"Diese Vornamen entsprechen dem Zeitgeist. Sie werden als wohlklingende, moderne, attraktive, teilweise zeitlose Vornamen mit Tradition empfunden", sagt Gabriele Rodriguez von der Namenberatungsstelle der Universität. Es spielen auch andere Faktoren bei der Vornamenwahl eine Rolle wie das soziale Umfeld, regionale Einflüsse, Bildungsstand und der Einfluss der Medien. Aber was sagt die Statistik?

Die Mitarbeiter des Namenkundlichen Instituts der Uni Leipzig machen sich jedes Jahr die Mühe, den ganzen Berg von registrierten Vornamen für die in der Bundesrepublik geborenen Kinder auszuwerten. Eine Auswertung, die zumindest ahnen lässt, wie die jungen Eltern im Lande ticken und wie sie die Entwicklung des Landes empfinden. Denn auch das wirkt sich auf die Vornamen für die Kinder aus.

Im Jahr 2014 wurden in den Meldeämtern der Republik 21.152 unterschiedliche weibliche Vornamen und 20.362 verschiedene männliche Vornamen eingetragen. Der Vornamenbestand und die Vornamenvielfalt in Deutschland wachsen ständig, ist so ein kleines Fazit, das die Leipziger Namensforscher aus der Statistik herauslesen. Die hundert häufigsten Vornamen verteilen sich nach Angaben der Namensforscherin Gabriele Rodriguez auf gerade mal 2 Prozent aller Neugeborenen. Zehn und weniger Eintragungen eines Vornamens im Jahr 2014 machten dagegen 91 Prozent aus. 66 Prozent aller weiblichen und männlichen Vornamen wurden nur einmal eingetragen, von denen mehr als 20 Prozent Doppelnamen mit Bindestrich waren.

Die Vielfalt der Vornamen, die Eltern ihren Sprösslingen geben, sei sehr groß: “Sie sind das Spiegelbild unserer heutigen Gesellschaft”, erklärt die Expertin.

Der Versuch vieler Eltern, bei der Namenswahl besonders exklusiv zu sein, sorgt dann freilich auch dafür, dass sich an der Spitze der Tabelle mit den beliebtesten Vornamen wenig ändert. Was eigentlich logisch ist: Je extravaganter die meisten Eltern werden, umso deutlicher wird jener Teil, in dem die Eltern lieber ganz klassisch und ein bisschen konservativ denken. Man will ja dem Kind keine unmögliche Last fürs Leben aufbürden.

Wie bereits in den Jahren zuvor, waren bei den Mädchen Sophie/Sofie, Marie, Sophia/Sofia und Maria die Favoriten. Maximilian, Alexander und Paul standen bei den Jungen ganz oben auf der Beliebtheitsskala, wie das Namenkundliche Zentrum in Zusammenarbeit mit dem Institut für Informatik der Universität Leipzig in seiner jetzt veröffentlichten Vornamenstatistik für 2014 mitteilte. Diese wurde im Rahmen der Langzeitstudie “Tendenzen in der Vornamengebung in Deutschland” erstellt.

Vornamen-Statistik der Stadt Leipzig des Jahres 2014

Da lagen Sophie (129 Mal), Marie (107 Mal) und Charlotte (79 Mal) bei den Mädchen an der Spitze. Ergänzend zu Sophie gibt es auch noch Sophia mit 42 Nennungen auf Rang 14, ergänzend zu Marie noch Maria (52 Mal) auf Rang 8.

Bei den Jungen belegten Alexander (94 Mal), Paul (84 Mal) und Maximilian (66 Mal) die ersten Plätze, gefolgt von Emil (62 Mal) und Anton (60 Mal).

Im Jahr 2014 habe zwar auch noch die Fußball-Weltmeisterschaft mit Namen wie Lukas oder Mats Einfluss auf die Namenwahl gehabt, meint Gabriele Rodriguez. Aber wer diese Namen in der Spitze der Leipziger Hitliste sucht, findet sie nicht. Entweder war den jungen Vätern die Weltmeistermannschaft von 2014 eher egal, oder sie finden doch freche Jungen vom Kaliber Max und Moritz wesentlich interessanter. Die beiden Namen belegen immerhin Platz 12 (42 Mal) und Platz 18 (33 Mal) in der Hitliste der Jungennamen.

Deutschlandweit orientierten sich Eltern häufig auch an den Namen von Filmschauspielern oder von literarischen Figuren, resümiert die Leipziger Namenskundlerin.

Aber das ist augenscheinlich nicht der Haupttrend. Eher scheint der Wunsch stärker zu werden, sich und seine Kinder wieder stärker in eine eigene Familiengeschichte einzubinden. Der Familienbezug wird wieder stärker, stellt Rodriguez fest. “Das heißt, dass Kinder die Namen ihrer Eltern bekommen, die in den 1970er und 1980er Jahren aktuell waren”, berichtet Rodriguez und nennt als Beispiele Sabine, Nicole, René und Stefan. Mehr als die Hälfte aller Neugeborenen erhielten nur einen Vornamen (54,1 Prozent). Das ist ein Zuwachs von einem Prozent im Vergleich zum Jahr 2013. Allerdings stieg der Anteil der Bindestrichnamen.

“Es werden auch weiterhin traditionelle Vornamen bevorzugt. Fast die Hälfte aller in einem Jahr eingetragen Vornamen haben in Deutschland eine lange Tradition. Dabei kommen immer mehr altdeutsch-germanische Vornamen wieder auf wie zum Beispiel Karl, Carl, Richard und Ida, Frieda sowie Frida”, sagt Rodriguez.

Was sie nicht analysiert, weil es die bloße Namensstatistik nicht her gibt, ist natürlich die Frage nach der sozialen Herkunft der Kinder.

Denn es gibt nach wie vor jenen Teil der Eltern, die eher neue Vornamen aus dem englischen und angloamerikanischen Raum wie etwa Lennox, Maddox, Jason sowie Emily, Amy, Summer und Melody wählen. Immerhin 20 Prozent aller eingetragenen Vornamen sind ausländischer Herkunft. Aber nicht nur aus amerikanischen Soaps und Kinofilmen. Denn viele dieser Namen aus anderen Sprachräumen werden vor allem in Familien mit Migrationshintergrund vergeben. Der häufigste ausländische Vorname ist Mohamed in verschiedenen Schreibformen.

Und dann muss Gabriele Rodriguez auch für 2014 wieder etwas registrieren, was den betroffenen Kindern ganz bestimmt keinen leichten Weg ins Leben verspricht: Manche Eltern kennen bei der Namenswahl einfach keine Skrupel.

Zu den eher ausgefallenen Vornamen des Jahres 2014 zählen, wie Rodriguez feststellt, zum Beispiel Xantippe, Sunshine, Soleil, Pepper-Ann, Nero, Nemo, Lafayette, Fürchtegott, Aphrodite, Jesus, Messi, Napoleon, Macdonald, Schnuckelpupine, Juli-Summer und Prinz-Gold.

Warum dann nicht gleich Ajax, Domestos oder Pombär?

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