Über drei Wochen Home-Office für Schüler und Lehrer in Sachsen. Was zunächst nach einer komfortablen Situation klingt, ist für Schüler und auch Lehrer eine ungeahnte Herausforderung und mitnichten Urlaub. Es verlangt von allen Seiten Selbstdisziplin, gute Organisation und sinnvolle Kommunikationswege. Der Server der Online-Lernplattform des Landesamts für Schule und Bildung Lernsax war am Mittwoch zeitweise überlastet und die Kommunikation über andere Medien wirft Datenschutzfragen auf. Übrigens: Dürfen Hausaufgaben eigentlich in diesem Fall benotet werden?

Die Schule ist leer. Statt dass am Morgen die üblichen über 600 Schüler durch die Türen strömen, wird jeder Schüler einzeln begrüßt. Gerade einmal vier sind am Montag noch in der Schule. Aber alle Lehrer sind anwesend, die zur 1. Stunde Unterricht hätten. Ein paar übernehmen die Betreuung, die anderen bereiten sich auf das vor, was kommen soll – was auch immer es sein mag. So war die Lage an den weiterführenden Schulen des Montessori-Schulzentrums in Grünau am Montag.

Am Dienstag kam sogar nur noch ein Schüler.

Das zweistufige Schließungsverfahren für die sächsischen Schulen ließ Schülern, Eltern und Lehrern Zeit, sich vorzubereiten. Aber worauf und wie klärt sich erst so langsam. Nicht jede Schule wurde vom Landesamt für Schule und Bildung (LaSub) informiert, was die Schließung mit sich bringen wird, welche Erwartungen an Schüler und Lehrer gestellt werden.

An einer eilig anberaumten Sitzung am Samstag im LaSuB stimmten sich nur die kommunalen Schulleiter ab, Schulleiter freier Träger waren nicht eingeladen. Was bedeutet Aussetzung der Schulpflicht eigentlich? Was sollen Lehrer in der Zeit machen? Müssen Sie in den Schulen arbeiten? Wie kann Lernen funktionieren? Und sind die Gelder des Digitalpakts schon so ausgegeben worden, dass digitiales Lernen möglich ist?

Einigkeit herrscht darüber, dass diese Schulpause bis zu den Osterferien keine verlängerten Ferien, sondern Lernzeit ist. Schüler sollen zu Hause arbeiten. Rechtlich ungeklärt ist aber, inwieweit Schüler sanktioniert werden dürfen, wenn sie die Aufgaben nicht erledigen und ob Aufgaben benotet werden dürfen. Die Schulpflicht ruht immerhin.

Die Tafel bleibt in Zeiten von Corona vorerst leer. Foto: Marko Hofmann
Die Tafel bleibt in Zeiten von Corona vorerst leer. Foto: Marko Hofmann

Tätigkeiten für Lehrer gibt es indes genug, sie müssen für die Lernzeit zu Hause Aufgaben für die Schüler erstellen und diese irgendwie zu den Schülern bekommen. Die eine oder andere Schule wird sich freuen, dass sie sich digital schon zukunftsträchtig aufstellen konnte, denn die Schulen, die beispielsweise auf die Online-Lernplattform des Landesamts für Schule und Bildung namens Lernsax setzen, hatten zumindest am Mittwoch ein Problem. Die LernSax-Server waren derart überlastet dass die Lehrer keine Aufgaben hochladen und Schüler keine Aufgaben runterladen konnten. Arbeiten unmöglich.

Andere Schulen haben ihre eigenen Lernplattformen wie Moodle oder nutzen einen Sharepoint oder OneDrive. Wieder andere Schulen nutzen die Zeit, um sich intensiver mit E-Learning zu beschäftigen und kommunizieren mit Schülern und Eltern per E-Mail. So oder so: Die Kommunikation ist intensiv, Schüler haben Aufgaben nicht bekommen, verstehen sie nicht oder senden sie an ihre Lehrer zurück.

Das und die Kontrolle aller Schülerarbeiten führt zu einem hohen Aufwand zu Hause und dazu, in kurzen Abständen präsent zu sein, um Schüler gut zu betreuen. In einer normalen Unterrichtssituation würden Lehrer nie die Lösungen aller 27 Schüler kontrollieren – und wenn es nur ist, um herauszufinden ob alle etwas gemacht haben. Gleichzeitig setzt es aber auch Schüler unter Druck, die nun, sofern es die Lehrer so geregelt haben, einzeln nachweisen müssen, dass sie zu Hause auch arbeiten.

Die Lernplattform LernSax war am Mittwoch zeitweise offline. Foto: L-IZ.de
Die Lernplattform LernSax war am Mittwoch zeitweise offline. Foto: L-IZ.de

Diese Arbeitsweise wirft allerdings auch Fragen auf: Dürfen die Lösungen der Schüler benotet werden? Dass Hausaufgaben benotet werden, sieht das Sächsische Schulgesetz ausdrücklich nicht vor. Aber wie wollen Lehrer dann auf die Notenanzahl kommen, wenn über drei Wochen Schule ausfallen in denen normalerweise die ersten Noten des zweiten Halbjahres fest eingeplant waren. Auch gibt es Familien, die auf die Hilfe der großen Kinder angewiesen sind, um die kleinen zu versorgen, mit ihnen Hausaufgaben zu erledigen und darüber ihre eigenen Hausaufgaben vernachlässigen.

Und wie halten es Lehrer mit dem Datenschutz? Die Kommunikation über amerikanische Server wie bei Google oder Whatsapp hält den für Schulen geltenden Datenschutzbestimmungen nicht stand und auch E-Mails sind zumindest im Graubereich.

Wer zu Hause selbst ein bis fünf Schulkinder hat, die selbst beschäftigt werden wollen, hat als Lehrer auch in den Kommunikationspausen gut zu tun.

Gut fühlt sich die Situation auf jeden Fall nicht an, denn Lehrer arbeiten lieber in echter Interaktion mit ihren Schülern, um direkt zu helfen. Und zu Hause vor dem Rechner zu sitzen, um E-Mails zu beantworten, macht deutlich weniger Spaß als die vielen anderen Tätigkeiten des Lehrer-Lebens.

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