Carola Ruff hat in ihren Büchern im Buchverlag für die Frau schon so manche Vorschläge unterbreitet, die gewohnten Ess-Weisen und Ernährungsgewohnheiten zu verlassen. Denn mittlerweile hat es sich ja herumgesprochen: Fast Food und Fertigprodukte nebst Süßigkeiten tragen am stärksten dazu bei, dass unsere Ernährung uns krank macht. Aber geht's denn ohne Zucker?

Braucht unser Körper überhaupt Zucker? – Natürlich braucht er den. Er weiß auch damit umzugehen, wenn es nicht zu viel davon gibt und das Zeug nicht auftaucht, wo es gar nicht hingehört. Das Büchlein, das Carola Ruff hier vorlegt, beinhaltet im Grunde zwei Botschaften – sogar drei oder gar vier.

Also der Reihe nach: Der erste und wichtigste Schritt, um aus der Zuckerfalle herauszukommen, ist der Verzicht auf alle Fertigprodukte. Denn sie enthalten praktisch alle 1.) zu viel Zucker und 2.) zu viel versteckten Zucker. Und das betrifft nicht nur lösliche Tees, Kaffees, Limonaden, Ketchup und Joghurt, sondern auch die Fertigprodukte an Suppen, Lasagnen, Pizzen und was es dergleichen mehr im Regal oder in der Tiefkühltruhe gibt.

Die simpelste Regel, all diesen Zuckerbomben zu entkommen, ist immer noch das Selbermachen.

Zweite Empfehlung von Carola Ruff: Eine Zucker-Fastenzeit. Das beinhaltet logischerweise Tipp Nr. 1: Das ganze süße Zeug bleibt im Laden. Man kocht und backt selbst – und lässt den Zucker auch dort weg. Das Ergebnis schon nach wenigen Tagen, verspricht Carola Ruff: Man entwickelt wieder ein ganz intensives Geschmacksvermögen. Denn zur Zuckerfalle gehören ja auch noch die anderen Fallen, die die Fertignahrungsmittel bereithalten: Salzfallen, Fettfallen, Geschmacksverstärkerfallen. Wer das Zeug regelmäßig frisst (anders kann man diesen Abgrund wohl nicht beschreiben), ist nur noch auf ganz wenige, industriell bediente Geschmackssensationen geeicht – und danach auch in gewissem Maße süchtig. Er will von der Geschmacksbombe immer wieder noch mehr. Man frisst nicht nur mehr, weil man immer mehr Zucker braucht und das Zeug nicht wirklich sättigt, man frisst auch mehr, weil man auf bestimmte Geschmackserlebnisse fixiert ist.

Nicht ahnend, dass die wenigen künstlich gepuschten Geschmacksfallen nicht ansatzweise die Vielfalt und Intensität der natürlichen Aromen bieten.

Das merkt jeder, der sich im Sommer mit den Produkten direkt aus dem Garten abgibt: mit Erdbeeren, Kirschen, Äpfeln und all den anderen Dingen, die nicht chemisch harmonisiert und bearbeitet sind und jedes Mal anders schmecken.

Was tun? Denn eine echte Zucker-Fastenzeit hält man ja nicht ewig durch, oder?

Da gibt es (alles noch im Vorwort zu diesem kleinen Büchlein erzählt) Tipp Nr. 3: Allen Zucker in den Rezepten, die man verwendet, möglichst durch natürliche Süßungsmittel ersetzen. Klammer auf: Kristallzucker ist kein natürliches Süßungsmittel, sondern ein aus Rüben oder Rohr hergestelltes chemisches Produkt.

Die geübten Bäcker und Köche haben diese natürlichen Süßungsmittel längst im Gebrauch. Man muss nur ausprobieren, wie man damit umgeht. Das reicht vom Honig über den Ahornsirup bis zur natürlichen Süße von Früchten und Säften und endet irgendwo bei den Trockenfrüchten und Rosinen und Sultaninen (weswegen diese dann auch in den Stollen der Weihnachtszeit auftauchen – nicht der Zucker macht Stollen reich, sondern die verarbeiteten Früchte tun es).

Ein halber Tipp zwischendurch (so ungefähr Tipp 2 1/2: In allen Rezepten einfach die verwendeten Zuckermengen halbieren. Auch das verstärkt den Effekt, dass man wieder mehr schmeckt.

Und der Rest des Buches und die von Carola Ruff beigetragenen Rezepte beschäftigen sich mit Empfehlung 4: Den kristallinen Haushaltszucker kann man durch eine Vielzahl alternativer Süßungsmittel ersetzen – was viele Diabetiker so auch tun – Isomalt, Sorbit, Stevia usw. heißen diese Produkte. Und die tauchen dann auch alle in den Rezepten dahinter auf, in denen Carola Ruff zeigt, wie man eben auch unter Verzicht auf den Kristallzucker Kuchen und Torten backen kann,  Muffins, Törtchen und sogar Weihnachtsgebäck.

Da geht es dann eigentlich immer nur um diesen Süß-Effekt, also den Ersatz des Zucker-Erlebnisses. Denn auf Zucker konditioniert sind nun einmal fast alle Bewohner der westlichen Welt. Viele leiden darunter, weil sie die Gier danach auch nicht mehr loswerden und das Essen sofort ansetzt. Denn verarbeiten kann der Körper diese riesigen Zuckermengen ja nicht. Denn normalerweise braucht der menschliche Körper Zucker nur, um schnell auf Touren zu kommen – etwa wenn man vom Säbelzahntiger gejagt wird oder wenn einen in eisiger Morgenfrühe der Ruf hochschreckt: “Die Bisons sind da!” Dann muss man schnell in die Puschen kommen und auch fähig sein zu einer schnellen körperlichen Anstrengung, sonst gehen einem die Bisons durch die Lappen.

Der Zucker, den wir zu viel zu uns nehmen, wird (in schweißtreibenden Verdauungsvorgängen) in Fett verwandelt. Wie das mit dem Insulin ist, erklärt die Autorin auch kurz, muss sie auch, sonst versteht man auch nicht, warum viele von der Industrie gern verwendete Zuckerersatzstoffe dieselben Effekte haben wie Zucker – manche sogar noch schlimmere, weil der Körper zwar das Signal “Zucker” bekommt, aber dann nichts zum Verheizen hat. Besonders heftig scheint der in den USA verwendete Mais-Sirup zu wirken, den Forscher schon mal mutmaßlich für das extrem zunehmende Körpergewicht der Amerikaner verantwortlich machen.

Was dann auch die Botschaft in sich trägt: Der Weg zu einem gesünderen Essen führt nicht über die Heilsversprechen der Nahrungsmittelindustrie mit all ihren Geschmacksverstärkern und Ersatzstoffen, sondern nur übers Selbermachen und das geschulte Bewusstsein für die Inhaltsstoffe in jedem Essen. Und je mehr davon natürlicher Herkunft sind, umso gesünder ist das Ganze. Und wenn man dann auch noch auf die ganzen Geschmackshämmer von Zucker bis Salz in großen Teilen verzichten kann, umso besser schmeckt das Ganze.

Carola Ruff Backen einmal anders, Buchverlag für die Frau, Leipzig 2015, 5 Euro.

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