Es ist auf den ersten Blick nur eine Reihe aus dem Düsseldorfer Droste Verlag, die in mittlerweile 200 Städten und Regionen „Blaue Glücksorte“ erfahrbar macht. Aber wenn man – wie Manja Reinhardt – aus der Perspektive des Wassers die eigene Heimatstadt einmal näher betrachtet, stellt man ziemlich schnell fest, wie viele attraktive Orte am und mit dem Wasser es in Leipzig gibt. Eine Stadt immerhin, die sich gern ihrer Nähe zur Auenlandschaft und zur Seenlandschaft im Süden rühmt. Aber Entdeckungen macht man auch an völlig unerwarteten Plätzen.
Und zwar in der Stadt genauso wie in der näheren Umgebung, wo es deutlich mehr zu entdecken gibt als die Costa Cospuda oder die Große Goitzsche. Auch wenn sich der sommerliche Erlebnistourismus auf eine handvoll großer Tagebauseen konzentriert. Wodurch einige wirklich schöne Kleinode geradezu ins Abseits verschwinden. Aber gerade deshalb bieten sie meist etwas, was es an den großen Seen nicht mehr gibt: ein bisschen Stille und Naturerlebnis.
Und von solchen blauen Kleinoden gibt es in der Leipziger Umgebung eine ganze Menge, wie Manja Reinhardt erkundet hat: vom Breiten Teich in Borna über den Tollertbruch in Beucha, den Grabschützer See und den Biedermeierstrand am Schladitzer See bis zum Grillensee und dem Muldestausee.
Die Ziele in der Leipziger Umgebung, für die es sich lohnt, sonnige Wochenendausflüge zu planen, mischen sich im diesem Buch mit den Tipps für die Wasserorte im Leipziger Stadtgebiet, die man sich zum Ziel nehmen kann, wenn man gerade nicht viel Zeit hat oder die Stadt nicht verlassen möchte.
Aber da lohnt sich oft schon eine Fahrt mit der Straßenbahn oder der Blick um die Ecke, um erstaunt festzustellen, wo man in Leipzig dem Wasser in allen möglichen Formen begegnen kann. Das beginnt mit dem eindrucksvollen Palmengartenwehr oder dem Liviaplatz am Elstermühlgraben, entführt die Leser ins Schreberbad und zu den Springbrunnen und Pusteblumen auf dem Richard-Wagner-Platz, aus denen im Sommer fröhlich das Wasser sprudelt.
Alles fließt
Zu jedem dieser kleinen Ziele in der Wasserstadt gibt es natürlich ausführliche Informationen – auch zur Geschichte dieser Orte. Beim Palmengartenwehr etwa zum Bau des Wehres als wirksamer Hochwasserschutz für Leipzig vor 120 Jahren oder bei den Pusteblumen auf dem Wagnerplatz zum Wirken des Bildhauers Harry Müller.
So bekommen diese Orte auch eine zeitliche Dimension. Was in Bezug auf Wasser besonders gut passt: Alles fließt. Auch die Zeit. Und es ist ein ganz besonderes Gefühl, dem Fließen des Wassers zuzuschauen, wenn man die Gelegenheit nutzt, sich aus der Hektik des Alltags einmal zu lösen und sich darauf einzulassen, die Zeit selbst vorüberfließen zu lassen. Denn nur so spüren wir sie. Und merken, dass wir selbst Teil der Veränderungen sind.
Und dazu bieten sich dutzende Orte im Stadtgebiet an – etwa ein Spaziergang zu den Anglern am ehemaligen Fortunabad in Knautkleeberg, das heute ein Naturparadies ist, oder ein Besuch bei den Wasserrosen im Viktoriahaus des Botanischen Gartens. Man merkt ziemlich schnell, dass Manja Reinhardt ihre Ausflugstipps nicht einfach nach dem üblichen Schema F zusammengestellt hat, sondern selbst losgezogen ist, die besondere Wasserorte im Leipziger Stadtgebiet zu finden.
Alle sind sowieso nicht drin. Das würde so ein Büchlein mit 80 gut erklärten Vorschlägen wirklich sprengen. Aber gerade, weil Manja Reinhardt etliche durchaus besondere Vorschläge macht, regt ihr Buch natürlich dazu an, selbst einmal mit Lust auf Wasser loszuziehen und Entdeckungen zu machen.
Vielleicht mit den Vorschlägen beginnend, die Manja Reinhardt selbst macht – etwa Tipp Nr. 12, wo sie den Leserinnen und Lesern die restaurierten Wasserpumpen im Stadtgebiet ans Herz legt, oder Nr. 15, wo sie auf die Schönheit der 1899 gebauten Könneritzbrücke über die Weiße Elster hinweist (die ja auch Ralph Grüneberger schon mit einem poetischen Videoclip gewürdigt hat).
Eine wasserreiche Stadt
Dass ein Besuch im frisch restaurierten Zoo-Aquarium eine ganz besondere Wasser-Begegnung ist, erzählt Manja Reinhardt unter Nr. 16 und die Dölitzer Wassermühle entdeckt man unter Nr. 19. Am Ende hat man wirklich 80 ernsthafte Vorschläge, das Wasser in und um Leipzig mit sehr prägnanten Orten zu entdecken und damit eigentlich auch ein Gefühl dafür zu bekommen, wie lebendig die Stadt durch die Präsenz des Wassers ist – auch die de Mühlgräben, die in einigen Abschnitten ja längst wieder erlebbar sind und auch ins Buch gefunden haben.
Und selbst direkt vor den Toren der Stadt findet man Ausflugsziele am Wasser, die Leipziger Wassergeschichte erlebbar machen – vom Aussichtsturm auf der Bistumshöhe am Cospudener See über den seit 2015 ja tatsächlich mit Boot erreichbaren Lindenauer Hafen bis zum dortigen Museumsbahnhof mit der kleinen Feldbahn, mit der man in die dortige Kieslandschaft fahren kann.
Stimmt: Der Auensee wird gar nicht erwähnt. Aber so etwas macht erst recht deutlich, wie reich Leipzig an zu entdeckenden Wasser-Refugien ist. Vom Palmengarten (ohne Palmen) über das Ökobad in Lindenthal bis zum Schlosspark in Lützschena. Da schaut man morgens einfach aus dem Fenster und lässt sich dann von den Ausflugstipps einfach verführen. Das ist in Leipzig möglich.
Und wenn man keinen Picknick-Rucksack mitnehmen möchte, plant man einfach den Besuch in einem der idyllischen Restaurants an der Weißen Elster oder in den Strandcafés, die gerade dazu einladen, hier einfach mal die Nase in Sonne und Wind zu recken. Und zwischendurch kann man auch Dinge entdecken wie alte Wassertürme in Groitzsch und in Mockau.
Die haben ja nun einmal auch mit Wasser zu tun. Das historische Stadtbad und der Stadthafen am Elstermühlgraben dürfen auch nicht fehlen. Leipzigs Wasserlandschaft verändert sich ja immer weiter, weil die – jetzt auch häufiger von Hitzetagen geplagten – Großstädter natürlich die Nähe zum Wasser suchen und pfiffige Unternehmer auf Ideen bringen, diese Wasserlust auch noch mit kulinarischen Angeboten zu steigern.
Und da das Frühjahr jetzt mit aller Macht (und einem kühlen Regen) begonnen hat, stellt Manja Reinhardt das Buch in nächster Zeit auch an verschiedenen Orten in Leipzig vor – am 26. März um 19 Uhr zum Beispiel in der Bibliothek Schönefeld (denn der Abtnaundorfer Partk ist natürlich auch mit drin), am 27. März um 18 Uhr im Grassi-Museum und im Zusammenhang mit der Klimabuchmesse am 30. März um 15 Uhr im Budde-Haus in Gohlis.
Manja Reinhardt „Blaue Glücksorte in und um Leipzig“, Droste Verlag, Düsseldorf 2025, 16 Euro.
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