Sie ist da. Sie liegt an Kiosken, in Szene-Lokalen, in Bahnhofsbuchhandlungen, in Kaufhallen - in den ersten Spätis noch heute Abend: die neue „Leipziger Zeitung“, überbrandet schon vom kommenden Samstag, dem 18. März, von dem einige Leute wollen, dass er wie der 12. Dezember 2015 wird. Wieder planen organisierte Rechtsradikale, irgendwie in Richtung Connewitz zu marschieren, rüsten Autonome auf. Und auch die Polizei hält sich nicht gerade zurück.

Deswegen steht groß „Dona Nobis Pacem“ auf dieser Zeitung. Um daran zu erinnern, warum Rechtsradikale in wechselnder Besetzung immer wieder ausgerechnet in Leipzig zu demonstrieren versuchen. Connewitz ist dabei immer nur Symbol, weil man damit immer für heftige Gegenreaktionen sorgt. Das Spiel ist geübt: Man provoziert. Und da der Rechtsstaat so viel Dummheit nicht verbieten kann, wird zwar die Route abgelenkt – aber nicht das Anliegen.

Wozu auch gehört, dass Deutschlands Rechtsradikale ein Problem haben: Die Populisten haben ihnen die Aufmerksamkeit entzogen. Wer braucht noch Kraftmeier mit kriminellem Vorstrafenregister (ein ganzer Artikel beschäftigt sich damit), wenn es scheinbar besorgte Bürger gibt, die denselben Anspruch auf eine Rückkehr in Vergangenes verkünden – nur nicht so gewaltbereit. Irgendwie braver.

Ehrlicher nicht gerade. Denn eigentlich alle Bewegungen da am rechten hinteren Rand zeichnen sich mittlerweile dadurch aus, dass man es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, sich Vergangenheit und Gegenwart ein bisschen zurechtbiegt und verklärt, was vor 1.000 Jahren war. Stichwort: Fake-News.

Die LZ Nummer 41. Bild Screen LZ
Die LZ Nummer 41. Bild Screen LZ

Oder vor 90 Jahren, als das alles begann, was heute wie ein Alp auf der deutschen Geschichte liegt.

Deswegen lohnt sich die Reise ins Leipzig der „goldenen 20er“ die Marko Hofmann und Michael Freitag diesmal unternehmen. Wer sich an die Gegenwart erinnert fühlt, liegt gar nicht so falsch. Auch damals kleideten sich die Wölfe gern in Schafspelze und gerierten sich als brave, ordnungsliebende Bürger. Und vor allem waren sie eines: stramm national.

Als hätte die Militärpropaganda des (Ersten) Weltkriegs noch nicht aufgehört. Die Fortsetzung der militärischen Stimmungsmache mit anderen Mitteln. Auch gegen den Völkerbund und den Rest Europas.

Man kennt das alles. Und nun, im Jahr 2017, scheint das alles wieder da. Oder doch nicht?

Nicht ganz: In Leipzig hat sich längst eine pro-europäische Bewegung etabliert, die regelmäßig die Öffentlichkeit sucht. Lucas Böhme schreibt darüber.

Denn wenn man eines gelernt hat aus der Geschichte, dann das: Man darf nicht warten, bis man als Schaf zur Schlachtbank geführt wird.

Aber: Gibt das ein Recht auf Gewalt?

Ein Thema, das gleich in mehreren Geschichten thematisiert wird. Bis in den Gerichtssaal hinein. Denn vor dem Richter muss jeder Farbe bekennen: Wie hälst du es mit der Gewalt?

Zur Lösung gesellschaftlicher Probleme eignet sie sich überhaupt nicht. Auch wenn die Probleme unübersehbar sind. Meist an Stellen, an denen Vermummung und Kraftmeierei nichts nützen, nur beharrliche Kritik, Nachhaken, dranbleiben: Armut ist so ein Thema (manifest mit Stromabschaltungen), Bildung ist so eins (samt Ratlosigkeit einer überforderten Kultusministerin).

Alles, was auf großer Bühne knistert, spiegelt sich im Kleinen. Deshalb findet man in der „Leipziger Zeitung“ verstärkt Artikel aus Leipziger Stadtteilen – diesmal aus Plagwitz und Lindenau. Den Hauptbahnhof nicht zu vergessen mit einer neuen Tieferlege-Idee der Leipziger CDU.

Denn Stadtpolitik ist immer ein Kaleidoskop: Bunt wird Leipzig erst, wenn sich Ideen treffen. Manchmal auch beißen. So wie die Idee, einen supererfolgreichen Fußballclub zu initiieren und ihn zu feiern wie eine geglückte Mondlandung. Was die Frage aufwirft: Ist der Hype um den Superfußballclub überzogen? Liegt Überidentifikation vor?

Da wirkt es geradezu wie eine unsanfte Rückkehr auf die Erde, wenn bei Lok Leipzig ein Verdacht aufkeimt über das, was einst in der DDR hier im Fußballnachwuchs angerichtet wurde: Stichwort Doping.

Nicht der einzige Fall, wo wir ins irdische Detail geschaut haben. Mit einem Besuch beim Lehmstedt-Verlag startet eine Serie zur heutigen Leipziger Verlagslandschaft, die es tatsächlich gibt, und die spannend ist.

Auch die Geschichte um den von Abschiebung bedrohten Schüler Luan schreibt René Loch fort, während der Stadtrat einmal mehr ratlos über den sechs Vorschlägen zur „alternativen ÖPNV-Finanzierung“ saß. Immer fehlt das liebe Geld. Und dabei steckt die Stadt voller Pläne. Aber wie Konstanze Caysa so schön formuliert in ihrer Kolumne: „Fasten ist auch Freiheit“.

Die neue „Leipziger Zeitung“ liegt ab Freitag, 17. März 2017, an allen bekannten Verkaufsstellen aus. Besonders in den Szeneläden, die an den Verkäufen direkt beteiligt werden. Also, support your local dealer. Da es vermehrt zu Ausverkäufen kam, ist natürlich auch ein LZ-Abonnement  möglich, um garantiert nichts mehr zu verpassen.

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