In Leipzig hat es am vergangenen Wochenende einen offenbar rassistisch motivierten Angriff gegeben. Mehrere Männer sollen einen Mann aus Westafrika beleidigt und geschlagen haben. Es ist nur ein Beispiel alltäglicher rechter Gewalt in Sachsen. Die Zahlen der Opferberatungsstelle RAA zeigen, dass rechte Gewalttaten deutlich zunehmen. Im vergangenen Jahr gab es dabei einen homofeindlichen Mord.

Ein 22-jähriger Mann aus Westafrika ist am vergangenen Wochenende in Leipzig von mehreren Männern rassistisch beleidigt und geschlagen worden. Das geht aus einer Pressemitteilung des Landeskriminalamtes (LKA) hervor. Die Tat ereignete sich am Samstag, den 2. März, gegen 16 Uhr.

Nach Polizeiangaben stieg das Opfer am Ostplatz in eine Straßenbahn der Linie 15. Aus einer Gruppe stark alkoholisierter Personen heraus sollen „ausländerfeindliche Worte“ gefallen sein. Laut Polizei stießen die Angreifer den 22-Jährigen am Augustusplatz aus der Bahn und schlugen anschließend auf ihn ein. Polizeibeamte hätten die Auseinandersetzung beendet.

In der Straßenbahn dürften sich zahlreiche Fußballfans aufgehalten haben. Am frühen Samstagnachmittag fand in Probstheida ein Spiel zwischen dem 1. FC Lok Leipzig und dem BFC Dynamo statt. Teile beider Fanszenen sind in der Vergangenheit wiederholt durch rechte Gewalttaten aufgefallen. Das LKA wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, ob die Tatverdächtigen als Fußballfans erkennbar waren. Zeugen sollen sich bei der Polizei melden.

317 rechte Angriffe in Sachsen

Der Angriff in Leipzig ist kein Einzelfall. Wie die Opferberatungsstelle RAA Sachsen am Donnerstag, den 7. März, mitteilte, gab es im vergangenen Jahr mindestens 317 rechtsmotivierte Angriffe im Freistaat, davon 60 in Leipzig sowie jeweils knapp 25 im Landkreis Leipzig und im Landkreis Nordsachsen. Mindestens 481 Personen waren von den Angriffen betroffen.

RAA-Fachreferentin Andrea Hübler erklärt die Zunahme um 38 Prozent gegenüber 2017 unter anderem mit den Ereignissen in Chemnitz: „Mehrere tausend Rassist*innen, Rechte und Neonazis gingen mehrere Tage auf die Straße. Bei Demonstrationen instrumentalisierten sie die Tötung eines Menschen, um gegen Geflüchtete, Migrant*innen, Linke und Medien zu hetzen und Gewalt auszuüben. Es häuften sich rassistisch motivierte Attacken in der Stadt.“

Ein weiteres Todesopfer rechter Gewalt

Mehr als 50 Prozent der Angriffe waren laut RAA rassistisch motiviert. „54 Angriffe richteten sich gegen politische Gegner*innen, darunter 20 gegen Journalist*innen. Elf Attacken waren gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung beziehungsweise Identität gerichtet.“ Ein Mensch kam bei einem homofeindlichen Angriff ums Leben. Laut RAA handelt es sich um das 17. Todesopfer rechter Gewalt in Sachsen seit 1990.

Zu den heftigsten Übergriffen im Raum Leipzig zählt unter anderem eine Attacke auf eine Schwangere in Wurzen im Februar 2018. Die Frau aus Eritrea wurde vor ihrem Wohnhaus von Unbekannten beleidigt, geschlagen und getreten. Mehr als die Hälfte der rechten Angriffe im vergangenen Jahr waren Körperverletzungen. Zudem gab es laut RAA mindestens 79 Nötigungen oder Bedrohungen.

Lebensrealität in Sachsen

„So bitter es auch ist, in Sachsen gehören rechte und rassistische Gewalt zur Lebensrealität“, erklärt Petra Köpping (SPD), die sächsische Gleichstellungsministerin. „Es gibt keinen Grund, dies zu beschönigen. Die Kräfte und Strukturen von rechts bedrohen den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.“

Henning Homann, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag, fordert entschiedenes Engagement gegen menschenfeindliche Haltungen und Taten: „Dabei ist jeder Mensch in Sachsen gefragt, dem an einem aufgeschlossenen und friedlichen Miteinander gelegen ist. Wo rechte Einstellungen unwidersprochen bleiben, können sie schnell zu Gewalt führen.“

Die Antworten auf Kleine Anfragen der Linkspolitikerin Kerstin Köditz ergeben zudem, dass im vergangenen Jahr insgesamt knapp 2.500 rechtsmotivierte Straftaten in Sachsen registriert wurden – in etwa so viele wie 2015 und 2016. Beim überwiegenden Teil der Straftaten handelt es sich um Volksverhetzung und verbotene Kennzeichen. Am Montag wurde bereits bekannt, dass es 2018 mindestens 138 antisemitische Straftaten gegeben hat.

Antisemitische Straftaten in Sachsen nahmen in den letzten zwei Jahren massiv zu

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