuen Bäumen bepflanzt worden. Mehr hat die Stadt nur noch auf der alten Hausmüllkippe in Möckern geschafft mit 25,9 Hektar.

Zwei kleinere Anpflanzungsflächen ergänzen das Pflanzstück im Willisch: 0,7 Hektar wurden östlich des Freirodaer Weges bei Quasnitz neu bepflanzt. Quasnitz liegt zwischen Hänichen und Lützschena.

Die im Winter bepflanzte Kompensationsfläche an der Koburger Straße. Foto: Ralf Julke
Die im Winter bepflanzte Kompensationsfläche an der Koburger Straße. Foto: Ralf Julke

Und die restlichen 0,7 Hektar entstanden tatsächlich am Rand des Auenwaldes auf einer Fläche nahe der Pleiße östlich der Koburger Straße in Connewitz, wo früher Gebäude der Stadtwerke Leipzig standen. Die Fläche ist eine Kompensationsfläche für das Gebiet am Tiroler Weg in Probstheida. 2014 wurden die alten Gebäude an der Koburger Straße 15 abgebrochen, die Fläche wurde entsiegelt und in tapferen Reihen wurden Setzlinge in den Boden gebracht. Sie sehen derzeit nach all den trockenen Wochen recht mitgenommen aus. Der Wassermangel und die hohen Temperaturen machen auch dem Jungwald zu schaffen.

Beim Pflanzen versucht die Stadt auch, einen Waldbestand zu schaffen, der auch den hohen Belastungen des Klimawandels standhalten kann. Das schaffen vor allem Laubbäume, die mit höheren Temperaturen und weniger Niederschlägen besser zurecht kommen als Nadelhölzer.

“Gepflanzt wurden bei den Erstaufforstungen insgesamt 52.350 Bäume und Sträucher, davon unter anderem 24.200 Stieleichen, 10.200 Winterlinden, 10.500 Hainbuchen und 6.100 verschiedene ökologisch wertvolle Sträucher, wie Schlehe, Kreuzdorn, Blut- oder Hartriegel. Im Rahmen der Pflegemaßnahmen der Waldbestände kamen zudem 1.350 Stieleichen in die Erde”, meldete das Amt für Stadtgrün und Gewässer. Und wies auch auf den Klimaaspekt dabei hin: “Die Finanzierung erfolgte über Ausgleichsmaßnahmen von Investoren. Um die Nachhaltigkeit der Anpflanzungen zu gewährleisten, wurden vor allem Bäume und Sträucher gewählt, die auch mit vorhersehbaren Klimaschwankungen wie größeren Temperaturunterschieden zurechtkommen. Bei intensiver Kulturpflege in den nächsten Jahren wird es circa 20 bis 30 Jahre dauern, bis der angepflanzte Wald ein entsprechendes Wald-Innenklima entwickelt hat und für Tiere, Pflanzen und Menschen nutzbar ist.”

Und wie groß ist der Leipziger Stadtwald jetzt? – Eine Frage mit mehreren Antworten, denn nicht aller Wald innerhalb des Stadtgebietes gehört auch der Stadt – der Freistaat und private Waldbesitzer sind hier ebenfalls aktiv. Und manchmal geht Wald auch hektarweise verloren, weil etwa der Freistaat eigene Vorstellungen vom Hochwasserschutz hat. So bilanziert Leipzigs Grünflächenamt zum Beispiel im Jahr 2012: “Allein im Leipziger Stadtwald wurden dadurch 5,14 ha Hartholzaue beim Freischlagen der Dämme und bei der Herstellung des fünf Meter Deichverteidigungsstreifens dauerhaft beseitigt.”

1.116,7 Hektar Leipziger Stadtwald liegen direkt im Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald. Aber selbst in der Bergbaufolgelandschaft im Leipziger Südraum besitzt Leipzig 80 Hektar Wald, ein Teil davon steht sogar auf Zwenkauer Flur.

Insgesamt liegen 2.424 Hektar Wald innerhalb der Stadtgebietsgrenzen von Leipzig. Das sind 8,1 Prozent der Leipziger Stadtfläche. Was aber mit dem eigentlichen Stadtwald nicht zu verwechseln ist: Der Besitz der Stadt Leipzig an Wald, von dem ein gut Teil auch außerhalb der Stadgrenzen liegt, betrug 2012 immerhin 2.063 Hektar. Um diesen Waldbesitz geht es, wenn die Stadt von der Vermehrung des Stadtwaldes berichtet.

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