Ganz glatt lief es finanziell eigentlich nie bei Leipzig Fernsehen am Friedrich-List-Platz 1. Aber welches Medium könnte dies in Leipzig schon von sich behaupten? Lokalfernsehen speziell ist und bleibt ein hartes Geschäft, will man nicht freiwillig ins Netz abwandern und letztlich erstmal schrumpfen. 20 Mitarbeiter zählt das Team von Leipzig Fernsehen nach Angaben des Betreibers Sachsen Fernsehen derzeit inklusive Geschäftsführer René Falkner. Er war vor einigen Jahren nach Leipzig gekommen, um Leipzig Fernsehen in die Gewinnzone zu führen. Gelungen ist es ihm offenbar nicht. Am 30. September 2013 soll Schluss sein.

Die Gründe liegen tiefer, Falkner selbst spricht sie kurz an in einem Statement, welches seit gestern Abend auf Facebook für Furore sorgt. “Liebe Facebook-Fans, ja, die Gerüchte stimmen, wir planen das Ende von Leipzig Fernsehen.” Seit heute ist klar, am 30. September 2013 soll Schluss sein.

Zu den Gründen übermittelt der Geschäftsführer von LF: “Wir sind auch nur ein kleines Lokalfernsehen, wir sind bestimmt nicht immer perfekt. Wir bekommen aber auch keine Rundfunkgebühren und finanzieren uns ausschließlich über lokale Werbung. Dafür sagen wir schon mal bei unseren Werbekunden DANKE! Allerdings reicht das Geld aus der lokalen Werbung nicht aus, um ein anspruchsvolles Programm dauerhaft zu finanzieren. Daher gibt es immer wieder Momente, in denen wir selbst nicht 100%ig mit unserem Programm glücklich sind, dafür Sorry!”

Der Laie staunt, mancher bedauert und der Fachmann wundert sich nicht wirklich. Trotz eines hohen Anteils an Praktikanten bei LF sind Lizenzgebühren, Bürokosten, Technikvorhaltungen und vor allem Stunden um Stunden Programmarbeiten notwendig, um lokal in Ton und Bild zu berichten. Ob und inwieweit dies bei Leipzig Fernsehen in hoher Qualität gelang, mag Geschmackssache bleiben, wie auch die Vermarktungsarten, welche im Lokal-TV offenbar längst Standard sind.
Neben durchaus ambitionierten Formaten, wie “Riskier Dein Bier” mixte man oft fröhlich redaktionelle Arbeit mit bezahlten Filmchen vor allem über die Leipziger Wirtschaft. Programm gegen Geld – auf Dauer offenbar auch kein Mittel, um die Umsätze in verträgliche Höhe zu bringen. Ob sich so dauerhaft Glaubwürdigkeit einstellt, mag im Angesicht der Schließung des Senders eine Randnotiz sein. Für das Überleben eines Mediums ist es jedoch die zentrale Frage.

Hinzu kam wohl auch mit Info-TV eine kleine aber feine Konkurrenz, der man freundschaftlich verbunden war, welche aber dennoch am selben Werbekuchen seinen Anteil wollte. Eher netzaffin ausgerichtet, wirkte vieles da schon etwas moderner, auch wenn LF gerade im letzten Jahr versuchte, mit neuen Programmideen die Leipziger Szene anzusprechen.

In seiner Mitteilung beklagt Falkner im Angesicht eines umkämpften regionalen Werbemarktes fehlende Subventionen für die kleinteilige lokale Senderlandschaft in Deutschland: “Im deutschsprachigen TV Markt (inklusive Österreich und der Schweiz) funktionieren Lokalsender nur mit staatlicher Förderung, wie in Bayern. Diese Unterstützung ist im Bundesland Sachsen gesetzlich nicht vorgesehen. Es besteht auch keine Aussicht auf eine Medienförderung, wie in Österreich und der Schweiz.”

Etwas, worauf scheinbar mittlerweile fast jeder Unternehmer hofft, der Kampf um die Steuertöpfe ist mindestens ebenso hart, wie der um den nächsten Werbekunden. Und, wie Falkner bestätigt, für den privaten Medienmarkt nahezu ausgeschlossen.

Aus Berlin folgte daraufhin heute noch ein Ruf der Leipziger Bundestagsabgeordneten Bettina Kudla (CDU): “Seit 1995 sendet Leipzig Fernsehen in der Stadt und ist heute eine feste Größe in der Leipziger Medienlandschaft. Es wäre ein Riesenverlust, wenn Leipzig Fernsehen endgültig scheitern würde. Ich bedauere die Entscheidung der Geschäftsleitung sehr.” Sie sorge sich um die berufliche Zukunft der 20 Mitarbeiter am Standort Leipzig und fordert eine rettende Idee durch die Stadt Leipzig.

Diese müsse nun alles unternehmen, um im Interesse einer vielfältigen Medienlandschaft nach Möglichkeiten zu suchen, die ein Fortbestehen des Sendebetriebes auch in einem schwierigen Marktumfeld sichern. Wie dies aussehen soll, sagt sie nicht und für das Landesmediengesetz und die Möglichkeiten über die Sächsische Landesmedienanstalt (SLM) lokale Medien zu stärken, zeichnet in Sachsen eher ihre Partei verantwortlich. In der dauerklammen Stadtkasse dürfte jedenfalls für eine allseits befriedigende Ad-Hoc-Lösung der Boden zu sichtbar sein.

Leipzig Fernsehen im Netz
www.leipzig-fernsehen.deLaut dem Studentenradio “mephisto 97.6” glaubt der Geschäftsführer der SLM, Martin Deitenbeck eine Lösung für die grundsätzliche Lage von Lokalsendern zu kennen. Zu spät vielleicht für “Leipzig Fernsehen”, könnte sich Deitenbeck vorstellen, dass RTL und Sat.1 zukünftig Lokalfernsehen auch im Osten zu unterstützen. So sagte Martin Deitenbeck dem Leipziger Universitätsradio mephisto 97.6 am Donnerstagabend, die privaten Sender RTL und Sat.1 müssten lokalen Programmen mehr Sendezeit einräumen, damit lokales Fernsehen sichtbarer werde.

“Das tun sie […] in acht westdeutschen Bundesländern, haben es aber im Osten noch nie getan. […] Die Sicherung der Meinungsvielfalt ist eine Aufgabe, die für ganz Deutschland gilt. Deswegen haben die ostdeutschen Länder schon immer gesagt, man muss das Konzentrationsrecht im Rundfunkstaatsvertrag so ändern, dass diese beiden Sender dort, wo sie keine Regionalfenster machen, wenigstens das vergleichbare Geld in einen Fonds einzahlen.”

Mit diesem Geld könnten die Verbreitungskosten von Lokalsendern gesenkt werden.

Zum Artikel vom 31. Mai 2013 auf L-IZ.de
Schock, Supergau und Kollaps: Das drohende Ende von Leipzig Fernsehen wird zum Politikum

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