Es war die Linksfraktion, die im Juni vorgeprescht war und beantragt hatte, „bis zum 31.12.2016 die Voraussetzungen zu schaffen, damit ab 2017 als wichtige Umweltmaßnahme für Leipzig nur solche Lkw ab 3,5 t das Stadtgebiet befahren dürfen, die im Stadtbereich einen Ziel- oder Quellpunkt haben.“ Alle anderen sollten ein Durchfahrtsverbot verpasst bekommen. Wie in München.

Hätte Leipzig nicht nach wie vor ein schweres Problem mit der Luftbelastung, hätte Leipzigs Stadtverwaltung wahrscheinlich einfach dankend abgelehnt. Hat man denn noch nicht genug getan, um Leipzig von Lastkraftwagen zu befreien, die nicht unbedingt durch die Stadt müssen?

„Mit der Fertigstellung des Autobahnringes um Leipzig ist Durchgangsverkehr durch Leipzig, speziell auch für Lkw, nicht mehr notwendig“, betont nun das Dezernat für Planung und Bau in einer Stellungnahme zum Linke-Antrag. „Bereits die Vorher-Nachher-Befragung an der Stadtgrenze Leipzig 2006 und 2007 ergab, dass der Lkw-Durchgangsverkehr durch Leipzig aufgrund der Wirkung des Autobahnrings deutlich zurückgegangen ist und faktisch kaum noch eine Rolle spielt. Eine erneute Zählung 2014 belegt, dass der LKW-Verkehr an der Stadtgrenze weiter rückläufig ist. Insofern schätzen wir das Problem als aktuell eher nicht dringlich bzw. relevant ein.“

So ähnlich hat die Verwaltung in den vergangenen Jahren immer wieder argumentiert.

Die Feinstaubbelastung ist ja in den vergangenen zwei Jahren tatsächlich spürbar zurückgegangen, woran freilich die milden Winter einen deutlich höheren Anteil hatten als der Rückgang der Belastung im Straßenverkehr.

Deswegen ist Leipzig das Problem Luftbelastung tatsächlich noch nicht los.

Eigentlich ist das Planungsdezernat der Meinung: „Potenzial zur Senkung der Belastung durch Lärm, Feinstaub und NOx besteht somit durch ein Lkw-Durchfahrtsverbot kaum.“

Trotzdem wagt man diesmal, den Antrag der Linken nicht gleich abzulehnen, sondern reagiert mit einem Alternativvorschlag: „Die Verwaltung prüft im 2. Halbjahr 2016 die verkehrsrechtlichen Voraussetzungen und die Notwendigkeit für ein Durchfahrtsverbot durch Leipzig für LKW.“

Das ist eigentlich nur der billige Teil des Antrags: zu prüfen, ob so ein Durchfahrtsverbot möglich ist.

Dass es möglich ist, beweisen nicht nur München, Stuttgart und Ulm, die die Linksfraktion direkt benannt hat, sondern auch „mindestens acht Städte und Kreise“ in Sachsen, wie die Linksfraktion ebenfalls anführte.

Aber statt darauf einzugehen, hat sich das Planungsdezernat nur das Münchner Durchfahrtsverbot, das seit 2008 existiert, herausgepickt: „In München existiert ein Lkw-Umleitungskonzept, das alle Lkw, die früher das Münchner Stadtgebiet nur als Transitstrecke nutzten, auf die Autobahnverbindung BAB 99 verlagert. Dabei wird grundsätzlich auf Sperrungen unmittelbar an der Stadtgrenze verzichtet. – Das dortige Lkw-Sperrkonzept stellt in erster Linie eine Maßnahme im Kampf gegen den Feinstaub dar und beruht auf der Tatsache, dass bis zur Fertigstellung der BAB 99 tatsächlich Lkw-Durchgangsverkehr einiger der radial auf München ausgerichteten Bundesautobahnen über den dortigen mittleren Ring zu verzeichnen und eine signifikante Reduzierung der Feinstaubbelastung mit dieser Maßnahme zu erwarten war.“

Das könne also für Leipzig gar nicht zutreffen, oder?

Das Planungsdezernat: „Im Falle Leipzig verlaufen die Autobahnen jedoch tangential an der Stadt vorbei, so dass hier von der Struktur des Autobahnnetzes her eine Problemlage wie in München sicher nicht besteht.“

Dabei hatte die Linksfraktion durchaus die Vermutung geäußert, dass der Lkw-Durchfahrtsverkehr doch eine Rolle spielt bei der Leipziger Luftbelastung: „Leipzig hat nach wie vor Nachholbedarf bei der Senkung der Belastung durch Lärm, Feinstaub und NOx. Von positiver Wirkung wäre die Einführung eines Durchfahrtsverbotes für den Lkw-Transitverkehr im Stadtraum, wie sie auch als Maßnahme im LAP aufgeführt ist. Sie ist u. E. ohne große Probleme und auch kostengünstig realisierbar. Solche Durchfahrtsverbote gibt es deutschlandweit in zahlreichen Städten mit Umweltzonen, z. B. in München (seit 2008, ab 3,5 t), Stuttgart oder Ulm.“

LAP ist der Lärmaktionsplan der Stadt. Den Vorschlag gibt es tatsächlich und er wurde vom Stadtrat mit dem LAP auch so beschlossen: „Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung eines Durchfahrtsverbots für den Lkw-Tansitverkehr“.

Im Umsetzungsbericht steht dann auch kühn ein grüner Punkt für: „Maßnahme umgesetzt“.

Das Gegenteil ist der Fall.

Wer dann nachschaut unter der Erläuterung zum Punkt „Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung eines Durchfahrtsverbots für den Lkw-Transitverkehr“, erfährt: „die Prüfung wurde mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass für die Umsetzung eines Durchfahrtsverbots für den Lkw-Transitverkehr keine Rechtsgrundlage existiert.“

So zu lesen im Umsetzungsbericht von 2015.

Entweder haben dann alle Gemeinden, die die Linksfraktion aufgezählt hat, etwas falsch gemacht. Oder die Stadt Leipzig wollte wieder mal ein paar Leuten nicht wehtun.

Dass da etwas nicht wirklich bis zu Ende geprüft wurde, deutet das Planungsdezernat zumindest an, wenn es jetzt betont: „Dennoch wird unabhängig davon im Zusammenhang mit der Abarbeitung der Prüfaufträge des Lärmaktionsplanes im 2. Halbjahr 2016 untersucht, ob ein Durchfahrtsverbot für Lkw-Verkehr für Leipzig straßenverkehrsrechtlich möglich ist. – Da die für die Bearbeitung der Prüfaufträge des Lärmaktionsplanes notwendige Stelle erst ab dem 01.01.2016 besetzt werden konnte, aber bei der Prioritätensetzung für die Ressourcenplanung auch das Thema Prüfung der Anordnung von Tempo 30 vor Kitas und Schulen zu berücksichtigen war, konnte die Bearbeitung dieses Prüfauftrages seitens des VTA erst für das 2. Halbjahr 2016 eingeordnet werden.“

Auch bei den Tempo-30-Zonen vor Schulen und Kitas hatte sich Leipzigs Verwaltung erst schwer getan, scheint nun aber regelrecht Feuer und Flamme zu sein. Möglicherweise sieht das Thema Transitverbot für größere Lkw nach einer gründlichen Prüfung ganz anders aus.

Mehr zum Thema auf L-IZ.de: Linksfraktion beantragt ein komplettes Lkw-Durchfahrtsverbot für Leipzig ab 3,5 Tonnen

Linksfraktion beantragt ein komplettes Lkw-Durchfahrtsverbot für Leipzig ab 3,5 Tonnen

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