„Im Lohengrin gibt es viel blaue Musik. Wagner kennt die opiatischen und narkotischen Wirkungen.“ Zwei Sätze Friedrich Nietzsches bilden das szenische Fundament der opulenten Inszenierung, die seit 2018 auf dem Bayreuther Festspielhügel für Begeisterung sorgt. Es sind die überwiegend in Blautönen gehaltenen Bühnenbilder und Kostümierungen, die das Publikum in den Bann ziehen. Ein riesiger Rundbogen im Hintergrund.

Ein fantasiereich ausgeschmücktes Umspannwerk. Die Männer tragen Insektenflügel, die Damen Hauben und Röcke. Wenn nach über fünf Stunden und zwei Pausen der erlöste Gottfried als ein knallgrünes DDR-Ampelmännchen auftritt, hat das Publikum jede Menge zu sehen und zu staunen gehabt. Über zwei Jahre nach der Premiere hat das Ausstatter-Ehepaar Neo Rauch und Rosa Loy seine Skizzen und Entwürfe in Buchform veröffentlicht.

52 Aquarelle, Malereien und Zeichnungen illustrieren Wagners Libretto in der Fassung letzter Hand. Gebunden in Leinen und gedruckt auf alterungsbeständigem Hochglanzpapier verleiht der Verlag C.H. Beck den Werken einen würdigen, edlen Rahmen.

Pultlegende Christian Thielemann, seines Zeichens Musikdirektor der Festspiele und Premierendirigent, hat ein überarbeitetes Kapitel seines autobiografischen Buchs „Mein Leben mit Wagner“ beigesteuert. Für den führenden Wagner-Dirigenten seiner Zeit ist der „Lohengrin“ eine Verführungsoper. Reinste, Klang gewordene Erotik. Die Partitur sei von großer Schlichtheit und größter Raffinesse. Naiv und sentimentalisch. Melodiös und avanciert.

Wie recht der 61-Jährige hat. Einmal angefangen, fällt es schwer, den Stopp-Knopf zu drücken, bis der letzte Akkord verstummt ist. „Lohengrin“ war Wagners erste völlig durchkomponierte Oper. Unendlich erscheinende Melodien, große Doppelchöre und zutiefst melancholische Arien hüllen die Zuhörer/-innen in einen stundenlang andauernden rauschhaften Zustand. Für nicht Textfeste stellt diese „Lohengrin“-Edition eine wunderbare Zuhörhilfe dar.

Für Bayreuth-Fans ist die Anschaffung sowieso Pflicht, ist das Buch doch neben dem Programmheft ein wunderbares Erinnerungsstück an die ikonische Inszenierung, die nächstes Jahr wieder auf dem Grünen Hügel zu sehen sein soll.

Richard Wagner Lohengrin, C.H. Beck, 2020, 34 Euro.

Neo Rauch und Rosa Loy haben ihre Skizzen und Entwürfe zum Bayreuther „Lohengrin“ veröffentlicht“ erschien erstmals am 29. Januar 2021 in der aktuellen Printausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG. Unsere Nummer 87 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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